Mord an Nachwuchs-Boxer: Neue Spuren im Fall Tunahan
Die Tat hat sich gerade zum fünften Mal gejährt: Am 23. Juni 2017 verschwindet der junge Nachwuchsboxer Tunahan Keser spurlos. Rund vier Wochen später wird der 22-Jährige tot aufgefunden – regelrecht hingerichtet mit mehreren Kugeln. Kurz vor seinem Verschwinden wurde auch auf seinen Trainer geschossen. Bis heute wurden beide Taten nicht restlos aufgeklärt. Doch nun gibt es neue Erkenntnisse.
Rückblende: Der ehemalige Profiboxer Khoren Gevor wird am 23. Juni 2017 Opfer eines Hinterhalts. Unbekannte schießen ihm an diesem Abend in Pinneberg von hinten in das linke Knie. Kurze Zeit später wird bekannt, dass seit diesem Abend auch jede Spur von seinem Schützling Tunahan Keser aus Schenefeld (Kreis Pinneberg) fehlt. Das hoffnungsvolle Box-Talent wurde von dem Ex-Profi trainiert.
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Die Tat hat sich gerade zum fünften Mal gejährt: Am 23. Juni 2017 verschwindet der junge Nachwuchsboxer Tunahan Keser spurlos. Rund vier Wochen später wird der 22-Jährige tot aufgefunden – regelrecht hingerichtet mit mehreren Kugeln. Kurz vor seinem Verschwinden wurde auch auf seinen Trainer geschossen. Bis heute wurden beide Taten nicht restlos aufgeklärt. Doch nun gibt es neue Erkenntnisse.
Rückblende: Der ehemalige Profiboxer Khoren Gevor wird am 23. Juni 2017 Opfer eines Hinterhalts. Unbekannte schießen ihm an diesem Abend in Pinneberg von hinten in das linke Knie. Kurze Zeit später wird bekannt, dass seit diesem Abend auch jede Spur von seinem Schützling Tunahan Keser aus Schenefeld (Kreis Pinneberg) fehlt. Das hoffnungsvolle Box-Talent wurde von dem Ex-Profi trainiert.
Kein Zusammenhang: Fatale Fehleinschätzung der Polizei ?
Zunächst gehen die Ermittler aus Pinneberg und Hamburg davon aus, dass der junge Boxer seinen Trainer im Streit angeschossen und sich dann ins Ausland abgesetzt hat. Damit erkläre sich – so die Polizei damals – das plötzliche Verschwinden Kesers.
Erst am 21. Juli 2017 ändern die Beamten ihre Meinung. An diesem Tag macht ein Lastwagenfahrer an der Raststätte Holmmoor (Kreis Pinneberg) an der A7 eine schreckliche Entdeckung. Er findet eine stark verweste Leiche im Gebüsch. Nach der Obduktion ist klar: Es handelt sich bei dem Toten um den seit rund vier Wochen vermissten Nachwuchsboxer. Er wurde mit mehreren Schüssen regelrecht hingerichtet.
Erst jetzt werden die Ermittler richtig aktiv. Vorher schlugen sie alle Hinweise von Freunden und Verwandten des Toten in den Wind. Die hatten nämlich immer wieder neu beteuert, dass der junge Boxer Opfer eines Verbrechens geworden sein muss – und es einen Zusammenhang mit dem Überfall auf seinen Trainer geben muss.
Polizei kennt nun den Mörder, aber nicht die Hintermänner
Aus dem Vermisstenfall ist ein Mordfall geworden. Bei der zuständige Mordkommission in Itzehoe (Kreis Steinburg) wird sogar eine Soko gebildet, um den Fall zu aufzuklären. Zwischen dem Verschwinden und dem Auffinden lag viel zu viel Zeit, an der Leiche gab es deshalb kaum Spuren, die man hätte sichern können. Laut Latif Özbek, einem Freund der Familie, gab es für die Polizei nur noch wenig bis keine Spuren und Ermittlungsansätze.
