Halloween-Randale: „Die wollten nicht erschrecken, die wollten verletzen!“
Ob Silvester oder Halloween: Die Gewalt auf Hamburgs Straßen wird immer heftiger. In Harburg suchten Dienstagabend mehrere hundert Jugendliche wohl ganz gezielt die Konfrontation mit der Polizei, errichteten eine Barrikade aus Mülleimern und klebten sogar Spraydosen an „Polenböller“ – für eine noch größere Explosionskraft. Polizisten waren besonders über das sehr junge Alter der Randalierer erschrocken, „das waren teils noch Kinder“, andere – wie ein aus der Türkei stammender Kioskbesitzer – schämten sich, dass viele einen Migrationshintergrund haben. Welche Konsequenzen kann es nach so einer Gewalt-Nacht geben? Was fordern Politik und Gewerkschaft?
Ob Silvester oder Halloween: Die Gewalt auf Hamburgs Straßen wird immer heftiger. In Harburg suchten Dienstagabend mehrere hundert Jugendliche wohl ganz gezielt die Konfrontation mit der Polizei, errichteten eine Barrikade aus Mülleimern und klebten sogar Spraydosen an „Polenböller“ – für eine noch größere Explosionskraft. Polizisten waren besonders über das sehr junge Alter der Randalierer erschrocken, „das waren teils noch Kinder“, andere – wie ein aus der Türkei stammender Kioskbesitzer – schämten sich, dass viele einen Migrationshintergrund haben. Welche Konsequenzen kann es nach so einer Gewalt-Nacht geben? Was fordern Politik und Gewerkschaft?
„Wer so etwas vorbereitet, will niemanden erschrecken, sondern will verletzen“, sagte Horst Niens, Landeschef der Gewerkschaft für Polizei (GdP), in Bezug auf die modifizierten Böller. Das sei „Gewalttourismus“, mit Halloween habe das nichts zu tun. „Man wartet nur noch auf den Anlass anzugreifen.“
„Ein Wunder, dass niemand schwerer verletzt wurde“
Er bezieht sich damit auch auf die Krawalle zu Silvester und die vorherigen Halloween-Abende. Dienstag hat er als Polizist aktiv miterlebt. Er sei zunächst am Rathaus gewesen, dann zum Harburger Ring gegangen, als die Lage dort eskalierte. „Es war wirklich erschreckend, was man da sah.“ Vor allem das sehr junge Alter vieler Beteiligter blieb ihm im Gedächtnis. „Das waren teils noch Kinder. Die wollten nicht Süßes-oder-Saures spielen, sondern Nervenkitzel.“
In der Spitze waren es um die 350 Menschen, die meisten Jugendliche, die Flaschen, Böller und Steine auf Beamte warfen. Auch Passanten wurden von Wurf- und Sprengkörpern getroffen. „Es grenzt für mich an ein Wunder, dass niemand schwerer verletzt wurde“, so Niens.

Es wurden elf Verfahren eingeleitet, darunter wegen schweren Landfriedensbruchs. Auch in anderen Stadtteilen wie Wilhelmsburg, Lurup und Osdorf kam es zu ähnlichen, aber weitaus ruhigeren Einsätzen. Die Polizei kündigte an, die erfassten Straftaten konsequent zu verfolgen.
Harburg: „Entwicklung für Alteingesessene ganz bitter“
„Die Jugendlichen haben einfach keinen Respekt“, sagt ein Kioskbetreiber, der seinen Laden ganz in der Nähe des Harburger Rings hat. Er will unerkannt bleiben, „weil ich keine Lust auf eine kaputte Scheibe habe“. Er selbst schäme sich für den Umstand, dass sich unter den Beteiligten oft junge Menschen mit Migrationshintergrund befinden. „Ich selber komme aus der Türkei, mein Vater war Gastarbeiter, wir haben uns hier integriert, weil wir glücklich waren, ein neues Zuhause gefunden zu haben. Wir sind dankbar. Für Alteingesessene ist diese Entwicklung ganz, ganz bitter.“
„Harburg hat ein Integrationsproblem“
Für Sami Musa, FDP- und Bezirkspolitiker aus Harburg, setzt sich die „traurige Randale-Serie“ fort. „Harburg hat ein Integrationsproblem“, sagt er. Der rot-grüne Senat finde darauf keine Antworten. „Die Sicherheitskräfte vor Ort sind im Dauereinsatz, werden aber von der Politik im Stich gelassen.“

Es fehle der Polizei an Ausstattung und Personal. Senat und Bezirk müssten an einem Strang ziehen, „damit die Orte im Harburger Zentrum nicht komplett kippen“. Dazu gehörten ein neues Sicherheitskonzept, enge Zusammenarbeit mit migrantischen Gemeinden. „Und eine Werteerziehung, die in Kita und Schule ansetzt, um Integrationsproblemen frühzeitig entgegenzuwirken“, so der Politiker. Die GdP fordert darüberhinaus strengere und schnellere Strafen. Niens: „Wir müssen Tätern gegenüber Autorität zurückgewinnen. Ein Wegschauen kann und darf sich niemand erlauben.“
Das könnte Sie auch interessieren: Unfall in der HafenCity: Das Protokoll einer Katastrophe
Eine Frage, mit der sich Rafael Behr, Professor für Polizeiwissenschaften, beschäftigt, ist die, warum es vor allem in sozial schwächeren Stadtteilen wie Harburg und Wilhelmsburg zu derartigen Krawallen kommt und nicht in Hoheluft, Marienthal und Blankenese. Die Antwort: „Dort wohnen nicht so viele Menschen in prekären Verhältnissen, die jeden Tag die Erfahrung machen, gesellschaftlich abgehängt zu sein.“ Diese Menschen glaubten, kaum Chancen auf soziale Teilhabe zu haben. „Sie spielen für Behörden allenfalls als Klientel eine Rolle“, so Behr. Das setze den Menschen zusätzlich zu.