Bezahlkarte für Flüchtlinge: Was die Grünen in Hamburg unbedingt verhindern wollen
Da bahnt sich ein Streit an: Hamburgs Grünen-Fraktion ist strikt gegen Regeln für die neue Bezahlkarte für Geflüchtete. „Bezahlkarte ja, Diskriminierungen und Bargeldbegrenzung nein“, sagt Fraktionschefin Jennifer Jasberg der MOPO. Vor Kurzem hatte der Bund beschlossen, dass Asylbewerber anstelle von Bargeld eine Karte erhalten sollen. Die grüne Position dürfte für Debatten sorgen – denn die SPD-Fraktion denkt da etwas anders.
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Da bahnt sich ein Streit an: Hamburgs Grünen-Fraktion ist strikt gegen Regeln für die neue Bezahlkarte für Geflüchtete. „Bezahlkarte ja, Diskriminierungen und Bargeldbegrenzung nein“, sagt Fraktionschefin Jennifer Jasberg der MOPO. Vor Kurzem hatte der Bund beschlossen, dass Asylbewerber anstelle von Bargeld eine Karte erhalten sollen. Die grüne Position dürfte für Debatten sorgen – denn die SPD-Fraktion denkt da etwas anders.
Was hat der Bund genau beschlossen? 14 von 16 Bundesländern haben sich Ende Januar darauf geeinigt, die Bezahlkarte bis zum Sommer umzusetzen. Sie wollen damit die Verwaltung entlasten und verhindern, dass staatliche Leistungen an Freunde und Familie ins Ausland fließen.
Bayern und Mecklenburg-Vorpommern sind vorgeprescht: „Unsere Bezahlkarte kommt schneller und ist härter“, kündigte Bayerns Landeschef Markus Söder (CSU) an. Bargeld solle es nur als „kleines Taschengeld bis 50 Euro“ geben. Im Gespräch ist auch, die Karte nur für bestimmte Waren des täglichen Gebrauchs nutzen zu können und nur in der Nähe von Flüchtlingsunterkünften.
Hamburgs Grünen-Fraktionschefin: Unterstellungen stärken die AfD
„Wer Schutzsuchenden unterstellt, nicht mit Bargeld umgehen zu können oder die Stärkung krimineller Strukturen zu fördern, bestärkt indirekt die Narrative der AfD“, sagt Hamburgs Grünen-Fraktionschefin Jasberg auf MOPO-Anfrage. Gleiches gelte für die Annahme, Diskriminierungen und Stigmatisierungen von Schutzsuchenden hätten eine abschreckende Wirkung.
Studien würden zeigen, dass es keinen Zusammenhang von Leistungsbeschränkungen und Fluchtbewegungen gibt. „Wer sich wie Markus Söder nun für eine möglichst ‚harte‘ Bezahlkarte öffentlich feiert, kopiert den Populismus der AfD und stärkt damit deren Positionen und verfestigt deren Menschenverachtung“, so Jasberg. Die Grünen fordern, dass die Bezahlkarte allein dazu dient, den Alltag Geflüchteter ohne eigenes Konto zu vereinfachen und den Aufwand für die Verwaltung zu reduzieren – ohne Bargeldobergrenze oder andere Regeln.
Jasberg fordert außerdem, dass die Parlamente, also auch die Hamburgische Bürgerschaft, konkret über die Beschlüsse diskutieren und Einfluss nehmen können. Das dürfte in Hamburg zu rot-grünen Spannungen führen.
SPD-Fraktionschef für Bargeld-Grenze
„Ich finde es wichtig, die Bezahlkarte jetzt nicht für eine politische Stigmatisierung bestimmter Gruppen zu benutzen, wie Herr Söder das tut“, sagt Hamburgs SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf der MOPO. Aber er sagt auch: „Sie soll den Verwaltungsakt erleichtern und helfen zu verhindern, dass staatliche Leistungen ins Ausland transferiert werden.“
Am Ende müsse die Bezahlkarte praktikabel sein. Dazu gehören für Kienscherf auch Regelungen für eine Bargeldobergrenze. „Welche das ist, darüber beraten jetzt Sozial- und Innenbehörde“, so Kienscherf. Einen Betrag nennen wollte er selbst nicht.
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Aus der Sozial- und Innenbehörde gibt es bisher kaum Konkretes. Hamburg wird sich am Verfahren beteiligen. Eine zeitnahe EU-weite Ausschreibung für die Karte ist in Planung. „Alle weiteren Details sind noch nicht abschließend festgelegt“, so ein Sprecher der Sozialbehörde. Positionieren mag man sich hier zu diesem frühen Zeitpunkt wohl noch nicht. Zu viele rechtliche Details in Bezug auf die Bezahlkarte sind bislang offen.
Hamburg führt „Social Card” ein
Vorpreschen, wie Söder es tut, hat Hamburgs Senat auch gar nicht nötig. Die Stadt startet im Februar mit der „Social Card“ ein sehr ähnliches Pilotprojekt, das seit Monaten in Planung ist: Eine Prepaid-Bezahlkarte für Leistungsempfänger ohne eigenes Konto wie Asylbewerber oder Obdachlose.
Damit sollen die Auszahlungsstellen entlastet werden und für Betroffene der Zugriff auf ihr Geld vereinfacht. In Zukunft könnte die Bezahlkarte dann die „Social Card“ ablösen – über die Bedingungen muss aber noch diskutiert werden.