NSU-Morde: Tränen in der Bürgerschaft – grüner Rückzieher sorgt für Streit
Warum wurde ausgerechnet der Bahrenfelder Gemüsehändler Süleyman Taşköprü vor 22 Jahren Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)? Diese und viele weitere Fragen zum Mord sind bis heute ungeklärt. Nach einer emotionalen Debatte hat die Hamburgische Bürgerschaft am Donnerstag beschlossen, wie bei der Aufklärung weiter vorgegangen werden soll. Die Grünen hatten eigentlich einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) angestrebt, doch die Fraktion gab klein bei – das sorgte für Ärger.
Gleich zwei Anträge, die zur Aufklärung des Hamburger NSU-Mords beitragen sollten, lagen vor: Einer der Linken und einer von SPD und Grünen. „Für die Familie ist der PUA ein Herzensanliegen“, sagte der Linken-Abgeordnete Deniz Celik. „Auch in Hamburg wurden eklatante Fehler gemacht, die nicht unter den Teppich gekehrt werden dürfen.“ Es sei immer nur in Richtung organisierte Kriminalität ermittelt worden, aber nie in Richtung der rechten Szene.
Studie soll über NSU-Mord in Hamburg aufklären
Warum wurde ausgerechnet der Bahrenfelder Gemüsehändler Süleyman Taşköprü vor 22 Jahren Opfer des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU)? Diese und viele weitere Fragen zum Mord sind bis heute ungeklärt. Nach einer emotionalen Debatte hat die Hamburgische Bürgerschaft am Donnerstag beschlossen, wie bei der Aufklärung weiter vorgegangen werden soll. Die Grünen hatten eigentlich einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) angestrebt, doch die Fraktion gab klein bei – das sorgte für Ärger.
Gleich zwei Anträge, die zur Aufklärung des Hamburger NSU-Mords beitragen sollten, lagen vor: Einer der Linken und einer von SPD und Grünen. „Für die Familie ist der PUA ein Herzensanliegen“, sagte der Linken-Abgeordnete Deniz Celik. „Auch in Hamburg wurden eklatante Fehler gemacht, die nicht unter den Teppich gekehrt werden dürfen.“ Es sei immer nur in Richtung organisierte Kriminalität ermittelt worden, aber nie in Richtung der rechten Szene.
Studie soll über NSU-Mord in Hamburg aufklären
Der Vorstoß der Linken für einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) ist jetzt vom Tisch. Hamburg bleibt damit das einzige Bundesland, in dem es zwar einen NSU-Mord gab, aber keinen PUA. Stattdessen soll nun, gemäß des Antrags von SPD und Grünen, eine mindestens zweijährige wissenschaftliche Studie zur Aufklärung beitragen. Begleitet werde die Studie von einem Beirat bestehend aus Bürgerschaftsmitgliedern.
Der Antrag war nach internen Streitigkeiten kurzfristig von SPD und Grünen eingereicht worden. Die Grünen, die eigentlich einen PUA gewollt hatten, gaben offensichtlich um des Koalitionsfriedens willen klein bei. Was sie jetzt bekommen haben, klingt nach einem „PUA light“: Die Wissenschaftler sollen Akteneinsicht erhalten, beteiligte Personen befragen dürfen und dann Berichte abliefern.
Grote: „Brauchen keine Nachhilfe im Kampf gegen Rechtsextremismus”
Ein PUA sei ungeeignet, um neue Erkenntnisse zu gewinnen, weil sich entscheidende Zeugen in Schweigen hüllen, betonte der SPD-Abgeordnete Sören Schumacher. Hamburg selbst hatte den NSU-Komplex bereits in einem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKA) in 15 Sitzungen und in zehn Sitzungen des Innenausschusses der Bürgerschaft versucht aufzuklären.

SPD-Innensenator Andy Grote nannte den NSU-Komplex eine „bittere Lehrstunde” für die Hamburger Sicherheitsbehörden und entschuldigte sich mit einem Blick zu den anwesenden Angehörigen nochmals für damalige Behördenfehler. Im Jahr 2018 hatte sich die Hamburgische Bürgerschaft ebenfalls stellvertretend entschuldigt. Allerdings betonte Grote auch in Richtung der Linken, dass heute alles ganz anders ablaufe: „Wenn Sicherheitsbehörden und Senat eines nicht brauchen, dann ist es Nachhilfe im Kampf gegen den Rechtsextremismus.”
Grüne verteidigen ihre Entscheidung
Grünen-Fraktionschefin Jenny Jasberg rechtfertigte die Zustimmung zum Zusatzantrag und trennte dabei zwischen Partei und Fraktion. Auch die „Grüne Partei hat sich in der Vergangenheit immer wieder mit genau diesen Fragen befasst und unter anderem eine Aufarbeitung über den PUA gefordert”, sagte Jasberg. Und im nächsten Satz: „Als rot-grüne Koalition haben wir den Kampf gegen Rechtsextremismus fest im Blick.”
Während man sich im Anliegen um weitere Aufklärung sehr einig gewesen sei, habe es unterschiedliche Bewertungen über das nötige Instrument gegeben. Nun habe die Koalition einen „guten Weg” zur Aufarbeitung gefunden. Im Vorfeld hatten die Grünen – auf Anforderung der SPD – offene Fragen gesammelt, die ein PUA hätte beantworten sollen. Viele dieser Fragen sollen nun schon vor der Studie der Öffentlichkeit in Form von schriftlichen Anfragen an den Senat zugänglich gemacht werden.
Linken-Abgeordneter spricht von einer „Schande”
Die Grünen-Abgeordnete Sina Koriath, deren Vater selbst als Gastarbeiter aus der Türkei nach Deutschland gezogen war, weinte während ihrer Rede. Sie resümierte: „Es war damals ein Fehler, dass kein Untersuchungsausschuss eingesetzt wurde. Aber wer heutzutage eine Aufklärung unterstützen will, der unterstützt jede Möglichkeit dazu, der versucht diese wissenschaftliche Aufarbeitung zu ermöglichen.“

Der Linken-Abgeordnete Deniz Celik nannte die Verweigerung eines PUA durch Rot-Grün „eine Schande” und warf Jasberg vor sich „in die Tasche zu lügen”. Auch in den eigenen Reihen gibt es bei den Grünen Verärgerung über die Entscheidung.
Grüne Jugend und eine Abgeordnete sind unzufrieden
„Die wissenschaftliche Aufarbeitung rechter Netzwerke und des NSU-Komplexes wird nicht ausreichen“, teilte Berkay Gür, Landessprecher der Grünen Jugend am Donnerstag mit. Der Untersuchungsausschuss habe „hoheitliche Mittel, Befugnisse und Beweiserhebungsrechte die zur Bekämpfung rechter Netzwerke und zur Aufklärung dieser Taten notwendig bleiben.”
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Innerhalb der Bürgerschaftsfraktion gibt man sich geschlossen, doch offensichtlich sind auch hier nicht alle mit dem Kompromiss einverstanden. Die Wissenschaftssprecherin der Grünen, Miriam Block, sagte die Studie sei ein wichtiger Beitrag zur Aufklärung rechter Netzwerke aber kein Ersatz für einen PUA.
„Deshalb werde ich den Linken-Antrag aus Gewissensgründen nicht ablehnen“, sagte Block vor der Abstimmung. „Aus meiner Sicht ist und bleibt durch Parteitagsbeschluss Grüne Position, dass zu einer ernsthaften Aufklärung rechter Netzwerke eine PUA notwendig wäre.“ Da wird es innerhalb der Partei also noch Gesprächsbedarf geben.