Stefan Hensel ist Hamburgs Antisemitismusbeauftragter – nun wurde er Opfer eines judenfeindlichen Übergriffs.

Stefan Hensel ist Hamburgs Antisemitismusbeauftragter – nun wurde er Opfer eines judenfeindlichen Übergriffs. Foto: picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Judenfeindlicher Übergriff auf Hamburgs Antisemitismusbeauftragten

Stefan Hensel fuhr mit seiner Tochter durch Hamburg, als er Opfer eines Übergriffs wurde: Der Staatsschutz der Polizei ermittelt gegen einen 57-Jährigen.

Ausgerechnet Hamburgs Antisemitismusbeauftragter ist anscheinend Opfer eines judenfeindlichen Übergriffs geworden. Stefan Hensel schilderte den Vorfall, der am 25. Mai passiert sein soll, der „Bild“-Zeitung: Der 45-Jährige sei am Sonntagabend gegen 19 Uhr mit seiner Tochter auf dem Heimweg vom Schwimmbad gewesen und habe gerade den israelischen Pop-Hit „Tamid Ohev Oti“ (zu Deutsch: Gott liebt mich immer) abgespielt, als er an einer roten Ampel vor dem Dammtor-Bahnhof stoppen musste.

Neben ihm, so Hensel weiter, habe ein blauer Kastenwagen gestanden. Dessen Fahrer habe begonnen, Hensel wüst zu beschimpfen, ihn „Kindermörder“ und „Scheiß-Israeli“ genannt, weil er wohl erkannt habe, dass es sich um einen Song auf Hebräisch handelte. Auch als die Ampel auf Grün sprang und Hensel versucht habe, wegzufahren, sei der Mann neben ihm geblieben, soll sogar versucht haben, ihn abzudrängen.

Antisemitischer Übergriff: Hensel ist „schockiert und entsetzt“

Die Besatzung eines Funkstreifenwagens, der zufällig vor Ort war, machte dem Streit ein Ende. Wie die Polizei auf MOPO-Anfrage mitteilt, werde gegen einen 57-Jährigen Jordanier ermittelt. „Aufgrund des Verdachts der mutmaßlich politisch motivierten Beleidigung und Nötigung wird das Ermittlungsverfahren nun beim Staatsschutz des Landeskriminalamts geführt“, so Polizeisprecher Sören Zimbal.



Gegenüber der „Bild“ sagte Hensel: „Ich bin schockiert und entsetzt über die aggressive Reaktion des Täters – ausgelöst allein durch ein hebräisches Lied. Das zeigt auf erschreckende Weise, wie weit dieser aufgeheizte, islamistische Antisemitismus geht: Er kann jeden treffen, der jüdisch ist oder einfach hebräische Musik hört. Das ist aus meiner Sicht zentral für die Bewertung der Tat.“

Antisemitischer Übergriff: Hamburger Politik reagiert entsetzt

Aus der Hamburger Politik kommen unisono entsetzte Reaktionen, verbunden mit großer Solidarität: Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagt über die Attacke: „Der Angriff auf den Antisemitismusbeauftragten des Senats ist eine weitere schwere Straftat in einer Serie zunehmender antisemitischer Vorfälle seit 2023. Das ist erschreckend und beschämend angesichts der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber Israel und dem jüdischen Leben in unserem Land. Der Senat steht eng an der Seite der jüdischen Gemeinden und setzt sich dafür ein, das jüdische Leben in Hamburg zu stärken und zu schützen.“

Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) ergänzt: „Der Angriff auf Stefan Hensel ist ein erschreckendes Beispiel für den leider zunehmenden Antisemitismus, den Jüdinnen und Juden in unserem Land erleben müssen. Stefan Hensel, seiner Familie und allen, die Ähnliches erleben, gilt meine Solidarität und Mitgefühl. Wir dürfen das nicht hinnehmen, ein solches Verhalten ist absolut inakzeptabel und muss strafrechtlich geahndet werden. Klar ist gleichzeitig, dass es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, ganz klare Kante im Kampf gegen jeden Antisemitismus zeigen müssen: Jüdisches Leben gehört zu Hamburg, gehört zu Deutschland. Wir stehen Seite an Seite mit den Jüdinnen und Juden in unserem Land und tragen die politische Verantwortung dafür, dass sie sich sicher fühlen in Deutschland und Hamburg – überall und zu jeder Zeit. Es ist der Antisemitismus, der hier keinen Platz hat.“

Antisemitischer Übergriff „zutiefst erschütternd“

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Dennis Gladiator: „Der widerliche und offenbar antisemitisch motivierte Angriff auf Stefan Hensel und seine Tochter ist zutiefst erschütternd. Wir stehen uneingeschränkt an seiner Seite und verurteilen diesen Akt des Hasses aufs Schärfste. Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft – nicht in Hamburg, nicht in Deutschland, nirgendwo.“

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Die religionspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion Sabine Ritter: „Der Angriff auf Stefan Hensel und seine Tochter macht uns fassungslos – ihnen gilt unsere ganze Solidarität! Gerade die Tatsache, dass der Angriff sich auf offener Straße mitten in der Stadt ereignete, muss uns alle aufrütteln. Er zeigt, dass der Kampf gegen Antisemitismus oberste Priorität haben muss – auch vor dem Hintergrund, dass die Zahl antisemitischer Vorfälle bereits im vergangenen Jahr um 77 Prozent angestiegen ist.“

8627 Fälle von antisemitischen Übergriffen hat der Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) im vergangenen Jahr gezählt. Der Verband betont, dass es eine große Dunkelziffer gebe, weil nur solche Fälle gezählt wurden, die von Betroffenen an Rias gemeldet wurden.

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