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  • Katharina Fegebank (Bündnis90/Die Grünen) bei den Koalitionsverhandlungen von SPD und Grünen.
  • Foto: picture alliance/dpa

Kritik an Koalitionsverhandlung: Parteienforscher: Abrechnung mit Hamburgs Grünen

„Den Grünen fehlt eine Siegtrophäe, ein Thema, das sie sich wie einen Federbusch an den Kopf heften könnten“ – so äußert sich der Hamburger Parteienforscher Elmar Wiesendahl zu den abgeschlossenen Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen und SPD. Die Grünen hätten sich zu wenig gegen die SPD durchgesetzt. Dabei spiele auch die Corona-Krise eine Rolle.

Drei Monate nach der Bürgerschaftswahl sind die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grüne abgeschlossen. „Mein Eindruck ist, dass die SPD mit ihrem Kapellmeister Tschentscher die Melodie vorgibt und die Grünen liefern so ein paar Noten dazu, aber sind nicht gleichwertig in diesem Spiel“, sagte der Parteienforscher und frühere Professor der Universität der Bundeswehr, Elmar Wiesendahl. Eine deutliche Kritik!

Hamburg: Viele Kompromisse der Grünen

Der große Paradigmenwechsel zur grünen Fußgänger- und Fahrradstadt lasse sich mit den Ergebnissen nur in mühsamen, kleinen Schritten realisieren. Denn gleich mehrere Forderungen der Grünen, wie den Baustopp der Hafenautobahn A26-Ost, die Entkriminalisierung von Schwarzfahrern oder die Legalisierung von Cannabis sind im Sand verlaufen – überall hätten die Grünen Kompromisse gemacht. „Sie setzen nach dem Prinzip Weiter so den Kurs fort, der schon vor den Wahlen eingeschlagen wurde“, sagte der 75-Jährige.

Corona-Krise schadet Grünen

Das könnte vor allem an der Corona-Krise liegen, aber auch am Wahlkampf selbst. „Ende Januar gab es praktisch noch einen Gleichstand“, sagte er. Dann seien die Grünen abgesackt und die SPD habe einen enormen Zulauf bekommen und auf 39 Prozent gekommen. Das Wahlergebnis der Grünen mit 24,2 Prozent reiche nicht, um Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) „Paroli zu bieten“.

„Diese sich schon am Wahlabend abzeichnende Kluft ist durch die Corona-Krise noch mal verstärkt worden. Das ist die Stunde der Exekutive – allerdings in der Person des Ersten Bürgermeisters“, sagte der Hamburger Parteienforscher. „Dessen politisches Kapital wurde auch dadurch erhöht, dass er selbst Arzt ist und so umso mehr mit diesem Vertrauenspolster in die Hamburger Gesellschaft hineinwirken konnte.“ Dem hätten die Grünen nichts entgegenhalten können. „Auch mit ihren Senatssitzen gerieten sie in eine Nebenstellung – und das schlug durch hin bis zu den Koalitionsverhandlungen.“

Einigung auf Ressortverteilung

In der Ressortverteilung haben die Grünen immerhin eines ihrer Ziele  erreicht – übernehmen nun die Verkehrsbehörde, die künftig unter dem Namen „Verkehr und Mobilität“ fungieren und vom bisherigen Fraktionsvorsitzenden Anjes Tjarks geführt werden soll. Diese wird deshalb von der Wirtschaftsbehörde getrennt.

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Auch die Ressorts Wissenschaft, Justiz und Umwelt sollen von den Grünen im Senat besetzt werden – nur vier von eigentlich fünf gewünschten Senatorenposten. Allerdings haben diese nun deutlich mehr Gewicht, da die Kompetenzen der einzelnen Behörden erweitert werden. Katharina Fegebank bleibt Wissenschaftssenatorin, Jens Kerstan behält die Umweltbehörde. Till Steffen muss seinen Justizsenatoren-Posten räumen, diesen an Anna Gallina abgeben, so der Grünen-Plan.

NDR: Gesundheitsbehörde soll aufgelöst werden

In den Händen der SPD bleiben die Behörden Finanzen, Innen, Bildung, Stadtentwicklung, Wirtschaft und Kultur. Der Bereich Gesundheit wird bei der von der SPD geführten Sozialbehörde angesiedelt. Die Gesundheitsbehörde soll aufgelöst werden.

Anfang Juni soll der Koalitionsvertrag vorliegen. Wenn beide Parteien dem Vertrag zustimmen, könnte Bürgermeister Tschentscher am 10. Juni von der Bürgerschaft wiedergewählt werden. (dpa/lmr)

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