„Kuschel-Justiz“: So wehrt sich Gallina gegen die heftigen AfD-Attacken
Hitzige Debatte in der Bürgerschaft: Unter dem reißerischen Titel „Blutrausch im Regionalzug“ hatte die AfD am Mittwoch in der Aktuellen Stunde die Messerattacke von Brokstedt zur Debatte gestellt. Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) musste sich erneut harter Kritik von mehreren Seiten stellen. Sie reagierte zwar sofort – doch noch währenddessen gab es neue Vorwürfe, diesmal aus Schleswig-Holstein.
Hitzige Debatte in der Bürgerschaft: Unter dem reißerischen Titel „Blutrausch im Regionalzug“ hatte die AfD am Mittwoch in der Aktuellen Stunde die Messerattacke von Brokstedt zur Debatte gestellt. Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) musste sich erneut harter Kritik von mehreren Seiten stellen. Sie reagierte zwar sofort – doch noch währenddessen gab es neue Vorwürfe, diesmal aus Schleswig-Holstein.
„Die ungezählten Messeropfer in diesem Land, sind für die Grünen nichts weiter als ein Kollateralschaden”, behauptete AfD-Co-Fraktionschef Dirk Nockemann. Er sprach von einer „Kuschel-Justiz“. In einem weiteren Redebeitrag geriet er nach einer Zwischenfrage der SPD noch mehr in Rage: „Bei mir wäre dieser Mann schon lange nicht mehr in diesem Land.“
Brokstedt: Debatte nach der Messerattacke im Zug
Worüber wurde diskutiert? Der 33-jährige Ibrahim A. soll am Mittwoch vergangener Woche in der Regionalbahn von Kiel nach Hamburg mit einem Messer auf Fahrgäste eingestochen haben. Eine 17-Jährige und ein 19-Jähriger starben, fünf Menschen wurden verletzt. Der Angreifer war schließlich von anderen Fahrgästen überwältigt und von der Polizei auf dem Bahnhof von Brokstedt festgenommen worden.

Ibrahim A. war 2014 als staatenloser Palästinenser nach Deutschland gekommen. Von 2015 bis Ende 2020 lebte er in Nordrhein-Westfalen. Dort war er der Justiz bekannt: Mehr als 20 Ermittlungsverfahren sollen gegen ihn eingeleitet worden sein. Unter anderem geht es um Bedrohung, Körperverletzung, Drogendelikte, Diebstahl und sexuelle Belästigung. Viermal wurde er verurteilt, zuletzt im vergangenen Jahr in Hamburg wegen eines Messerangriffs auf einen Obdachlosen – zu einem Jahr und einer Woche.
Bürgerschaft: Kritik an Anna Gallina aus der Opposition
Er legte Berufung ein, das Verfahren ist noch nicht rechtskräftig. Ibrahim A. kam wenige Tage vor der Tat in Brokstedt aus der U-Haft in Hamburg, weil er schon annähernd die verhängte Strafe abgesessen hatte und ein psychiatrisches Gutachten besagte, dass von ihm keinerlei Gefahr ausgehe. Die Kritik der AfD ging vor allem in Richtung der Justizsenatorin, die sie vorab schon als „rücktrittsreif“ bezeichnet hatten.
Auch CDU, Linke und FDP kritisierten Gallinas Politik: „Es stehen viele Fragen im Raum: Hätte die Tat verhindert werden können? Warum wurde Ibrahim A. trotz vieler Strafen nicht als Intensivtäter geführt? Und hätte er besser auf die Entlassung vorbereitet werden müssen?“, fragte CDU-Fraktionschef Dennis Thering. Diese unbequemen Fragen müssten von der Senatorin beantwortet werden. Der SPD-Abgeordnete Urs Tabbert kritisierte vor allem das Verhalten der AfD und sagte man müsse prüfen, ob rechtliche Grundlagen noch mal nachgeschärft werden.
Hamburgs Justizsenatorin weist Vorwürfe zurück
Schließlich meldet sich Gallina selbst zu Wort. Wie alle bisherigen Rednerinnen und Redner, ausgenommen der AfD, drückt sie zunächst ihr Mitgefühl mit den Opfern und deren Angehörigen aus. Kommentiert wurde das von der rechten Seite mit Zwischenrufen.

„Ich finde es unglaublich, dass sie so offenlegen, was sie in dieser Debatte versuchen. Selbst in dem Moment, wo die Worte an die Opfer und die Angehörigen gerichtet sind, schaffen sie es nicht, den Respekt zu waren“, sagte Gallina verärgert. Den Vorwurf der „Kuschel-Justiz“ wies sie als „deplatziert” zurück, da Ibrahim A. ursprünglich in Hamburg zu einem Jahr und einer Woche ohne Bewährung verurteilt worden war.
Schleswig-Holstein spricht von Mangel an Informationen
Gallina räumte ein, dass Fragen danach, ob die Tat hätte verhindert werden können und wie solche Taten in Zukunft besser verhindert werden können die Politik jetzt beschäftigen müssen. Aber das brauche Zeit: „Wir sind aus der Hamburger Perspektive sehr weit bei der Sachverhaltsaufklärung gekommen“, so Gallina.
Sie kündigte an, am Donnertag im Justizausschuss die drängendsten Fragen zu beantworten. Vorab stellte sie noch einmal klar, dass aus ihrer Sicht juristisch nichts falsch gelaufen sei. Allerdings müsse man prüfen, was in Zukunft besser laufen kann: „Wir haben uns sowieso vorgenommen, unser Resozialisierungsgesetz zu evaluieren.“
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Während Gallina in der Bürgerschaft sprach, wurden in Schleswig-Holstein neue Vorwürfe laut. Bestimmte Informationen aus Hamburg zu dem Mann seien nicht in Schleswig-Holstein angekommen, sagte Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne) im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags in Kiel.
Beide Länder müssten sich die Frage stellen, ob sie nicht an einigen Stellen noch hätten nachhaken müssen. Dieser Frage wird sich Gallina wohl auch am Donnerstag stellen müssen.