Sicherere Züge, Abschiebungen, Überwachung: Hamburg greift nach Messermorden durch
Taten wie der Messerattacke im Zug bei Brokstedt will der Hamburger Senat in Zukunft besser vorbeugen. Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) und Innensenator Andy Grote (SPD) haben deshalb am Mittwoch ein Maßnahmenpaket vorgestellt. Erstmals sagte Gallina auch öffentlich, an welchen Stellen im Justizsystem Fehler in Zukunft vermieden werden müssen. Auch in Zügen und an Bahnhöfen soll sich jetzt einiges ändern.
Taten wie der Messerattacke im Zug bei Brokstedt will der Hamburger Senat in Zukunft besser vorbeugen. Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) und Innensenator Andy Grote (SPD) haben deshalb am Mittwoch ein Maßnahmenpaket vorgestellt. Erstmals sagte Gallina auch öffentlich, an welchen Stellen im Justizsystem Fehler in Zukunft vermieden werden müssen. Auch in Zügen und an Bahnhöfen soll sich jetzt einiges ändern.
„Auch wenn die Aufarbeitung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, haben wir wichtige Maßnahmen bereits identifiziert“, sagte Gallina eingangs. Und erstmals gab sie deutlich zu: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass hier keine Fehler gemacht wurden.”
Maßnahmenpaket für Hamburgs Justizsystem
Gallina sagte, sie habe immer nur darauf hingewiesen, dass Hamburg keine Alternative zur Entlassung von Ibrahim A. gehabt habe und sich ansonsten rechtswidrig verhalten hätte. Allerdings gebe es einige Standards, vor allem in der Behandlung von Untersuchungsgefangen, die schon immer so waren und nun überprüft werden. Erste Ergebnisse finden sich im neuen Maßnahmenpaket.
Vor allem geht es um Verbesserungen in der Bewertung und Unterstützung von Untersuchungsgefangenen. Diese Sofortmaßnahmen sind geplant:
Justizvollzug, Sicherheitsbehörde, Staatsanwaltschaft, Ausländerbehörde und soziale Einrichtungen sollen Fälle gemeinsam bewerten, um bei Gefahren frühzeitig Präventionsmaßnahmen einleiten zu können.
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Außerdem sollen die Mitteilungspflichten zwischen den einzelnen Institutionen und Behörden „klarer und einfacher“ werden, so Gallina. Zusätzlich sind dokumentierte Übergangsgespräche in der Untersuchungshaft geplant, um Hilfen nach der Entlassung aufzuzeigen.
Grote: Rückführung wäre „größte Chance“ gewesen
Weiterhin soll das Risikomanagement der Gefangenen verbessert werden sowie das länderübergreifende Rückführungsmanagement. Schon in der Haft soll geprüft werden, ob und wie eine Rückführung möglich ist. „Das wäre wahrscheinlich hier die größte Chance gewesen, den Geschehnisablauf noch zu verändern“, so Grote.

Die Untersuchungsgefangenen sollen allerdings auch schon in der Haft Unterstützung durch die Einführung von Übergangscoachings, die Einrichtung einer psychiatrischen Kurzzeitstation und einer Optimierung des Hamburgischen Resozialisierungs- und Opfergesetzes erhalten.
Hamburg: Mehr Videoüberwachung an Bahnhöfen und in Zügen
Der Senat will sich zudem um eine verbesserte Sicherheit in Zügen und an Bahnhöfen kümmern. Grote kündigte an, sich im Bund für eine verstärkte Videoüberwachung in Regional- und Fernzügen einzusetzen. Außerdem prüfe man die Einführung einer Warnfunktion für die Videoüberwachung, wenn auffälliges Verhalten sichtbar wird wie taumelnde oder aggressive Menschen.
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In Abstimmung mit der Bundespolizei soll zusätzlich eine Ausweitung des Waffenverbots in Zügen und an Bahnhöfen geprüft werden. Polizisten in Zivil sollen zusätzlich genauso wie uniformierte Polizisten kostenfrei im Nah- und Fernverkehr fahren dürfen, wenn sie ihre Waffe und den Dienstausweis bei sich tragen.
Die Messerattacke von Brokstedt – zwei Tote
Der 33 Jahre alte Palästinenser Ibrahim A. soll am 25. Januar mit einem Messer auf andere Fahrgäste des Regionalzugs eingestochen haben. Zwei junge Menschen starben, fünf weitere wurden verletzt. Ibrahim A. war erst wenige Tage zuvor aus Hamburger Untersuchungshaft entlassen worden, wo er wegen eines anderen Messerangriffs gesessen hatte. Zuvor hatte Ibrahim A. bereits in verschiedenen Bundesländern gelebt, wo er teils ebenfalls durch Straftaten auffällig wurde.
Während seiner Haft in Hamburg soll er sich mit dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, verglichen haben. Zudem hatte er psychische Probleme und wurde mit dem Drogenersatzstoff Methadon behandelt. Psychologische Gutachter in der Untersuchungshaft sahen allerdings keine Gefährdung durch Ibrahim A. für sich oder die Allgemeinheit.
Über die Kommunikation zwischen Hamburg und den Behörden in seinem letzten Wohnort Schleswig-Holstein, gibt es zudem Unklarheiten über die verschiedenen Zuständigkeiten und verschwundene Mails. Die Opposition in Hamburg erhob daher in der Vergangenheit mehrfach Rücktrittsforderungen gegen Justizsenatorin Anna Gallina.