Anti-Gender-Ini in der Krise: Warum das Vorhaben plötzlich scheitern könnte
Das wird nicht leicht für die Kämpfer gegen Sternchen und Doppelpunkt: Ab dem 31. Juli hat die Initiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ drei Wochen Zeit, um 66.000 Unterschriften zu sammeln. Dass ihre Sammelaktion ausgerechnet in die Sommerferien fällt, das habe die genderfreundliche Hamburger Politik extra gemacht, argwöhnen die Aktivisten. Tatsächlich hat die Mehrheit in der Bürgerschaft einen unerwarteten Zug gemacht, der die Unterschriftensammlung erschwert.
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Das wird nicht leicht für die Kämpfer gegen Sternchen und Doppelpunkt: Ab dem 31. Juli hat die Initiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ drei Wochen Zeit, um 66.000 Unterschriften zu sammeln. Dass ihre Sammelaktion ausgerechnet in die Sommerferien fällt, das habe die genderfreundliche Hamburger Politik extra gemacht, argwöhnen die Aktivisten. Tatsächlich hat die Mehrheit in der Bürgerschaft einen unerwarteten Zug gemacht, der die Unterschriftensammlung erschwert.
Es war etwas still geworden um die Initiative, die im Juli 2023 mehr als 16.400 Unterschriften gegen das Gendern bei Behörden und in Schulen gesammelt hat. Ziel ist es, etwa Lehrern das Gendern in Aufgaben zu verbieten und Behördenmitarbeitern das Gendern in Schriftstücken.
Nun melden sich die Aktivisten zurück und werfen SPD, Grünen und Linken vor, ihnen mutwillig das Leben schwer zu machen. Denn: Die Fraktionen zwingen die Gender-Gegner dazu, die Sammlung von 66.000 Unterschriften ausgerechnet mitten in den Sommerferien durchzuführen.
Gender-Volksbegehren muss Abstand zur Wahl halten
Im Hintergrund steht die komplexe Volksgesetzgebung mit ihren vielen Fristen. Nachdem die Ini im Sommer 2023 die erste Hürde erfolgreich genommen hatte (mehr als 10.000 Unterschriften abgeliefert), steht nun der zweite Schritt an, das Volksbegehren. Für ein Volksbegehren müssen 66.000 Unterstützer gefunden werden. Das Problem: Ein Volksbegehren darf nicht in den drei Monaten vor und in dem Monat nach einer Wahl stattfinden – und am 9. Juni stehen in Hamburg die Europa- und die Bezirkswahlen an.
Heißt: Wer sich per Briefwahl gegen das Gendern aussprechen möchte, kann erst ab 10. Juli die Unterlagen anfordern (juristisch: „Briefeintragungsfrist“). Das Sammeln beginnt dann drei Wochen später, also am 31. Juli – da hat Hamburg schon fast zwei Wochen Sommerferien, die Stadt macht Pause.
Gender-Initiative Hamburg: SPD, Grüne und Linke lehnen Fristverlängerung ab
Die Bürgerschaft hätte der Ini unter die Arme greifen und Sammlung auf den Herbst verschieben können. Dazu hätten die Politiker nur erklären müssen, dass sie noch mehr Zeit für die Beratung des Anliegens brauchen – ein durchaus gebräuchliches Prozedere.
Doch SPD, Grüne und Linke lehnten eine Fristverlängerung ab. Bisher ist es Lehrkräften und Verwaltungsmitarbeitern freigestellt, ob sie gendern oder nicht. Die Grüne Katharine Fegebank, Zweite Bürgermeisterin und Gleichstellungssenatorin, hatte früh klar gemacht, dass sie das Gendern in Verwaltung und Schule nicht verbieten will. Nur die Angestellten der Steuerverwaltung sind ausdrücklich aufgefordert, in ihren Texten keine Sternchen und Doppelpunkte zu verwenden.
Keine Fristverlängerung für Gender-Initiative: CDU irritiert
Die CDU, die sich mit Verve für die Ini eingesetzt hat (3000 der Unterschriften haben CDU-Mitglieder an Infoständen eingesammelt), zeigt sich irritiert: „Es war bisher eine gängige Praxis, Anträgen von Initiativen auf Fristverlängerung stattzugeben“, sagt CDU-Fraktionschef Dennis Thering zur MOPO. „Es entsteht der Eindruck, dass Bürgerinitiativen von SPD und Grünen nur dann Wertschätzung erfahren, wenn sie Positionen vertreten, die den Parteien zusagen.“
Auch Claudia Guderian, die sich als ehemalige Generalsekretärin des Autorenverbandes PEN für die Volksinitiative engagiert, ist sauer: „Ausgerechnet die Parteien, die sich gerade in den letzten Wochen am lautesten für die Demokratie ausgesprochen haben, behindern nun das Verfassungsrecht der Bürger auf direkte Teilhabe.“
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Die Gründerin der Initiative, Sabine Mertens, ist inzwischen nicht mehr dabei. Sie hatte mit der abstrusen Verknüpfung von Gendersprache und sexueller Orientierung („Wenn wir jetzt alle schwul, lesbisch und trans werden, ist die Evolution am Ende”) für einen Eklat gesorgt und sogar die Sympathisanten in der CDU vergrätzt.
Volks-Ini: Hamburger Gender-Gegner sind zuversichtlich
Die Gender-Gegner geben sich zuversichtlich: „Wir werden trotz dieses gewollt ungünstigen Abstimmungstermins ausreichend Unterschriften für eine verständliche, diskriminierungsfreie Sprache ohne Sonderzeichen und Doppelpronomen sammeln“, sagt der Ottenser Notar Jens Jeep als Vertrauensperson der Volksinitiative. CDU-Ortsverbände könnten wieder mitsammeln, verspricht CDU-Parteichef Dennis Thering.
Sollten binnen drei Wochen 66.000 Unterschriften zusammenkommen, wäre der letzte Schritt der Volksentscheid: Dann würden die Hamburger am Termin der Bundestagswahl 2025 abstimmen, ob das Gendern an Hamburgs Schulen und in der Verwaltung verboten wird.