Das sind die Mogelpackungen im neuen Hamburger Finanzhaushalt
Die Zeit, in der man Angst haben musste, dass Finanzpolitiker wie Andreas Dressel (SPD) in eine Depression verfallen, sind vorbei. Da die Steuereinnahmen wieder sprudeln wie vor der Pandemie, wachsen auch die staatlichen Ausgaben auf Rekordniveau. So legte die rot-grüne Landesregierung diese Woche einen Doppelhaushalt für 2023 und 2024 mit Rekordausgaben vor. Die Ausgaben der Stadt steigen von 17,7 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 18,3 Milliarden im Jahr 2023 und 18,8 Milliarden im Jahr 2024. Dabei halfen dem Senat zwei Sondereffekte immens, wie MOPO-Kolumnist Marco Carini berichtet.
Die Reederei Hapag-Lloyd, an der die Stadt mit 13,9 Prozent beteiligt ist, überweist dieses Jahr eine Dividende von mehr als 800 Millionen Euro. Und die „faulen“ Schiffskredite, die sie Hamburg zusammen mit Schleswig-Holstein 2016 der HSH Nordbank abgenommen haben, konnten doch noch mit Gewinn weiterverkauft werden und spülten der Stadt weitere 200 Millionen Euro in ihre Kassen.
Hamburg nimmt neue Kredite auf
- Deutsch (Deutschland)
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Die Zeit, in der man Angst haben musste, dass Finanzpolitiker wie Andreas Dressel (SPD) in eine Depression verfallen, sind vorbei. Da die Steuereinnahmen wieder sprudeln wie vor der Pandemie, wachsen auch die staatlichen Ausgaben auf Rekordniveau. So legte die rot-grüne Landesregierung diese Woche einen Doppelhaushalt für 2023 und 2024 mit Rekordausgaben vor. Die Ausgaben der Stadt steigen von 17,7 Milliarden Euro im laufenden Jahr auf 18,3 Milliarden im Jahr 2023 und 18,8 Milliarden im Jahr 2024. Dabei halfen dem Senat zwei Sondereffekte immens, wie MOPO-Kolumnist Marco Carini berichtet.
Die Reederei Hapag-Lloyd, an der die Stadt mit 13,9 Prozent beteiligt ist, überweist dieses Jahr eine Dividende von mehr als 800 Millionen Euro. Und die „faulen“ Schiffskredite, die sie Hamburg zusammen mit Schleswig-Holstein 2016 der HSH Nordbank abgenommen haben, konnten doch noch mit Gewinn weiterverkauft werden und spülten der Stadt weitere 200 Millionen Euro in ihre Kassen.
Hamburg nimmt neue Kredite auf
Ganz ohne neue Schulden geht es trotzdem nicht: Der Senat muss Kredite in Höhe von 285 Millionen Euro aufnehmen, um den Doppelhaushalt zu finanzieren. Und ab 2025 müssen die Corona-Schulden, die durch eingebrochene Steuereinnahmen und millionenschwere Hilfsprogramme aufgelaufen sind, getilgt werden. Dann könnte es noch einmal richtig eng werden. „Wir werden auch in den nächsten Jahren auf jeden Cent achten müssen“, gibt Bürgermeister Peter Tschentscher Disziplin bei den Haushaltausgaben vor.
Die Schwerpunkte des Doppelhaushalts liegen nach Angaben des Senats in den Bereichen Soziales, Klimaschutz und Bildung, wobei auch Polizei und Justiz nicht zu kurz kommen. Auch die Bezirke sollen für „bürgernahe Dienstleistungen“ deutlich mehr Geld erhalten.
Dabei verbirgt sich in dem Doppelhaushalt allerdings die eine oder andere Mogelpackung: So fließen über zwei Drittel der zwei Milliarden Euro, nämlich 1,335 Milliarden, die Hamburg in den beiden kommenden Jahren in den Klimaschutz investieren will, in den „Schnellbahnausbau“, und damit vor allem in die neue U5 von Bramfeld bis zur Volkspark-Arena. Die aber wurde bereits geplant, als der für die ökologische Verkehrswende zuständige Senator Anjes Tjarks (Grüne) noch am Berliner Tor als Lehrer tätig war.
Wo wird gespart? Auch diesmal hat Finanzsenator Andreas Dressel keine „Streichliste“ von Projekten vorgelegt, die aufgrund der begrenzten Finanzen dem Rotstift zum Opfer fallen sollen. Stattdessen setzt er auf „globale Minderausgaben“ in allen Behörden.
Im Klartext: Alle Ressorts dürfen 3 Prozent ihres Etats gar nicht ausgeben. Wo sie sparen, bleibt ihnen überlassen. Dressel will damit verhindern, dass am Jahresende Etattöpfe noch schnell geplündert werden, die bis dahin noch nicht ganz ausgeschöpft wurden. Die Linke kritisiert nun, die Minderausgaben entzögen sich der politischen Steuerung, denn die gewählten Politiker:innen hätten keinen Einfluss darauf, wo die Einsparungen vorgenommen würden. „Wir erleben, dass dadurch oft an falscher Stelle gespart wird – beispielsweise beim Personal“, klagt der Linken-Haushaltsexperte David Stoop.
Als einzigen Punkt, an dem Ausgaben gestreckt werden sollen, nennt Andreas Dressel die Sanierung maroder Schulgebäude. Denn Handwerker:innen seien ohnehin knapp. Dafür soll der Schulneubau forciert werden, da die Zahl der Hamburger Schulpflichtigen weiter ansteigt.
Neuer Haushaltsplan enthält diverse Risiken
Zudem enthält der Haushaltsplan, in dem Einnahmen und Ausgaben ja nur grob geschätzt werden können, diverse Risiken. So hat der Senat zwar einberechnet, dass aufgrund der Inflation die Zinsen steigen, die Hamburg für seine Schulden zahlen muss. Nicht eingepreist sind aber Lohnsprünge der Öffentlich Bediensteten, wie sie in Zeiten schnell steigender Preise üblich sind, um die Kaufkraft der Arbeitnehmer:innen zu erhalten.
So warnt der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Senat plane zu wenig Geld für seine Beschäftigten ein. Die CDU hingegen beklagt, Risiken wie die hohen Energiepreise oder gestiegene Baukosten seien in dem Haushaltsplan nicht ausreichend berücksichtigt. Fakt aber ist: Es hat schon deutlich mehr Kritik von der Opposition und Verbänden an einem Haushaltsentwurf gegeben, den SPD und Grüne hingegen erwartungsgemäß als „solide und ausgewogen“ loben.
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Das Zahlenwerk soll nun noch ein wenig nachpoliert und dann im September in die Bürgerschaft eingebracht werden. Dort haben vor allem die Fraktionen der Regierungsparteien noch die Möglichkeit, ein paar nicht so kostspielige Lieblingsprojekte in den Entwurf einzuflicken, bevor die Bürgerschaft dann Mitte Dezember den Doppelhaushalt endgültig beschließt.