Schrumpfkur im Bundestag: Was bedeutet das für Hamburg?
Im Bundestag wird es mit jeder Wahl enger: Inzwischen sitzen 736 Abgeordnete im Parlament – viel mehr als eigentlich vorgesehen. Die Ampel-Koalition will daher das Wahlrecht umgestalten. Welche Hamburger Politiker mit der neuen Regelung heute nicht im Bundestag säßen – und welche Alternativen im Raum stehen.
- Deutsch (Deutschland)
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Im Bundestag wird es mit jeder Wahl enger: Inzwischen sitzen 736 Abgeordnete im Parlament – viel mehr als eigentlich vorgesehen. Die Ampel-Koalition will daher das Wahlrecht umgestalten. Welche Hamburger Politiker mit der neuen Regelung heute nicht im Bundestag säßen – und welche Alternativen im Raum stehen.
Regulär besteht der Bundestag aus 598 Abgeordneten. Bei der Bundestagswahl 2021 kamen 138 Überhangs- und Ausgleichsmandate dazu. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei über die Erststimmen mehr Mandate erringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Diese Extra-Mandate darf die Partei behalten. Die anderen Parteien erhalten dafür Ausgleichsmandate. Der Gesetzentwurf der Ampel-Koalition soll den Bundestag wieder auf seine Regelgröße verkleinern.
Bundestag und Wahlzettel: Das soll sich ändern
Alle Parteien müssten dafür Mandate abgeben. Auch auf dem Wahlzettel soll sich etwas ändern: Für die Sitzverteilung im Bundestag sollen künftig allein die Zweitstimmen ausschlaggebend sein. Sie werden im Gesetzentwurf „Hauptstimmen” genannt, die Erststimmen heißen „Wahlkreisstimmen”.
Über das Hauptstimmenergebnis wird berechnet, wie viele der 598 Mandate jeder Partei bundesweit zustehen und wie sich diese auf die einzelnen Landeslisten verteilen. Gewinnt eine Partei weniger Wahlkreise direkt, als ihr Mandate zustehen, werden die restlichen Mandate über die Liste verteilt.
Diese Hamburger Politiker wären draußen
Gewinnt eine Partei umgekehrt mehr Wahlkreise direkt, als Sitze nach dem Hauptstimmenergebnis auf sie entfallen, gehen die Kandidatinnen und Kandidaten mit dem schlechtesten Ergebnis leer aus. Heißt: Es kann passieren, dass bisher gewählte Wahlkreisabgeordnete keinen Sitz mehr bekommen.
Die „Zeit” hat berechnet, welche Abgeordneten 2021 nicht mehr in den Bundestag eingezogen wären, wenn es damals schon die Reform gegeben hätte. Aus Hamburg hätten Nils Annen (SPD) und Christoph de Vries (CDU) wohl kein Mandat erhalten.
CDU: Stimme des Wählers wird „unbedeutend”
In dieser Woche beraten die Fraktionen über den Entwurf. „Unabhängig von mir halte ich den Gesetzentwurf der Ampel für nicht tragbar, vor allem, weil viele städtische Wahlkreise nicht mehr mit Abgeordneten im Bundestag vertreten wären”, sagt der CDU-Abgeordnete de Vries auf MOPO-Anfrage.
Außerdem mache es die Stimme des Wählers unbedeutend, wenn gewählten Wahlkreiskandidaten das Mandat verweigert werde. Das könne zu mehr Politikverdrossenheit führen. Aus CDU/CSU gibt es insgesamt starken Widerstand, allerdings profitierten sie auch am meisten von der aktuellen Regelung.
CDU will Wahlreform – nur nicht so
Immerhin in einem Punkt ist man sich einig: Der Bundestag muss kleiner werden. Das Ziel teile auch die Union, sagte de Vries. „Aber wir wollen eine Reform im bestehenden Wahlsystem. Zum Beispiel könnte man die Anzahl der Wahlkreise weiter reduzieren, so dass keine Überhang- und Ausgleichsmandate im bisherigen Umfang entstünden.”
Einigkeit gibt es auch hier: „Wir wünschen uns einen parteiübergreifenden breiten Konsens über die Wahlrechtsreform“, sagt de Vries. Der Hamburger Grünen-Abgeordnete Till Steffen sagte ebenfalls in der „FAZ“, die Ampel strebe einen „möglichst breiten Konsens an“. Regierung und Opposition wollen also aufeinander zugehen, das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.
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Man will die Wahlrechtreform auf keinen Fall in die nächste Legislatur „verschleppen”, so Steffen. De Vries stellt klar: „Sollte es allerdings beim Gesetzentwurf der Ampel bleiben, wäre auch der Gang vor das Verfassungsgericht denkbar