Mehr Transparenz im Rathaus: Wie gläsern werden Hamburgs Abgeordnete?
Interessenkonflikte sichtbar machen, Korruption verhindern, heißt die Devise. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen in der Bürgerschaft wollen strengere Regeln zur Offenlegung von beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten der 123 Abgeordneten durchsetzen. Was bedeutet das?
„Transparenz erhöht die Legitimität parlamentarischer Beschlüsse“, heißt es in der noch geheimen aktuellen Fassung des rot-grünen Bürgerschaftsantrags, die der MOPO vorliegt. Am 1. Juni werden aus Hamburgs Feierabendparlamentarier:innen Teilzeitabgeordnete. Ihr Salär steigt um 550 Euro pro Monat, zudem werden die Zuwendungen für Mitarbeiter:innen und Büromieten angehoben.
Zeitgleich zur weiteren Professionalisierung der Abgeordneten wollte Rot-Grün auch die Transparenzregeln zur Offenlegung von Jobs, Einkommen und Firmenbeteiligungen verschärfen.
Interessenkonflikte sichtbar machen, Korruption verhindern, heißt die Devise. Die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen in der Bürgerschaft wollen strengere Regeln zur Offenlegung von beruflichen und ehrenamtlichen Tätigkeiten der 123 Abgeordneten durchsetzen, schreibt MOPO-Kolumnist Marco Carini. Wie gläsern werden Hamburgs Politiker?
„Transparenz erhöht die Legitimität parlamentarischer Beschlüsse“, heißt es in der noch geheimen aktuellen Fassung des rot-grünen Bürgerschaftsantrags, die der MOPO vorliegt. Am 1. Juni werden aus Hamburgs Feierabendparlamentarier:innen Teilzeitabgeordnete. Ihr Salär steigt um 550 Euro pro Monat, zudem werden die Zuwendungen für Mitarbeiter:innen und Büromieten angehoben.
Zeitgleich zur weiteren Professionalisierung der Abgeordneten wollte Rot-Grün auch die Transparenzregeln zur Offenlegung von Jobs, Einkommen und Firmenbeteiligungen verschärfen. Die kommen nun etwas später, sollen aber vor der parlamentarischen Sommerpause in die Bürgerschaft eingebracht werden.
Transparenz in der Bürgerschaft: Laut Entwurf müssen Abgeordnete jede Beteiligung angeben
Kernpunkte des Entwurfs: Die Abgeordneten müssen künftig jede Beteiligung an gewerblichen Unternehmen offenlegen. Selbst Aktienbeteiligungen müssen angezeigt werden, wenn sie ein Prozent des Firmenkapitals übersteigen. „Jede Beteiligung an einem Unternehmen kann grundsätzlich Interessenkonflikte hervorrufen – die wollen wir nun offenlegen“, betont die grüne Bürgerschaftsabgeordnete Lena Zagst.
Bislang gilt die Auskunftspflicht erst ab einer Gesellschaftsbeteiligung von 25 Prozent. Dabei würde es die CDU gerne belassen, die, so André Trepoll, „nicht will, dass die Einkommen von Abgeordneten komplett gläsern werden“. Tendenz: Rot-Grün und Schwarz einigen sich auf eine Fünf-Prozent-Klausel, wie sie auch im Bundestag gilt, was ein Anlass war, auch in Hamburg in die Puschen zu kommen.
Abgeordneten: Auch Einzelspenden sind Thema
Angezeigt werden müssen in Zukunft auch „Funktionen in Parteien, unter Angabe, ob vergütet oder ehrenamtlich“. „Wenn jemand aus der Parteikasse bezahlt wird, kann das das freie Mandat behindern“, erklärt der verfassungspolitische Sprecher der SPD, Olaf Steinbiß. Zudem soll die Schwelle für die Anzeigepflicht von Spenden herabgesetzt werden. Einzelspenden müssen nun schon ab einer Höhe von 1200 Euro statt bisher 2500 der Bürgerschaftspräsidentin angezeigt werden. Die Schwelle, Spenden komplett öffentlich zu machen, sinkt nach dem Entwurf von 5000 auf 2500 Euro.
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„Es gibt sehr selten Einzelspenden in dieser Größe an Abgeordnete“, betont dabei Lena Zagst, und Olaf Steinbiß ergänzt, „dass es kein Fehlverhalten von Bürgerschaftsmitgliedern gegeben hat, das Anlass war, die geltenden Regeln zu verschärfen“. Trotzdem mahnen ein paar Hamburger Vorgänge der jüngsten Vergangenheit dazu, beim Thema Spenden sensibler zu sein. So erklärte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) erst vergangene Woche, die SPD hätte 2017 Spenden in Höhe von über 45.000 Euro aus dem Umfeld der in den Cum-Ex-Skandal verstrickten Warburg-Bank „mit dem Wissen von heute nicht annehmen dürfen“.
Jahrelanges Thema in der SPD waren auch Spenden an den seinerzeit von Johannes Kahrs geführten Kreisverband Mitte. Dieser hatte auch Geld aus der Rüstungsindustrie erhalten, obwohl Kahrs im Haushaltsausschuss des Bundestages Einfluss auf die Vergabe von Rüstungsaufträgen hatte.
Neues Transparenzgesetz: Die Linke will mehr
Nichts verändert wird an der Regel, dass Abgeordnete zwar ihre beruflichen Tätigkeiten offenlegen müssen, nicht aber das Einkommen, das sie daraus erwirtschaften.
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Die Linke, die bereits 2021 gefordert hatte, dass Bürgerschaftsabgeordnete zumindest „zusätzliche Einkünfte, die 40.000 Euro im Jahr überschreiten“, offenlegen müssen, würde an diesem Punkt den rot-grünen Antrag gerne „nachschärfen“. „Er ist ein bisschen dünne, aber die Richtung stimmt“, signalisiert die Linken-Abgeordnete Carola Ensslen dennoch die Zustimmung ihrer Fraktion für das rot-grüne Papier.
Die CDU kann sich, so Trepoll, auch „eine kraftvolle Enthaltung“ – was immer das ist – vorstellen, während die Antragsteller die AfD nicht mit im Boot haben wollen. „Wenn die jetzt auch noch zustimmen, haben wir irgendwas falsch gemacht“, signalisiert Steinbiß augenzwinkernd, dass ein paar Gegenstimmen den Transparenzantrag nur aufwerten würden.