Nur durch Zufall geraten die Ermittler an den bis dahin als Kleinkriminellen bekannten Frank Lindner. Er wohnt nur wenige Meter vom Auffindeort der Leiche entfernt. Gegen ihn wurde nach MOPO-Informationen schon wegen illegalen Waffenbesitzes ermittelt. Monate nach dem Auffinden von Kesers Leiche war Linder wegen eines Einbruchs in Schleswig-Holstein verhaftet worden. Er hatte bei einem Einbruch die Hausbesitzerin so schwer verletzt, dass sie drei Wochen später starb. Deshalb saß er im Knast.
Ein Kilo Kokain als Bezahlung für den Mord an Keser
Er gesteht den Ermittlern, etwas mit der Sache zu tun zu haben und dass er den Nachwuchs-Boxer erschossen habe. Sein Lohn: ein Kilo Koks. Mehr verrät er nicht.
Die Kripo kennt nun den Mörder. Zu möglichen Auftraggebern und Mittätern sowie Motiven haben die Beamten aber keine Anhaltspunkte. Wenig später begeht Lindner in seiner Zelle Selbstmord und nimmt sein Geheimnis mit ins Grab. Wieder stehen die Ermittler ohne greifbare Ergebnisse da und müssen von vorn beginnen.
Zwar werden bei Durchsuchungen in Lindners Haus in Quickborn (Kreis Pinneberg) Waffen gefunden, unter denen sich auch die Tatwaffe befinden soll, doch es geht auf der Suche nach den Hintergründen der Tat keinen Schritt voran. Selbst ein Zeugenaufruf bei der TV-Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ bringt keine nennenswerten Hinweise.
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Einzig Tunahan Kesers letzte Fahrt mit seinem Auto konnte rekonstruiert werden. Mit seinem Maserati sei er demnach am Nachmittag des 23. Juni 2017 von seiner Arbeitsstelle in der Kollaustraße (Lokstedt) losgefahren und habe gegen 17.30 Uhr den Rastplatz Holmmoor erreicht. Gegen 18 Uhr sei der Maserati dann zurück nach Hamburg bewegt und dort in einer kleinen Seitenstraße nahe der Kollaustraße abgestellt worden.
Sein Vater Cemil Keser ist verzweifelt. „Aus dem Familienkreis kamen so viele Hinweise auf mögliche Motive und Hintermänner“, sagt er.
Seiner Meinung nach sei der Schlüssel zur Tat im Boxer-Milieu zu finden. Kurz vor seinem Verschwinden soll es eines Eklat anlässlich einer Boxveranstaltung in Lübeck gegeben haben. Dunkle Gestalten hätten laut Vater und Trainer versucht zu verhindern, dass der junge Mann dort zu einem Meisterschaftskampf antritt.
Familie und Freunde enttäuscht über angeblich lasche Ermittlungen
Cemil überführte die Leiche seines Sohnes nach Izmir (Türkei) und beerdigte ihn dort. Hier wurde Tunahan geboren. Besonders enttäuscht ist der Vater über die Tatsache, dass auch gegen ihn und seinem Umfeld ermittelt wurde. Man vermutete, dass der Täter sich wegen angeblich krimineller Geschäfte des Vaters auf diese Weise an ihm rächen wollte.
Die zuständige Staatsanwaltschaft in Itzehoe bestätigt der MOPO, dass die Ermittlungen zu dem Mord immer noch laufen – und zwar gegen Personen, deren strafrechtlicher Status (Mittäter, Anstifter oder Gehilfe) geklärt wird. Gegen drei Personen besteht Anfangsverdacht, wobei eine dieser Personen der verstorbene Frank Lindner gewesen ist.
Wegen des laufenden Verfahrens und vor dem Hintergrund, die Ermittlungen nicht zu gefährden, will man zu Einzelheiten keine genaue Auskunft geben. In einem Gespräch mit der MOPO bestätigt ein Anwalt der Familie des Getöteten, dass die Akte inzwischen so groß sei, dass man mehrere Personen und Tage bräuchte, um diese zu studieren. Rund 5000 Personen haben bei den Ermittlungen eine Rolle gespielt.