Silvester in Hamburg: Person fällt an den Landungsbrücken in die Elbe
Polizei und Feuerwehr rechneten mit einem „erhöhten Einsatzaufkommen“ zu Silvester. Immerhin war so gut wie alles wieder erlaubt, nach zwei Corona–Jahreswechseln mit strikten Ausgangsbeschränkungen. Die Folge: Die Feier- und Böllerlaune war groß in Hamburg, schon früh gab es viel zu tun. Und nicht überall wurde friedlich gefeiert. Es kam zu Angriffen auf Polizisten und Retter. Kinder wurden teils schwer verletzt. Und es gab diverse Straßenschlachten. Die große Silvesterbilanz.
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Polizei und Feuerwehr rechneten mit einem „erhöhten Einsatzaufkommen“ zu Silvester. Immerhin war so gut wie alles wieder erlaubt, nach zwei Corona–Jahreswechseln mit strikten Ausgangsbeschränkungen. Die Folge: Die Feier- und Böllerlaune war groß in Hamburg, schon früh gab es viel zu tun. Und nicht überall wurde friedlich gefeiert. Es kam zu Angriffen auf Polizisten und Retter. Kinder wurden teils schwer verletzt. Und es gab diverse Straßenschlachten. Die große Silvesterbilanz.
Im gesamten Stadtgebiet, überwiegend aber in dichter besiedelten Wohngebieten, kam es schon am frühen Silvesterabend zu kleineren Bränden. Sie waren das Resultat unsachgemäßer Böllerei, so ein Feuerwehrsprecher. Oft mussten die Retter wegen fehlgeleiteter Raketen, die auf Balkonen explodierten, ausrücken und kleinere Feuer löschen. „Bei den meisten Einsätzen, die wir gefahren haben, hat es aber nicht gebrannt.“
15.000 Menschen feiern an den Landungsbrücken
An den Landungsbrücken feierten laut Polizei mehr als 15.000 Menschen den Jahreswechsel. Es sei dort vereinzelt zu Zwischenfällen gekommen, bilanzierte Sprecherin Sandra Levgrün. Demnach seien diverse Raketen vom Bahnhof aus auf eine Menschengruppe geschossen worden. „Der Verursacher konnte festgestellt werden.“ Später kam es zu ähnlichen Raketen-Angriffen, diesmal aber waren Polizisten und Streifenwagen offenbar das Ziel.
Eine Person hatte einen besonders aufregenden Start ins neue Jahr: Sie fiel um kurz nach Mitternacht auf Höhe Brücke 3 in die Elbe – nach Angaben der Polizei ohne Fremdverschulden. Doch der Vorfall ging gut aus: Die Person konnte sich mit eigener Kraft wieder an Land retten.
Schon kurz nach Mitternacht sollen viele der Anwesenden in Richtung Reeperbahn abgewandert sein. Dort habe die Polizei einen „starken Besucherzulauf“ beobachtet. „In der Spitze hielten sich bis zu 30.000 Besucherinnen und Besucher im Vergnügungsviertel auf.“ Es sei dabei ein „hohes Interesse an Pyrotechnik“ erkennbar gewesen.
Auch hier kam es daher zu zahlreichen Einsätzen der Polizei: Von einem Balkon an der Reeperbahn aus soll mit einer Waffe geschossen worden sein. Beamte durchsuchten eine Wohnung und stellten eine Schreckschusswaffe sicher. Ein 22-Jähriger beschoss kurz darauf mit einer Raketenbatterie einen Streifenwagen. Er flüchtete, wurde aber von Polizisten gestoppt.
Am Harburger Ring (Harburg) sollen sich etwa 30 Menschen mit verschiedenen Feuerwerkskörpern beworfen haben – es wurden dabei auch immer wieder Mülleimer und E-Scooter auf die Straße gezogen. Polizisten sollen mit Böllern und Flaschen beworfen worden sein. Ein Jugendlicher (17) und ein 23-Jähriger wurden als Werfer identifiziert. Nur wenige Kilometer weiter brannten an der Wilstorfer Straße zwei Container, in denen Corona-Tests angeboten wurden.
