Zehn zu viel: Todesfalle Abbiegen auf Hamburgs Straßen
Es ist eine traurige Bilanz: Seit Jahren sind in Hamburg nicht mehr so viele Radfahrer bei Unfällen gestorben wie im aktuellen Jahr. Am Samstag kam der zehnte ums Leben, der 33-Jährige wurde vom Bus überrollt. Trotz der intensiven Präventionsarbeit der Polizei kommt es immer wieder zu Unfällen, wenn große Fahrzeuge abbiegen. Was muss passieren?
Es ist eine traurige Bilanz: Seit Jahren sind in Hamburg nicht mehr so viele Radfahrer bei Unfällen gestorben wie im aktuellen Jahr. Am Samstag kam der zehnte ums Leben, der 33-Jährige wurde vom Bus überrollt. Trotz der intensiven Präventionsarbeit der Polizei kommt es immer wieder zu schweren Unfällen, wenn große Fahrzeuge abbiegen. Was muss passieren?
Gleich zu Jahresbeginn kommt es zu einem tödlichen Unfall. Im Januar wird eine Frau auf der Überseeallee (HafenCity) von einem in die Osakaallee einbiegenden Laster erfasst – beide hatten laut Polizei Grün. Die Radfahrerin wurde unter dem Lkw eingeklemmt und starb noch am Unfallort, die alarmierten Rettungskräfte konnten nichts mehr für sie tun.
Getötete Radfahrer: Die Zahl steigt
Zu einem weiteren fatalen Unglück kommt es Ende August. Ein Teenager fährt mit dem Fahrrad auf der Osdorfer Landstraße (Groß Flottbek). Ein tonnenschwerer Laster will auf einen Parkplatz einbiegen, dabei ist die Einfahrt für Lkw verboten. Beim Abbiegen übersieht der Fahrer den Jungen und erfasst ihn. Der Jugendliche wird überrollt und stirbt. Er ist erst 15 Jahre alt.
Am Samstag stirbt ein weiterer Radfahrer auf einer Hamburger Straße. Ein 33-Jähriger ist mit seinem Rennrad auf der Kurt-Schumacher-Allee (St. Georg) unterwegs. Vor dem Museum für Kunst und Gewerbe biegt der Fahrer eines Reisebusses, der Aida-Kreuzfahrtgäste abholen will, rechts in die Brockesstraße Richtung ZOB. Er erfasst den Radler und überrollt ihn mit dem Bus. An der Einmündung gibt es keine Ampel. Der Radfahrer stirbt im Krankenhaus.
In den vergangenen zwei Jahren starben jeweils drei Radfahrer
Es sind nur drei Beispiele, die Abläufe sind meistens gleich, egal ob die Laster mit Abbiegeassistenten ausgestattet sind oder nicht. Im toten Winkel der Laster sind die Radfahrer unsichtbar. Der 33-Jährige in St. Georg war das zehnte Todesopfer im laufenden Jahr – in den beiden Jahren davor waren es jeweils drei.
Die Polizei ist sich der Problematik bewusst, sie versucht mit etlichen Präventionsaktionen für das Thema und für einen verständnisvollen Umgang im Straßenverkehr zu sensibilisieren. Wöchentlich sprechen Beamte auf Märkten und Veranstaltungen mit Bürgern, verteilen Flyer, mahnen Auto- wie Radfahrer zu Umsicht.
Am Donnerstag, zwei Tage vor dem letzten tödlichen Unfall, ließ die Polizei sogar die rechte Abbiegespur der Max-Brauer-Allee (Altona) für zwei Stunden sperren. Dort war ein Laster geparkt, auf der Straße war rechts neben der Beifahrerseite ein gelber Punkt auf dem Boden markiert. Damit wollten die Polizisten den toten Winkel aufzeigen, den man durch den Außenspiegel nicht erkennt.

Ziel war es, einen Perspektivwechsel zu verschaffen und vor allem Radfahrern die Möglichkeit zu geben, sich ins Führerhaus des Lkw zu setzen und zu erleben, wie eingeschränkt die Sicht in rund drei Metern Höhe sein kann.
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Evi Theodoridou, Leiterin der Verkehrsdirektion 6, betonte dabei, dass es nicht darum gehe, jemandem die Schuld zuzuschieben, nur darum, für Gefahren zu sensibilisieren. Wichtig: „Man sollte nie auf sein Recht pochen und sich bewusst machen, dass es sein kann, dass mich der Fahrer nicht sieht. Allein dieses Bewusstsein kann Leben retten.“
ADFC fordert mehr Lkw-Kontrollen
Dirk Lau, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), ist „fassungslos“: Man denke immer, dass es doch vorbei sein müsse „und dann passiert es schon wieder“, sagt er. Er fordert mehr Lkw-Kontrollen: Die Fahrer würden sich zu selten wirklich an die vorgegebene Schrittgeschwindigkeit beim Abbiegen halten. „Die Vergehen sollten konsequent bestraft werden. Es muss jetzt einfach was passieren.“