CDU-Machtkampf mit Ploß nach Kruse-Debakel: Schulterschluss in letzter Minute
Der CDU-Landesvorstand kittet notdürftig den parteiinternen Machtkampf nach dem von Parteichef Christoph Ploß durchgepeitschten Eintritt von Ex-AfD-Chef Jörn Kruse. Ein Formelkompromiss verhindert den Gesichtsverlust.
Am Ende waren alle einer Meinung. Einstimmig verabschiedete der CDU-Landesvorstand am Montagabend in einer Krisensitzung einen Antrag, in dem es heißt: „Aufnahmegesuche von Personen, die als ehemalige Mitglieder der AfD (…) bekannt sind, werden dem Landesvorstand frühestmöglich vorgelegt, so dass ein Einspruch in der dafür vorgesehenen Frist möglich ist“.
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Der CDU-Landesvorstand kittet notdürftig den parteiinternen Machtkampf nach dem von Parteichef Christoph Ploß durchgepeitschten Eintritt von Ex-AfD-Chef Jörn Kruse. Ein Formelkompromiss verhindert den Gesichtsverlust.
Am Ende waren alle einer Meinung. Einstimmig verabschiedete der CDU-Landesvorstand am Montagabend in einer Krisensitzung einen Antrag, in dem es heißt: „Aufnahmegesuche von Personen, die als ehemalige Mitglieder der AfD (…) bekannt sind, werden dem Landesvorstand frühestmöglich vorgelegt, so dass ein Einspruch in der dafür vorgesehenen Frist möglich ist“.
Christoph Ploß hatte Jörn Kruse als CDU-Mitglied aufgenommen
Damit missbilligte der Landesvorstand faktisch den Alleingang von Parteichef Christoph Ploß, der den früheren Hamburger AfD-Chef Jörn Kruse in dem von ihm geführten Kreisverband Hamburg-Nord vergangene Woche als Mitglied aufgenommen hatte, ohne den Landesvorstand darüber zuvor zu informieren.
In dem von Fraktionschef Dennis Thering federführend formulierten und von Ploß ebenfalls unterzeichneten Antrag spricht sich die Hamburger CDU ebenfalls „gegen die Aufnahme von ehemaligen Mandatsträgern aus der AfD“, die sich noch in jüngster Vergangenheit dort engagiert haben, was auf Kruse nicht zutrifft. Mit dem gemeinsamen Antrag kitteten Thering und sein Mentor Ploß auch das Zerwürfnis, das es zwischen beiden wegen der Aufnahme Kruses gegeben hatte.
Beide hatten sich nach Kruses Parteieintritt gegenseitig „Illoyalität“ vorgeworfen. Während Ploß Thering übelnahm, dass dieser ihm „in den Rücken gefallen sei“, weil er die Aufnahme Kruses zuerst in der MOPO offen kritisiert hatte, war Thering stinksauer, dass Ploß die Partei nicht vorher über die Aufnahme Kruses informiert und diese im Landesvorstand abgesegnet hatte. Um die parteiinterne Krise zu überwinden, rauften sich am gestrigen Montag Thering und Ploß schließlich zusammen. Thering formulierte den Formelkompromiss, der Ploß seine Grenzen aufzeigt, ihn aber nicht komplett öffentlich demontiert und damit eine Zerreißprobe für die CDU in letzter Minute abwendet. Noch in der Nacht formulierten die beiden CDU-Spitzenpolitiker eine gemeinsame Presseerklärung, die alle Seiten als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen lässt.
Ärger über Ploß und dessen populistischen Rechtskurs
Durch die Aufnahme Kruses hatte sich das parteiinterne Murren über Ploß, dessen populistischer Rechtskurs vielen CDU-Mitgliedern ein Dorn im Auge ist, innerhalb weniger Tage zum offenen Machtkampf verwandelt. Die Partei ist gespalten wie seit Jahren nicht mehr. Noch trauen sich viele Ploß-Kritiker:innen nicht aus der Deckung, weil Ploß, so ein hochrangiger CDU-Politiker, „dafür bekannt ist, mit eisernem Besen“ gegen all diejenigen vorzugehen, die ihm die Gefolgschaft verweigern. Auch Mitglieder der Altonaer CDU berichten, sie seien aufgrund ihrer Kritik an Ploß parteiintern angegangen und als „Nestbeschmutzer“ beschimpft worden.
Einen Klartext-Antrag des Altonaer CDU-Kreisvorstands, der als volle Breitseite gegen Ploß interpretiert werden darf, zog dieser schließlich auf der Landesvorstands-Sitzung zurück, um den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Das Altonaer Papier konstatierte „eine Unvereinbarkeit zwischen der CDU und ehemaligen Mandatsträgern der `Alternative für Deutschland´“. Kruse hätte danach wieder aus der Partei ausgeschlossen werden müssen. Ein „offener Brief“ mehrerer Mitglieder des CDU-Ortsvorstandes Eppendorf/Hoheluft, der eine „rechtliche Prüfung“ des Aufnahmeverfahrens Kruses „bei der parteiinternen Gerichtsbarkeit“ fordert, wurde im CDU-Vorstand nur zur Kenntnis genommen.
Friedrich Merz soll Ploß politische Instinktlosigkeit vorgeworfen haben
Auch wenn Ploß die eigene Demontage noch einmal abwenden konnte, waren es nur noch wenige Parteifreunde, die ihn in der Debatte um Kruse stützten. Zu den auserlesenen Unterstützern gehörten der Bundestagsabgeordnete und Kreischef der CDU-Mitte Christoph de Vries und der inzwischen 78-jährige Ex-Parteichef Dirk Fischer, der den Kruse-Parteieintritt eingefädelt haben soll, sonst aber kaum noch Einfluss in der Partei hat.
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Dagegen bleibt das Verhältnis von Ploß und Thering trotz des demonstrativen Schulterschlusses angespannt. Und selbst Ploß-Förderer Friedrich Merz, so berichten mehrere CDU-interne Quellen, soll seinem Zögling kräftig den Kopf gewaschen und ihm aufgrund seines Kruse-Alleingangs politische Instinktlosigkeit vorgeworfen haben. Auch wenn sich Ploß nach dem Kruse-Debakel – auch mangels Alternativen – als Parteichef halten kann, so ist er doch merklich angezählt.