Polizei rät Radfahrern im Verkehr: „Man sollte nicht auf sein Recht pochen“
Immer wieder kommt es in Hamburg zu tödlichen Abbiegeunfällen, neun Menschen verloren allein in diesem Jahr auf diese Weise ihr Leben. Auch statistisch verzeichnet die Polizei einen Anstieg. Am Donnerstag haben die Beamten für mehr Verständnis und Umsicht im Straßenverkehr geworben – mit einer Aktion, die es so vorher noch nie gab. Ein gelber Punkt spielte dabei eine große Rolle.
Immer wieder kommt es in Hamburg zu tödlichen Abbiegeunfällen, neun Menschen verloren allein in diesem Jahr auf diese Weise ihr Leben. Am Donnerstag haben die Beamten für mehr Verständnis und Umsicht im Straßenverkehr geworben – mit einer Aktion, die es so vorher noch nie gab. Ein gelber Punkt spielte dabei eine große Rolle.
Max-Brauer-Allee/Ecke Holstenstraße in Altona, 10 Uhr: Dichter Verkehr schiebt sich über die Kreuzung. Die Rechtsabbiegespur ist gesperrt, auf ihr steht ein Laster. Davor und dahinter: Polizisten. Ein Unfall?
Das ist die Idee des Perspektivwechsels
Nein: Der Laster, vom Forum Verkehrssicherheit zur Verfügung gestellt, steht gewollt so da, rot-weiße Pylonen stehen um ihn herum. Hinter ihm winkt ein Verkehrspolizist freundlich Radlern zu, er sagt: „Entschuldigen Sie, haben Sie einen Moment?“
Die Verkehrsdirektion 6 (VD6) spricht an diesem Morgen zusammen mit der Fahrradstaffel und weiteren Helfern gezielt mit Fahrradfahrern und bietet ihnen die Möglichkeit, sich einmal ins Führerhaus des Lkw zu setzen – „für einen Perspektivwechsel“, so Evi Theodoridou, Leiterin der VD6.

In rund drei Metern Höhe wollen die Beamten den Radlern bewusst zu machen, wie eingeschränkt die Sicht für einen Lkw-Fahrer sein kann. „Es geht nicht darum, jemandem die Schuld zuzuschieben“, betont Theodoridou im Gespräch mit der MOPO, „sondern darum, für die Gefahren zu sensibilisieren“.
Auf der Straße ist rechts neben der Beifahrerseite des Lkw ein gelber Punkt auf dem Boden markiert. Damit wollen die Polizisten den toten Winkel aufzeigen, den man durch den Außenspiegel nicht erkennt. Und auch Assistenzsysteme würden keine hundertprozentige Sicherheit geben. Wichtig: „Man sollte nicht auf sein Recht pochen und sich bewusst machen: Es kann sein, dass mich der Fahrer nicht sieht“, so die Polizistin. Sie ergänzt: „Dieses Bewusstsein allein kann Leben retten.“
Erst im August verlor ein 15-Jähriger durch einen Abbiegeunfall in Groß Flottbek sein Leben. Ein Lkw-Fahrer hatte ihn nicht gesehen, als er auf einen Parkplatz abbog. Im September gab es einen ähnlichen Unfall in Hohenfelde. Hier fuhr ein abbiegender Lkw eine Radfahrerin an und schleifte sie meterweit mit. Die Frau überlebte schwer verletzt.

An diesem Donnerstagmorgen scheint der Plan der Polizei aufzugehen: 150 Radler nehmen das Angebot dankend an, setzen sich in den Laster – und sind überrascht: „Die Sicht ist tatsächlich eingeschränkt. Man vergisst manchmal, dass auch nur Menschen am Steuer sind.“ Ein anderer aus der Schlange sagt hinterher: „Das hat mir auf jeden Fall geholfen, meine Sicht auf Lkw-Fahrer zu ändern.“
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Es ist das erste Mal, dass eine solche Aktion im fließenden Verkehr stattfindet. Sonst gab es so eine Demonstration nur auf abgesperrten Parkplätzen. Ein Student sagt zu dem Polizisten, der ihn anspricht: „Ich habe jetzt keine Zeit, finde die Idee aber toll. Macht das gerne öfter!“ Ein Vorschlag, den die Polizei sicher schon bald in die Tat umsetzen wird.