Stühlerücken im Senat: Warum Rabes Blitz-Abgang für Tschentscher ein Problem ist
Für Außenstehende war es ein Paukenschlag: Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (63) tritt nach 13 Jahren im Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Mit Rabe verlässt ein Mann die landespolitische Bühne, der stets polarisiert hat, der als stur galt, als unnahbar. Und dessen Abgang für Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt kommt.
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Für Außenstehende war es ein Paukenschlag: Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (63) tritt nach 13 Jahren im Amt aus gesundheitlichen Gründen zurück. Mit Rabe verlässt ein Mann die landespolitische Bühne, der stets polarisiert hat, der als stur galt, als unnahbar. Und dessen Abgang für Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD) zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt kommt.
Von Beruf Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte und Religion, übernahm Rabe 2011 den Posten als Schulsenator unter Olaf Scholz. Er ist damit der dienstälteste Mann im aktuellen Senat – seine Erfahrung wird längst auch über die Landesgrenzen hinweg geschätzt.
Die Schulpolitik gilt in Hamburg traditionell als Minenfeld – auch deshalb soll Hamburgs Bürgermeister mit einiger Vehemenz versucht haben, seinen Routinier in der Schulbehörde zum Bleiben zu bewegen. Vergeblich. „Dass ich mein Amt niederlege hat auch damit zu tun, dass es ein spannendes und auch sehr herausforderndes Amt ist und 13 Jahre eine lange Zeit“, sagte Rabe am Montagabend nach der SPD-Fraktionssitzung.
Gewohnt sachlich und mit dem ihm eigenen Humor, gab Rabe bekannt, dass er nicht lebensgefährlich erkrankt sei, sich aber im letzten Jahr gesundheitlichen Probleme verstärkt hätten, die „ältere Männer in Führungspositionen heimsuchen”. In der kommenden Wahlkampfzeit könne er sein Amt daher nicht mehr so ausüben wie er sich das als „Pflichtmensch“ vorgenommen habe.
Schulsenator Ties Rabe: Bewundert und verachtet
Dass Schulsenator Ties Rabe ein echter Sturkopf ist, zeigte sich immer dann, wenn um ihn der Sturm tobte. Wenn im Postfach seiner Behörde mal wieder eine Sammelbeschwerde von Schulleitern landete, die selbst hartgesottene Bildungspolitiker als „hoch explosiv“ einstuften. In Zeiten der heißesten Diskussionen blieb Ties Rabe eiskalt – und wurde dafür gleichermaßen bewundert und verachtet. Abgebrüht und cool, fanden ihn seine Fans. Empathiebefreit seine Gegner.
So oder so: In den 13 Jahren seiner Amtszeit hat Ties Rabe seinen Kurs nie verlassen, hielt erst Olaf Scholz, dann Peter Tschentscher einigen Ärger vom Hals, indem er Kritik im Keim erstickte. Sowohl am Abitur nach acht Jahren am Gymnasium, dem sogenannten „G8“, als auch am Schulfrieden hielt Rabe stets fest. Den Schulfrieden hatten CDU, Grüne und SPD erst ein Jahr vor seinem Amtsantritt vereinbart. Er besagte, dass es mindestens zehn Jahre lang keine weiteren Änderungen an der Schulstruktur geben soll. Und Rabe zog durch.
Hamburgs Schulsenator Rabe als starke Stimme in Berlin
Auch qualitativ kämpfte sich Hamburg unter Rabe nach vorn. In Bildungsstudien liegt die Hansestadt inzwischen regelmäßig im vorderen Mittelfeld. Im vergangenen Jahr war sogar eine Delegation von Schulexperten aus Baden-Württemberg – traditionell eines der Spitzenländer in Bildungsvergleichen – zu Besuch in Hamburg, um sich etwas abzuschauen. Als Koordinator für Bildung und Wissenschaft der SPD-regierten Bildungsministerien der Länder galt Rabe seit 2015 auch in Berlin als starke Stimme.
Sein Abgang löst nicht nur in den eigenen Reihen Betroffenheit aus: „Ich wünsche Ties Rabe gute Besserung und eine rasche Genesung und bedanke mich für seine engagierte Arbeit!“, schreibt Sabine Boeddinghaus, Bildungsexpertin der Linksfraktion. Sina Koriath (Grüne), Vorsitzende des Schulausschusses bedankt sich für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, auch wenn man inhaltlich nicht immer einer Meinung gewesen sei.
Ksenija Bekeris wird neue Schulsenatorin
Nachfolgerin von Rabe soll die 45-Jährige Berufsschullehrerin Ksenija Bekeris werden, verkündete Tschentscher noch am Montagabend. Sie sitzt seit 2008 in der Bürgerschaft und ist seit 2011 stellvertretende Chefin und Sozial-Expertin der Fraktion.
Der breiten Hamburger Bevölkerung außerhalb ihres Wahlkreises Barmbek-Uhlenhorst-Dulsberg dürfte sie bisher aber eher weniger bekannt sein. Wenn sie ab Mittwoch ihr neues Amt antritt, dürfte sich das ändern.
Die meisten Oppositionellen sehen jedoch keine großen Chancen auf frischen Wind. Boeddinghaus, die mit Rabe oft politisch aneinander geriet, hofft zwar auf eine bessere Kommunikation „auf Augenhöhe“. Aber sie sagt auch klar: „Ich glaube nicht, dass von der neuen Schulsenatorin die Schulstruktur in Frage gestellt wird.“
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Wie Bekeris sich schlägt, wird sich zeigen. Was jetzt schon fest steht: Das Thema Bildung wird auch im kommenden Wahlkampf eine starke Stimme brauchen. Mit Rabe hätte Peter Tschentscher diese starke Stimme in seinem Team gehabt. Jetzt ist da eine Unbekannte.