Kein Brötchen-Buffet – da weiß die CDU, dass etwas im Busch ist
Die Eimsbüttler CDU-Bezirksfraktion tagt am Sonntagvormittag, da wissen die Grünen schon längst, dass es am Abend knallen wird. Während die Unionsleute bei ihrer Fraktionsklausur besprechen, welche Anträge sie in naher Zukunft gerne einbringen wollen, bereitet die Ökopartei bereits den Exit vor. Einige Stunden später ist grün-schwarz in Eimsbüttel Geschichte.
Doch zurück zum Anfang. Zunächst lief es nach Aussagen von Beteiligten wohl gar nicht schlecht zwischen den eher ungleichen Koalitionspartnern. Im Jahr 2019 hatten sich die beiden Parteien unter grüner Führung in Eimsbüttel zusammengeschlossen. Doch nach anfänglicher Euphorie bekam die Beziehung schon bald Risse.
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Die grün-schwarze Koalition im Hamburger Bezirk Eimsbüttel ist Geschichte. Die Grünen erklärten sie am Sonntagabend für gescheitert. Ganz so plötzlich wie dieser Schritt erscheinen mag, geschah er wohl nicht. Die Zusammenarbeit stand von Beginn an unter schwierigen Vorzeichen.
Die Eimsbüttler CDU-Bezirksfraktion tagt am Sonntagvormittag, da wissen die Grünen schon längst, dass es am Abend knallen wird. Während die Unionsleute bei ihrer Fraktionsklausur besprechen, welche Anträge sie in naher Zukunft gerne einbringen wollen, bereitet die Ökopartei bereits den Exit vor. Einige Stunden später ist grün-schwarz in Eimsbüttel Geschichte.
Eimsbüttel: Grün-Schwarze Koalition begann mit Eklat
Doch zurück zum Anfang. Zunächst lief es nach Aussagen von Beteiligten wohl gar nicht schlecht zwischen den eher ungleichen Koalitionspartnern. Im Jahr 2019 hatten sich die beiden Parteien unter grüner Führung in Eimsbüttel zusammengeschlossen. Doch nach anfänglicher Euphorie bekam die Beziehung schon bald Risse.
Zweimal versuchte die Koalition ihre grüne Kandidatin Katja Husen an die Spitze des Bezirksamts zu setzen. Obwohl die beiden Parteien insgesamt über 28 Mandate verfügen, reichte es nie für die erforderliche Mehrheit von 26 Stimmen. Das ist in etwa so, als wenn die Ampel-Parteien auf Bundesebene Olaf Scholz bei der Kanzlerwahl durchfallen lassen würden. Bis heute wird das Bezirksamt vom SPDler Kay Gätgens geführt.
Doch der Frust wuchs über die Zeit laut grünen Beteiligten zunehmend – und führte letztlich zum Koalitionsbruch. Die CDU widerspricht und beteuert, das alles nicht kommen gesehen zu haben. Längst ist eine Deutungsschlacht über die wahren Gründe des Scheiterns entbrannt.
So begründen die Grünen das Aus der Koalition
Die Version der Grünen geht so: Mit den Christdemokraten sei einfach keine seriöse Zusammenarbeit möglich, Absprachen seien nicht eingehalten worden. Das habe sich über Monate hingezogen. Ein jüngstes Beispiel, das die Verweigerungshaltung der CDU widerspiegelt: Einem gemeinsamen Antrag in der Bezirksversammlung zur Vereinheitlichung von Namensschildern (!) der Abgeordneten (fortan hätte man auf das Herr oder Frau vor dem Namen verzichten können), habe die CDU plötzlich doch nicht mehr zustimmen wollen. Drei Abgeordnete der CDU hätten dann bei der Abstimmung die Bezirksversammlung einfach verlassen.
