Nachwuchsprobleme bei den Linken: eine Zitterpartie
Hamburgs Linke muss um ihre Zukunft im Hamburger Rathaus bangen. Die internen Parteiquerelen auf Bundesebene, der andauernde Richtungsstreit und die Drohung der umstrittenen Linken-Ikone Sahra Wagenknecht, eine Konkurrenzpartei zu gründen, zieht auch die Linken-Dependance der Hansestadt mit nach unten. Und bei der Bürgerschaftswahl Anfang 2025 hat die Partei noch ein sehr lokales Problem. Aus Altersgründen werden viele ihrer profiliertesten Köpfe nicht mehr antreten, müssen durch politische Nobodys ersetzt werden.
Hamburgs Linke muss um ihre Zukunft im Hamburger Rathaus bangen. Die internen Parteiquerelen auf Bundesebene, der andauernde Richtungsstreit und die Drohung der umstrittenen Linken-Ikone Sahra Wagenknecht, eine Konkurrenzpartei zu gründen, zieht auch die Linken-Dependance der Hansestadt mit nach unten. Und bei der Bürgerschaftswahl Anfang 2025 hat die Partei noch ein sehr lokales Problem. Aus Altersgründen werden viele ihrer profiliertesten Köpfe nicht mehr antreten, müssen durch politische Nobodys ersetzt werden.
Die neueste Umfrage von Infratest-dimap sieht die Linke bundesweit bei vier Prozent und damit klar unter der Fünf-Prozent-Hürde. Bei den Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein sackte die Partei Mitte Mai landesweit gar auf 2,1 Prozent ab und konnte auch im Hamburger Umland nirgends die Drei-Prozent-Marke knacken. Und auch bei der Bremer Bürgerschaftswahl büßte die Partei Stimmen ein, wenn auch nur wenige. Dass sie mit 10,9 Prozent den Einzug in die Bremische Bürgerschaft sicher meisterte, gilt auch in der Hamburger Linken-Zentrale als Hoffnungsschimmer. Denn bei der jüngsten Hamburg-Umfrage erreichte die Partei, die 2020 noch mit 9,1 Prozent sicher in die Bürgerschaft einzog, gerade mal fünf Prozent – nur ein paar Stimmen weniger, und die Partei wäre nicht mehr im Rathaus vertreten.
Bizarre Parteitage auf der einen, gutes Polithandwerk auf der anderen Seite
Die Hamburger Linke rechnet diese Minus-Prognose allein dem Bundestrend zu. Zwar leistet sie sich bizarre Parteitage, bei denen die Vertreter:innen der „Liste Links“ vor jedem Redebeitrag erst einmal ausführlich tote Dichter zitieren und auch schon mal ein bislang männlicher Kandidat einen Frauenlistenplatz begehrt, da er spontan das Geschlecht gewechselt habe, doch bei der Bürgerschaftsfraktion steht seit Jahren solides Politikhandwerk hoch im Kurs. Auch viele Abgeordnete der anderen Parteien, die der Linken inhaltlich nicht nahe stehen, loben die Oppositionsarbeit der Partei. Frei von Skandalen und Fehltritten profiliert sich die Fraktion etwa bei vielen sozialen Fragen, bei der Cum-Ex-Affäre und zuletzt auch beim Klimathema, setzte Rot-Grün bei dem Konflikt um die Einsetzung eines NSU-Untersuchungsausschusses gerade gewaltig unter Druck.
Doch bei vielen der PolitikerInnen, die die Konkurrenz heute noch ausdrücklich lobt, stehen die Zeichen auf Abschied. Die Bürgerschaftsfraktion der Linken steht vor einem Generationswechsel, droht ihr Gesicht zu verlieren. Vier besonders profilierte Abgeordnete werden aus Altersgründen zur Bürgerschaftswahl Anfang 2025 nicht mehr antreten: Die Co-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus (66), sowie die Bürgerschafts-Urgesteine Norbert Hackbusch (68) und Heike Sudmann (61), beide schon in den 90er Jahren für die Hamburger Grünen im Parlament, wollen nicht wieder kandidieren. Und auch die flüchtlingspolitische Sprecherin, Carola Ensslen (61) wird wohl der nächsten Linken-Fraktion nicht mehr angehören.
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Doch genau diese Politiker:innen binden viele Wähler:innen an die Hamburger Linke, die seit Jahren ein eklatantes Nachwuchsproblem hat. Schon 2011 hatte sie von allen fünf Fraktionen mit 48,37 Jahren den allerhöchsten Altersschnitt. Und der ist seitdem weiter gestiegen: Mit einem Altersschnitt von 51,4 Jahren stellten die im Februar 2020 gewählten Linken-Politiker:innen erneut die älteste Fraktion im Rathaus.
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Die Lücke, die die „Alten“ hinterlassen, ist nur schwer zu füllen. Von der jüngeren Generation hat nur Co-Fraktionschefin Cansu Özdemir (34) derzeit das Format und die politische Erfahrung für die erste Reihe. Die Deutsch-Kurdin ist der Star des Fraktionsensembles, fungierte in Umfragen vor der letzten Hamburg-Wahl als beliebteste Oppositionspolitikerin der Stadt. Andere jüngere, wenn auch nicht mehr blutjunge Abgeordnete wie Deniz Celik (44) und David Stopp (39), bewegen sich auf der parlamentarischen Bühne zwar recht sicher und gelten als ambitioniert, doch das allein dürfte nicht reichen, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen.
„Es wird einen Bruch geben, aber wir haben richtig gute junge Leute, die auf dem Sprung sind“, übt sich Pressesprecher Ralf Dorschel in Optimismus und zählt diverse Namen auf, die den meisten Hamburger:innen gänzlich unbekannt sind. Der bevorstehende Generationswechsel, er wäre für die Linke eine Chance, sich personell und auch inhaltlich zu erneuern, wäre da nicht das Damoklesschwert der Fünf-Prozent-Hürde. Mit neuem, noch weitgehend unbekannten Personal anzutreten und gleichzeitig den negativen Bundestrend auszuhebeln – genau das ist die Herausforderung für die runderneuerte Linke im nächsten Bürgerschaftswahlkampf.