Scholz, Tschentscher und Cum-Ex: Das Märchen von der Brandmauer
Die Geschichte beginnt wie alle klassischen Märchen mit den drei Worten „Es war einmal“. Es war einmal eine Brandmauer. Die stand unverrückbar und blickdicht zwischen dem Finanzamt und der Finanzbehörde. Sie sollte verhindern, dass die fleißigen Finanzbeamt:innen bei ihrem Bemühen, Steuersündern das Handwerk zu legen, politisch beeinflusst würden.
Und weil es diese Brandmauer zwischen Steuerverwaltung und Politik gab, nahmen der brave Finanzsenator Peter Tschentscher und sein Chef, der zu Höherem berufene Bürgermeister Olaf Scholz, auch garantiert keinen Einfluss auf eine Entscheidung des Finanzamtes im November 2016. Das verfügte, Steuerforderungen an die Warburg-Bank in Höhe von 47 Millionen Euro in die Verjährung laufen zu lassen. Dabei ging es um eine Rückforderung von Steuererstattungen aus kriminellen „Cum-Ex-Geschäften“, an denen sich die Hamburger Privatbank beteiligt hatte.
Genauso geht das Märchen von Peter, Olaf und der Brandmauer, das sozialdemokratische Kreise sich und anderen immer wieder erzählen. Und auch im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss (PUA), dessen Aufgabe es ist, Wahrheit und Dichtung voneinander zu trennen, arbeitet sich die Opposition an der Mär von der Brandmauer ab. Verzweifelt versucht sie zu beweisen, dass Tschentscher und Scholz doch über die Brandmauer geluschert und den Finanzamtler:innen auf der anderen Seite etwas zugerufen und sie damit beeinflusst haben.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Die Geschichte beginnt wie alle klassischen Märchen mit den drei Worten „Es war einmal“. Es war einmal eine Brandmauer. Die stand unverrückbar und blickdicht zwischen dem Finanzamt und der Finanzbehörde. Sie sollte verhindern, dass die fleißigen Finanzbeamt:innen bei ihrem Bemühen, Steuersündern das Handwerk zu legen, politisch beeinflusst würden.
Und weil es diese Brandmauer zwischen Steuerverwaltung und Politik gab, nahmen der brave Finanzsenator Peter Tschentscher und sein Chef, der zu Höherem berufene Bürgermeister Olaf Scholz, auch garantiert keinen Einfluss auf eine Entscheidung des Finanzamtes im November 2016. Das verfügte, Steuerforderungen an die Warburg-Bank in Höhe von 47 Millionen Euro in die Verjährung laufen zu lassen. Dabei ging es um eine Rückforderung von Steuererstattungen aus kriminellen „Cum-Ex-Geschäften“, an denen sich die Hamburger Privatbank beteiligt hatte.
Genauso geht das Märchen von Peter, Olaf und der Brandmauer, das sozialdemokratische Kreise sich und anderen immer wieder erzählen. Und auch im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss (PUA), dessen Aufgabe es ist, Wahrheit und Dichtung voneinander zu trennen, arbeitet sich die Opposition an der Mär von der Brandmauer ab. Verzweifelt versucht sie zu beweisen, dass Tschentscher und Scholz doch über die Brandmauer geluschert und den Finanzamtler:innen auf der anderen Seite etwas zugerufen und sie damit beeinflusst haben.
Anzeige gegen Hamburgs Bürgermeister Tschentscher
So schön die Geschichte ist, sie ist wohl eine Fabel, die Brandmauer die Erfindung eines fantasievollen Geistes. „Dass es sie gibt, ist Nonsens, nur eine Nebelkerze“, behauptet jedenfalls Gerhard Strate, einer der renommiertesten Strafverteidiger Hamburgs. Der Advokat weist darauf hin, nach der Hamburger Verfassung habe der Finanzsenator „die Befugnis und die Pflicht einzugreifen“, wenn er Kenntnis davon erlangt, dass in der ihm unterstellten Verwaltung – was die Finanzbehörde ist – rechtswidrige Entscheidungen getroffen werden.
Tschentschers Versäumnis sei also nicht gewesen, dass er möglicherweise doch Einfluss auf die Entscheidung genommen habe, sondern dass er es eben nicht tat. Dafür hat ihn Strate jetzt angezeigt. „Die Beihilfe zur Steuerhinterziehung, die Peter Tschentscher geleistet hat, ist juristisch eindeutig“, glaubt der Anwalt und führt das in einem 38-seitigen Schriftsatz aus, den er der Staatsanwaltschaft zugeleitet hat.
Cum-Ex-Skandal in Hamburg: Finanzamt beeinflusst?
„Eine solche Brandmauer zwischen Finanzamt und Finanzbehörde gibt es nicht, es hat sie auch nie gegeben“, betont auch ein leitender Mitarbeiter des Finanzamtes für Großunternehmen gegenüber der MOPO. Gerade bei umstrittenen Steuerforderungen an bekannte Großunternehmen gebe es „immer wieder mal einen regen Austausch zwischen Finanzamt und Finanzbehörde“.
Starten Sie bestens informiert in Ihren Tag: Der MOPO-Newswecker liefert Ihnen jeden Morgen um 7 Uhr die wichtigsten Meldungen des Tages aus Hamburg und dem Norden, vom HSV und dem FC St. Pauli direkt per Mail. Hier klicken und kostenlos abonnieren.
Das war nachweislich auch im Vorfeld der Entscheidung über die Warburg-Millionen so. Hier belegen die Akten, dass es zu einem engen Dialog zwischen dem Finanzamt für Großunternehmen und der Abteilung Steuerverwaltung der Finanzbehörde kam. Mehr noch: Nachdem sich die zuständige Abteilungsleiterin des Finanzamtes noch im Oktober 2016 dafür ausgesprochen hatte, von Warburg die 47 Millionen Euro einzufordern, wurde nur einen Monat später die gegenteilige Entscheidung getroffen – in einer Sitzung von Finanzamt und Finanzbehörde. Und es gibt in den Akten Hinweise darauf, dass es gerade die Finanzbehörden-Mitarbeiter:innen waren, die dafür gesorgt haben, dass die Cum-Ex-Millionen nicht zurückgefordert wurden. Obwohl sie nach der Brandmauer-Legende nicht hätten eingreifen dürfen.
Vorwurf gegen Olaf Scholz: Falschaussage
Und Olaf Scholz? Dem wirft Strate eine uneidliche Falschaussage vor, weil er sich an den Inhalt seiner Gespräche mit den Warburg-Eignern Olearius und Warburg im Vorfeld der Steuer-Entscheidung vor dem PUA nicht mal schemenhaft erinnern konnte. „Das ist nicht ansatzweise glaubhaft“, führt Strate aus. „Eine völlige Erinnerungslosigkeit (…) ist eine Erscheinung, die in der Aussage- und Gedächtnispsychologie nur im Rahmen einer Posttraumatischen Belastungsstörung gelegentlich diagnostiziert wird. Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte.“