Antisemitischer Angriff vor Saturn: „Mein Mandant bleibt auf einem Auge blind“
Sebastian F. (60, Name geändert) wurde im vergangenen September in Hamburg Opfer eines antisemitischen Angriffs: Der Jude war Besucher einer pro-israelischen Mahnwache vor „Saturn“ an der Mönckebergstraße, als er von zwei Jugendlichen (15, 17) beleidigt, dann von einem verprügelt wurde. Die beiden Jungen müssen sich von Freitag (10 Uhr) an dafür verantworten. Der Anwalt des Opfers zeigt sich von der Tat noch immer entsetzt.
Der Erfurter Juri Goldstein ist ein erfahrener Advokat, Fachanwalt für Strafrecht. Er vertrat bereits die Opfer in dem Verfahren um das Attentat auf die Synagoge in Halle. Die Tat in einer „so weltoffenen Stadt“ wie in Hamburg zeige, wie weit der Judenhass reicht, sagt er der MOPO. „Es ist erschreckend, wie Hass erfüllt die Täter agiert haben.“
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Sebastian F. (60, Name geändert) wurde im vergangenen September in Hamburg Opfer eines antisemitischen Angriffs: Der Jude war Besucher einer pro-israelischen Mahnwache vor „Saturn“ an der Mönckebergstraße, als er von zwei Jugendlichen (15, 17) beleidigt, dann von einem verprügelt wurde. Die beiden Jungen müssen sich von Freitag (10 Uhr) an dafür verantworten. Der Anwalt des Opfers zeigt sich von der Tat noch immer entsetzt.
Der Erfurter Juri Goldstein ist ein erfahrener Advokat, Fachanwalt für Strafrecht. Er vertrat bereits die Opfer in dem Verfahren um das Attentat auf die Synagoge in Halle. Die Tat in einer „so weltoffenen Stadt“ wie in Hamburg zeige, wie weit der Judenhass reicht, sagt er der MOPO. „Es ist erschreckend, wie Hass erfüllt die Täter agiert haben.“
Antisemitischer Angriff in Hamburg: Anwalt fordert „klare Ansage“
Sein Mandant, dessen Nase und Jochbein bei dem Angriff gebrochen wurden, ebenso ein Knochen unterm Auge, werde sein Leben lang bleibende Schäden davontragen. Der mutmaßliche Täter, ein zum Zeitpunkt der Tat erst 16 Jahre alter Teenager, soll „völlig enthemmt und ohne erkennbaren Grund“ zugeschlagen haben.
Zuvor sollen er und sein Begleiter (damals 14) die Teilnehmer der Mahnwache beleidigt haben. Als Sebastian F. die Jungen zur Rede stellen wollte, soll es zur Attacke gekommen sein.
Antisemitischer Angriff vor Saturn: „Mein Mandat wird auf einem Auge nie wieder richtig sehen können“
Im Krankenhaus stellten Ärzte fest, dass ein Splitter der Brille im rechten Auge des Opfers steckte. Sebastian F. sagte damals zur MOPO: „Ich mochte das Auge gar nicht öffnen, weil ich Angst hatte, ich würde nichts sehen.“ Die Angst bewahrheitete sich. Anwalt Goldstein: „Mein Mandat wird auf einem Auge nie wieder richtig sehen können.“
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Der mutmaßliche Schläger Aram A. wurde von Polizisten in Berlin festgenommen. Später, zum Start des Hamburger Filmfestes, kam heraus, dass A. im Film „Evolution“ einen Teenie spielt, der einen jüdischen Mitschüler drangsaliert und angreift. Seine Schauspiel-Agentur trennte sich daraufhin von ihm, gegenüber seiner Chefin soll er angekündigt haben, sich beim Opfer entschuldigen zu wollen. Dies sei laut Aussagen des Opfer-Anwaltes aber nicht geschehen.
Der Fall zeige, wie Worte zu Taten werden, so Goldstein. Für ihn habe die Politik in Aufklärung und Kommunikation versagt: „Vom latenten Antisemitismus in der Mitte der Gesellschaft bis hin zum Hass vieler muslimisch geprägten Milieus. Der exportierte Antisemitismus darf kein Tabu-Thema sein.“ Er erhofft sich eine sowohl schulische als auch gesellschaftliche Aufklärungsarbeit und einen stärkeren und die Gesellschaft übergreifenden interreligiösen Dialog.
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Und für das nun startende Verfahren? Der niederträchtige Fall erfordere eine beherzte Aufarbeitung, so Goldstein. „Ich hoffe, dass das Urteil eine klare Ansage gegen Judenfeindlichkeit in Deutschland ist.“ Der Prozess startet am kommenden Freitag und findet ob des Alters der Beschuldigten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.