Flughafen-Drama: „Polizei und Geiselnehmer müssen als Sieger vom Platz gehen”
Ein Mann fährt aufs Rollfeld des Flughafens, schießt in die Luft, legt Brände – und hält seine Tochter (4) fest, die er zuvor aus der Obhut der Mutter entführt hat. Polizisten evakuieren den Airport, umzingeln das Auto, in dem der Mann mit dem Kind sitzt. Aber: Wie geht man überhaupt mit Geiselnehmern um? Wie vermeidet man eine Eskalation, welche psychologischen Hebel kann man ansetzen und worin unterscheiden sich heutige Methoden von früher? Die MOPO sprach mit Rafael Behr (65), Professor für Polizeiwissenschaften.
Ein Mann fährt aufs Rollfeld des Flughafens, schießt in die Luft, legt Brände – und hält seine Tochter (4) fest, die er zuvor aus der Obhut der Mutter entführt hat. Polizisten evakuieren den Airport, umzingeln das Auto, in dem der Mann mit dem Kind sitzt. Aber: Wie geht man überhaupt mit Geiselnehmern um? Wie vermeidet man eine Eskalation, welche psychologischen Hebel kann man ansetzen und worin unterscheiden sich heutige Methoden von früher? Die MOPO sprach mit Rafael Behr (65), Professor für Polizeiwissenschaften.
MOPO: Herr Behr, wie verhandelt mit einem Geiselnehmer?
Behr: Grundsätzlich muss man feststellen, ob der Täter einer Kommunikation zugänglich ist und welche Interessen er verfolgt. Dann stellt man sich verschiedene Fragen: Folgt er einer Ideologie? Geht es ihm um Geld? Steht er unter Drogen? Liegt eine psychische Störung vor? Das Wichtigste ist, Vertrauen aufzubauen.
Welche Gefahren gibt es bei der Kommunikation?
Die Kunst der Kriminalpsychologen liegt darin, Eskalation und Provokation zu vermeiden. In der Kommunikationslehre gibt es einfache Prinzipien: Dabei muss man dafür sorgen, dass beide Parteien – Polizei und Geiselnehmer – letztlich ohne Gesichtsverlust als Sieger vom Platz gehen. Es kann aber mitunter auch vorkommen, dass man die Zügel anzieht, das liegt im Geschick des jeweiligen Sprechers. Die Polizisten, die von Psychologen unterstützt werden, machen das sehr professionell.
Die erste Sorge gilt immer den Geiseln. Beim aktuellen Airport-Fall gab es den Vorteil, dass es nicht mehrere Geiseln waren. Die Polizisten können sich auf solch eine Situation besser einstellen als bei einem Überfall, wo die Lage dynamischer ist. Zudem konnten die Kräfte beim aktuellen Fall an die Vaterfigur des Geiselnehmers appellieren. Über das Vater-Kind-Schema kann man viel erreichen.
Ist es normal, dass Verhandlungen über Stunden gehen?
Mittlerweile ja. Früher wollte man derartige Situationen schnell und mit zügigem Gewalteinsatz beenden, heute setzt die Polizei auf die psychologische Ebene, und die dauert in der Regel einfach länger. Teil der Strategie ist es auch, die anfängliche Hektik in ruhigere Situationen zu überführen. Irgendwann lassen Kraft und Aufmerksamkeit nach, dann besteht die Chance, die Sache ohne Blutvergießen zu beenden.