„Ruiniert und politisch verbrannt“ – was das Osterburg-Urteil für die Grünen bedeutet
Es ist ein Fall mit vielen Dimensionen, der am Mittwoch vor dem Hamburger Landgericht seinen vorläufigen Abschluss fand. Achtzehn Monate auf Bewährung lautet das Urteil gegen Michael Osterburg, jahrelang das Aushängeschild der Grünen im Bezirk Mitte. Der Ex-Fraktionschef hatte gestanden, mehr als 26.000 Euro aus der Grünen-Fraktionskasse zweckentfremdet zu haben: Private Restaurantbesuche und Reisen, Weihnachtsgeschenke und Muttertagsblumen, Kinderbetreuungs-Kosten, die gar nicht angefallen waren und zahlreiche technische Geräte samt Zubehör, hatte sich das politische Schwergewicht der Partei zwischen 2015 und 2019 aus Steuergeldern erstatten lassen.
Es ist ein Fall mit vielen Dimensionen, der am Mittwoch vor dem Hamburger Landgericht seinen vorläufigen Abschluss fand. Achtzehn Monate auf Bewährung lautet das Urteil gegen Michael Osterburg, jahrelang das Aushängeschild der Grünen im Bezirk Mitte. Der Ex-Fraktionschef hatte gestanden, mehr als 26.000 Euro aus der Grünen-Fraktionskasse zweckentfremdet zu haben: Private Restaurantbesuche und Reisen, Weihnachtsgeschenke und Muttertagsblumen, Kinderbetreuungs-Kosten, die gar nicht angefallen waren und zahlreiche technische Geräte samt Zubehör, hatte sich das politische Schwergewicht der Partei zwischen 2015 und 2019 aus Steuergeldern erstatten lassen.
Da ist zuerst einmal die menschliche Dimension. „Herr Osterburg, ihr Ruf ist ruiniert, sie sind politisch verbrannt und zum Symbol für eine angeblich korrupte Politikerkaste geworden“, brachte Richter André Hienzsch den Absturz der früheren Grünen-Ikone auf den Punkt. Planmäßig und mit großer krimineller Energie hat Osterburg seine Partei betrogen, dafür sogar Unterschriften gefälscht.
Osterburg: Kontrollmechanismen haben versagt
All das wäre nicht möglich gewesen – Dimension Nummer zwei – hätten die Kontrollmechanismen der Fraktion in Mitte nicht eklatant versagt und die Grünen im Bezirk sämtlich vor Osterburg gekuscht. So konnte der Fraktionschef eine Machtfülle aufbauen, die schließlich auch die Kontrolle der Finanzen umfasste. Viele ahnten, dass da nicht alles mit rechten Dingen zuging, doch niemand hatte das Rückgrat, sich Osterburg in den Weg zu stellen. Erst als dieser von der politischen Bildfläche verschwunden war, begann die Aufdeckung und Aufarbeitung des Betrugsskandals unter Führung des heutigen Fraktionschefs Manuel Muja. Inzwischen haben die Grünen Kontrollmechanismen etabliert, die eine Wiederholung der Causa Osterburg unmöglich machen.

Nach eigenen Berechnungen wurden die Bezirks-Grünen von ihrem Ex-Chef um rund 66.000 Euro geprellt, von denen sie bislang nur 16.000 Euro wieder gesehen haben. Nach dem Gerichtsbeschluss können sie mit weiteren 10.000 Euro rechnen, da aus prozessökonomischen Gründen nicht alle Betrugsvorwürfe angeklagt waren. Bleiben 40.000 Euro Verlust. Ob die Grünen versuchen werden, diese über eine Zivilklage einzutreiben, steht in den Sternen. „Wir werden uns die Ermittlungsergebnisse genau angucken, sie bewerten und danach entscheiden“ hält Muja den Klageweg offen.
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Geschädigt aber, so Richter Hienzsch, habe Osterburg nicht nur die Grünen, die auch einen erheblichen Imageschaden erlitten, sondern vor allem – Dimension Nummer drei – seine damalige Lebensgefährtin, die heutige Justizsenatorin Anna Gallina. Diese Liebesbeziehung finanzierte Osterburg quasi aus Steuermitteln; eine Liebe auf Spesenquittung. Wenn man bei der Vernehmung als Zeugin erfahre, dass das Weihnachtsgeschenk aus veruntreuten Fraktionsmitteln stamme, „dann ist das menschlich ganz, ganz bitter“, sagte Hienzsch mit Blick auf Gallina. Zudem werde die Senatorin „politisch für das in Sippenhaft genommen, „was Sie getan haben, Herr Osterburg“.
Anna Gallina: Justizsenatorin schweigt beim Prozess und nach dem Urteil
Das ist die berechtigte Perspektive auf Anna Gallina als Opfer der Machenschaften Osterburgs. Es gibt daneben noch eine andere. In seiner Urteilsbegründung referierte Hienzsch diverse Aussagen aus Gallinas staatsanwaltschaftlicher Vernehmung. Das macht deutlich, welchen Wert ihre Aussagen bei der Urteilsfindung hatten, und lässt einmal mehr die Frage aufkommen, warum das Gericht auf ihre Vorladung von vornherein verzichten wollte. Ein Schelm, der dabei denkt, dass das irgendetwas mit ihrer Position als Justizsenatorin zu tun haben könnte und Gallina geschont werden sollte.
Gallina hat sich bis heute nicht öffentlich geäußert zu den mutmaßlichen Betrügereien ihres Ex-Partners, von denen sie – vermutlich unwissend – über Jahre materiell profitiert hat. Sie hat das bislang auch damit begründet, nicht in ein schwebendes Verfahren eingreifen zu wollen. Doch auch nach dem Urteil bricht sie ihr Schweigen nicht, lässt nur erneut verkünden, sie würde „Gerichtsverfahren grundsätzlich nicht kommentieren“.
Damit bleibt eine Vielzahl von Fragen offen und ein dickes Loch in der Fraktionskasse der Grünen, während Gallina, nach allem, was die Staatsanwaltschaft ans Licht befördert hat, Mit-Nutznießerin von Osterburgs Straftaten war. Dieser Makel wird an der Schweige-Senatorin kleben bleiben. Anna Gallina wird die Causa Osterburg politisch überleben, schon weil die Grünen – zumindest öffentlich – geschlossen hinter ihr stehen. Der politischen Kultur aber hat nicht nur ihr Ex-Partner geschadet, sondern durch ihr Wegducken auch Gallina selbst.