Mord in Ottensen: „Meine Tochter hatte wahnsinnige Angst vor ihm“
Sie träumte von einer Karriere als Musical-Darstellerin. Doch ein mutmaßlicher Stalker beendete diesen Traum jäh: Antonia-Luisa H. (†22) wurde am Dienstagmorgen im Eingang ihrer Wohnung in Ottensen erschossen. Nun spricht die Mutter der jungen Schweizerin mit der MOPO und beschreibt ein Verbrechen, das sich offenbar schon über Monate abzeichnete.
Sie träumte von einer Karriere als Musical-Darstellerin. Doch ein mutmaßlicher Stalker beendete diesen Traum jäh: Antonia-Luisa H. (†22) wurde am Dienstagmorgen im Eingang ihrer Wohnung in Ottensen erschossen. Nun spricht die Mutter der jungen Schweizerin mit der MOPO und beschreibt ein Verbrechen, das sich offenbar schon über Monate abzeichnete.
„Mama, kann ich dieses Foto als Profilfoto für meinen Abschluss nehmen?“ Das waren der letzte Satz und das letzte Foto, das Mutter Henriette J. von ihrer Tochter erhalten hat. Aufgenommen hat Antonia-Luisa H. es selbst, bevor sie starb. Getötet mit zwei Schüssen von Kim W. (22). Einem Mann, der die Frau monatelang gestalkt haben soll.
Henriette J. (62) kann den Verlust ihrer Tochter nicht fassen. Doch sie möchte in ihrer Trauer nicht schweigen, sondern andere Betroffene vor der Gefahr durch Stalker warnen. Das Foto hat die Mutter der MOPO zur Verfügung gestellt.
Abgewiesener Verehrer soll Opfer monatelang gestalkt haben
„Es ist unbegreiflich. Der Mann kannte meinen Sohn aus der Schule. Über ihn hatte er Antonia vor ihrem Umzug nach Hamburg kennengelernt. Vielleicht war zu Beginn auch ein Hauch von Liebe im Spiel. Aber Antonia hatte schnell gemerkt, wie aggressiv der Mann sich ihr gegenüber zunehmend verhielt“. Was folgte, wollte Kim W. offenbar nicht wahrhaben: Antonia soll den Verehrer abgewiesen haben. Immer wieder. Doch der gab nie auf – und fasste am Ende einen fatalen Entschluss.
Er schrieb laut Antonias Mutter seitenweise Whatsapp-Nachrichten. Mal liebevoll, aber auch immer wieder bedrohlich. „Wenn ich dich nicht bekomme, bringe ich mich um“, soll in einer dieser Nachrichten gestanden haben.
Auch als die Frau vor mehr als zwei Jahren nach Hamburg zog, um sich ihren Kindheitstraum zu erfüllen und sich hier zur Musical-Darstellerin ausbilden zu lassen, gab Kim W. nicht auf. Das Stalking, wie es die Mutter beschreibt, soll vor neun Monaten begonnen und die Nachrichten des Täters immer aggressiver geworden sein.
Stalker reist nach Hamburg und belästigt Angebetete tagelang
Als die junge Frau ihn abermals abwies und sogar damit drohte, ihn zu blockieren, soll Kim W. ausgerastet sein. Er sei nach Hamburg gereist und habe sie vor ihrer Wohnung bedroht. Das war vergangenes Jahr im Oktober.
Später soll er geschrieben haben, wie leid es ihm tun würde und habe sich entschuldigt. Reue kannte der Mann aber offenbar keine. Wie die Mutter berichtet, stand Kim W. im November wieder vor der Tür der Tochter – und das gleich drei Tage am Stück. Er habe Antonia terrorisiert, belästigt und bedroht.
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„Meine Tochter hatte wahnsinnige Angst vor ihm. Sie rief mich an diesem Tag im November an und wusste nicht mehr weiter.“ Den Rat der Mutter, die Polizei zu rufen, nahm die 22-Jährige aber nicht an. Laut ihrer Mutter fürchtete Antonia, dass die Situation dann erst recht eskalieren würde. Stattdessen kontaktierte sie zwei Freundinnen. Die leisteten ihr Beistand.
Ottensen: Täter beobachtet Opfer aus Hotelzimmer
Der abgewiesene Verehrer soll aber weiterhin mehrere Whatsapp am Tag geschrieben haben. Dann fasste er offenbar einen grausamen Entschluss. Nach MOPO-Informationen reiste Kim W. Anfang April wieder nach Hamburg. Hier checkte er in einem Hotel ein, das in unmittelbarer Nähe zum Tatort liegt. Er verlangte ein Zimmer in den oberen Etagen. Von hier konnte er in die Wohnung von Antonia schauen. Ein Rückfahrticket soll er gar nicht erst gebucht haben, wie die Mutter der Toten erzählt. Die Staatsanwalt bestätige der MOPO auf Anfrage, dass der mutmaßliche Täter sich einige Tage vor der Tat in dem Hamburger Hotel eingemietet hatte.
Vom Fenster seines Hotelzimmers aus, soll er die junge Frau beobachtet haben. „Ich sehe dich“, soll er Antonia am Montag den 4. April geschrieben haben. Dann ließ er die junge Frau vorerst in Ruhe – bis zum darauffolgenden Morgen. Offenbar hatte der mutmaßliche Stalker beobachtet, wie Antonias Mitbewohnerin das Haus verließ. Dann stand er gegen 8.40 Uhr plötzlich vor ihrer Haustür. Als die junge Frau öffnete, erschoss Kim W. sie.