Das Problem soll laut Grünen daher rühren, dass die CDU-Fraktion zwischen dem liberalen und rechts-konservativen Lager zerstritten sei. Mit dem rechts-konservativen Lager, zu dem der neue CDU-Kreisvorsitzende Philipp Heißner gezählt wird, sei es ganz besonders schwierig. Der grüne Co-Fraktionschef Ali Mir Agha beklagte gegenüber der MOPO „mangelnde Geschlossenheit innerhalb der CDU“. „Dadurch mussten wir uns eingestehen, dass wir mit diesem Projekt gescheitert sind.“
CDU widerspricht Darstellung der Grünen
Vorwürfe, die die Christdemokraten vehement zurückweisen. Als die CDU-Delegation am Abend zur regelmäßigen informellen Koalitionsrunde in der Grünen-Geschäftsstelle mit den besten Absichten aufgetaucht sei, habe man schnell gewusst, dass etwas im Busch sei, berichtet ein Teilnehmer. Sonst habe es nämlich immer Brötchen gegeben, dieses Mal hatten die grünen Gastgeber jedoch auf Verpflegung verzichtet.
Die Reaktionen auf den Bruch reichen von Enttäuschung bis Wut. „Die Begründung der Grünen ist eine völlig unglaubwürdige Nebelkerze“, sagte Kreischef Philipp Heißner (CDU) der MOPO. Ein einziges Mal in den letzten Monaten seien die Grünen auf Ebene der Parteivorsitzenden auf ihn zugekommen, weil es ein Problem mit der Abstimmung zu einem Antrag gegeben habe. Kurz darauf habe man das Problem aus der Welt geschafft. „Seitdem kam kein Anruf mehr“. Sicherlich sei nicht jeder Antrag geräuschlos durchgegangen, das gehöre aber in jeder Koalition dazu. Spricht man mit verschiedenen Politiker:innen der CDU, ist man dort ohnehin der Meinung, den Grünen in der Koalition bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus entgegengekommen zu sein.
CDU weiß nicht, warum die Grünen sie nicht mehr wollen
Dass die Grünen trotzdem die Koalition aufgekündigt haben, kann man sich nicht so recht erklären. Einige mutmaßen, dass man die CDU nun, wo auf Bundesebene schwarz-grün nicht mehr Thema sei, auch im Bezirk fallen lassen könne. Ebenfalls wird darauf verwiesen, dass zuletzt wegen eines Fraktionsaustritts bei den Grünen die Mehrheitsverhältnisse fragiler geworden seien. Vielleicht habe das die Grünen nervös gemacht. Mutmaßungen, denen die Grünen natürlich widersprechen.
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Ein wenig steht der Erzählung der CDU allerdings entgegens, dass selbst den Oppositionsparteien die Disharmonie der Koalition aufgefallen sein will. „Es war sehr belastend zu erleben, wie eine CDU-Minderheit kontinuierlich die Arbeitsatmosphäre in der Eimsbüttler Bezirksversammlung torpedierte“, sagte Mikey Kleinert, Sprecher der Linksfraktion in Eimsbüttel. Die SPD vermisste laut ihrem Chef Milan Pein ein gemeinsames Fundament der nun geschiedenen Koalitionäre.
Wie geht es jetzt in Eimsbüttel weiter?
Es könnte aber trotz des Polit-Bebens sein, dass sich nun erst mal gar nicht so viel in der konkreten Politik ändert. Die Grünen wollen in Form wechselnder Mehrheiten die parlamentarische Arbeit künftig moderieren. „Wir werden hierfür das Gespräch mit SPD, Linken und FDP, jedoch auch weiterhin mit der CDU suchen“, so Co-Fraktionschef Agha.
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In jedem Fall: Der Koalitionsbruch nützt so richtig keiner der beiden Parteien. Die Grünen haben ein gewaltiges Interesse daran, sich als Regierungspartei in Hamburg zu profilieren und sich als Alternative zur SPD zu präsentieren. Die CDU wiederum ist auf jeden Funken Macht in dieser Stadt angewiesen – wenn es schon in der Bürgerschaft nur für die Opposition reicht.