In Iserbrook wurde inmitten einer Menschengruppe ein nicht handelsüblicher Feuerwerkskörper gezündet. Aufgrund der übermäßig starken Druckwelle wurden dabei Menschen zu Boden gerissen. Eine Elfjährige erlitt eine Platzwunde. Ein erst drei Jahre altes Mädchen musste in Uhlenhorst mit Verbrennungen an der Brust versorgt werden. In Billstedt zündeten Böller in den Händen von elf und 13 Jahre alten Jungen. „Sie zogen sich Platzwunden an der Stirn und schwere Augenverletzungen zu“, sagte Feuerwehrsprecher Jan Ole Unger. In Schnelsen verlor ein Mann (36) beim Zünden eines Böllers den Zeige- und den Mittelfinger seiner rechten Hand.
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In Rahlstedt kam es zu einem Brand, nachdem eine Rakete vom Balkon in eine Wohnung gelenkt wurde. Fünf Menschen wurden dadurch verletzt. Die Wohnung ist unbewohnbar. In Hausbruch wurden HVV-Busse beschossen, die Fahrer mit Laserpointern geblendet. Sie mussten medizinisch behandelt werden. In einer Bar an der Bahnstation Dehnhaide (Barmbek-Süd) kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern. Einer wurde mit einem Messer verletzt, er kam ins Krankenhaus. Die Beamten stellten bei dem Einsatz auch eine Pistole sicher. Die Kripo ermittelt.
Es kam in der Nacht zu zahlreichen Angriffen auf Polizisten, unter anderem zersplitterte wegen einer abgefeuerten Rakete die Scheibe eines Streifenwagens. Ein Polizist wurde auf St. Pauli angegriffen und am Kopf schwer verletzt.
Auch Kräfte der Feuerwehr und des Rettungsdienstes wurden am Abend und in der Nacht attackiert: „Die Art und Weise, wie Einsatzkräfte mit Feuerwerkskörpern aggressiv angegangen, regelrecht beschossen wurden, ist einfach nur erschreckend“, so Feuerwehrsprecher Unger.
In Schnelsen beispielsweise sei ein Böller durch die dicke Brandschutzkleidung eines Feuerwehrmannes gedrungen und habe Verbrennungen am Bein verursacht. Beim Löschen von Mülleimern in Eidelstedt wurde ein freiwilliger Retter durch eine Rakete am Auge verletzt. In Niendorf wurden Notarzt und Notfallsanitäter körperlich angegriffen. Unger: „Was soll das? Wir kommen als Feuerwehr, als Rettungsdienst, um Feuer zu löschen, um Menschen zu retten und werden dann beschossen?“
Friedlich ging es dagegen im Bereich um die Binnenalster und des Rathausmarktes zu: Hier galt ein Böllerverbot, an das sich laut Polizei der Großteil der rund 4000 Feiernden auch gehalten habe. Nur in wenigen Einzelfällen sei dort der Gebrauch von Pyrotechnik festgestellt worden. „Polizeibeamte sind ins Gespräch gegangen und haben auf das Verbot hingewiesen“, so Levgrün. „Die mitgebrachten Feuerwerkskörper konnten vor Ort entsorgt werden.“
Der Verkauf und das Zünden von Feuerwerk in Deutschland waren in den vergangenen zwei Jahren wegen Corona verboten, vor allem um die Krankenhäuser in der Pandemie nicht weiter zu belasten. In diesem Jahr war dies wieder erlaubt – was bereits in den Tagen vor Silvester zu einigen kleineren Einsätzen führte.
Silvester in Hamburg: So fällt die Bilanz der Polizei aus
Insgesamt fällt die Silvester-Bilanz der Polizei trotz der hier zahlreich aufgeführten Zwischenfälle positiv aus. Im Vergleich zu anderen Jahreswechseln sei die Lage dieses Jahr „ruhig“ gewesen. 1200 Einsätze hatten die Beamten zu bewältigen. Jan Müller, stellvertretender Leiter der Hamburger Bundespolizei, zog ein ähnliches Fazit: „Nach meinen Wahrnehmungen war die Freude der Menschen groß, seit zwei Jahren endlich wieder Silvester feiern zu können. Dies zeigte sich im friedlichen und gesitteten Miteinander.“
Für die Stadtreinigung ging am frühen Morgen, als die ersten die Silvester-Sause beendeten, die Arbeit erst richtig los: Seit 2 Uhr beseitigten rund 80 Mitarbeitende mit 30 Einsatzfahrzeugen Silvestermüll von Gehwegen und Straßen – bis mittags hatten sie ordentlich zu tun. Die Stadtreinigung rechnete mit 15 Tonnen Glasscherben, Flaschen und Böllermüll.