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  • CDU-Chef Christoph Ploß.
  • Foto: dpa

Ploß und das CDU-Debakel: Bruchlandung des Überfliegers

Wie fragil Politikkarrieren bisweilen sind, lässt sich derzeit an Christoph Ploß (CDU) beobachten. Der 36-Jährige ist unangefochtener Parteichef des Hamburger Landesverbands. Jung, konservativ und erfolgreich. Zumindest bislang. Doch die Wahlnacht könnte Spuren hinterlassen, und zwar ganz grundsätzliche. 

Es ist ein niederschmetterndes Ergebnis, das um 23.15 Uhr am Sonntagabend feststeht. Christoph Ploß verliert seinen Wahlkreis Hamburg-Nord. Nicht knapp, nicht nur gegen die SPD-Kandidatin, sondern auch gegen die von den Grünen. Dorothee Martin (SPD) und Katharina Beck (Grüne) kommen zusammen auf über 50 Prozent der Stimmen, Ploß darf nur gratulieren. 

CDU Hamburg verliert deutlich – der Chef seinen Wahlkreis

Das Wahlkreisergebnis ist noch gravierender als der Absturz der CDU in ganz Hamburg (-11,8 Prozentpunkte), weil ein ganzes Strategiemodell ins Wanken gerät. Nicht nur die schlechte CDU-Kampagne oder Armin Laschet sind schuld am Ergebnis – hier wurde auch direkt über den Hamburger CDU-Chef abgestimmt, der vor vier Jahren noch das Direktmandat erringen konnte. 

Seitdem der 36-Jährige genau ein Jahr vor der Bundestagwahl die Hamburger CDU-Führung übernommen hat, setzt er auf einen intellektuell überschaubaren Krawall-Konservatismus in Abgrenzung zur regierenden biederen SPD. Das funktioniert sogar insofern, als dass es Ploß mittlerweile zu bundesweiter Bekanntheit gebracht hat. Dank seines passionierten Pöbelns gegen das Gendern sitzt er in Talkshows, landet in zahlreichen Zeitungen – und in der „Bild“ sowieso. Auf Social Media sorgt er damit regelmäßig für kontroverse Diskussionen. So die normale konservative Karrierestrategie. 

Themensetzung der CDU offenbar zu eindimensional

Das Fatale: In der Hamburger CDU-Parteizentrale scheinen die Akteure offenbar zu glauben, dass das reicht, um Wähler:innen in einer Großstadt wie Hamburg von sich zu überzeugen. Die gesamte Partei steht geeint hinter ihrem Chef Ploß. Auch, weil sie tatsächlich sehr viel positive Rückmeldung auf seinen Gender-Feldzug erreicht. So wird es zumindest immer wieder aus der Partei berichtet. 

Das Wahlergebnis am Sonntag offenbart jedoch, dass die inhaltlich dünne Mischung aus polarisierenden Themen und einem vordergründig vor allem ästhetisch gepflegten Konservatismus kaum eine Zukunftsstrategie für die schwache Hamburger CDU sein kann. Wähler:innen, oder auch die „gesellschaftliche Mehrheit“, auf die auch Ploß gerne verweist, wollen mehr von Politik als einen Krieg gegen den Genderstern und Applaus für Friedrich Merz.

Die andere Seite des Christoph Ploß

Nun könnte das Kapitel Christoph Ploß als Gallionsfigur der Hamburger CDU sich früher oder später von selbst schließen. Gäbe es nicht auch die andere Seite des 36-Jährigen. Der CDU-Chef denkt nämlich in Wahrheit gar nicht den ganzen Tag ans Gendern, sondern setzt sich ernsthaft mit zukunftsträchtigen Themen auseinander. Nicht zuletzt in Büchern und publizistischen Beiträgen. Darin erfährt man dann, dass er eine fundierte Meinung zu Gerechtigkeit hat (egalitäre Startchancen ins Leben für jeden Menschen), den Klimawandel ernst nimmt und sich auch nicht vor unangenehmen Fragen zu Demografie und Rente drückt. Leider weiß nur niemand davon.  

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Ob sich das nun nach der Wahl ändert und wie glaubhaft Ploß dann für andere Themen einstehen kann, wird sich zeigen. Am Donnerstag tagt der Landesausschuss der CDU, dort muss sich der CDU-Chef erklären. Noch stehen die Reihen geschlossen hinter ihm. Es gibt schlechtere Voraussetzungen, um zu erläutern, wofür die Partei künftig in Hamburg stehen soll. 

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