Ist das wirklich gerechter? Grüne: Schulen sollen sich Schüler aussuchen
Hamburgs Grüne wollen sich mit eigenen Ideen zur Bildungspolitik in Position bringen – und die haben es in sich: Weiterführende Schulen sollen mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung bekommen und sich einen Teil ihrer Schülerschaft selbst aussuchen können. Wie das funktionieren kann und ob das für alle gerecht ist, darüber hat die MOPO mit Grünen-Landeschefin Maryam Blumenthal gesprochen.
Hamburgs Grüne wollen sich mit eigenen Ideen zur Bildungspolitik in Position bringen – und die haben es in sich: Weiterführende Schulen sollen mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung bekommen und sich einen Teil ihrer Schülerschaft selbst aussuchen können. Wie das funktionieren kann und ob das für alle gerecht ist, darüber hat die MOPO mit Grünen-Landeschefin Maryam Blumenthal gesprochen.
Im Dialog mit den Schulen soll ein „besonderes Anmeldeverfahren“ etabliert werden, in dem die Schulen „einen Teil ihrer Schüler*innen gemäß ihrem eigenen Profil selbst auswählen dürfen“. Das steht im Leitantrag „Gute Bildungspolitik für Hamburg“, über den die Grünen-Landeschefs auf dem Landesausschuss am nächsten Dienstag abstimmen lassen.
Wie können Hamburgs Schüler gerecht verteilt werden?
„Es geht uns vor allem um Bildungsgerechtigkeit“, sagt Blumenthal, die selbst Lehrerin an einer Stadtteilschule ist. „Wenn ich zum Beispiel als Schülerin in Horn wohne, aber auf eine Schule in Volksdorf gehen möchte, weil das Profil mich anspricht, dann sollte ich das auch tun können.“ Bisher sei das schwierig, weil die Schulbehörde zentral die Schulen zuweise nach Kriterien wie Wohnort oder Auslastung.
Familien können in Hamburg drei favorisierte Schulen für ihre Kinder angeben. Die Schulbehörde weist die Kinder dann zu, wobei zu rund 95 Prozent der Erstwunsch laut Schulbehörde erfüllt wird. Blumenthal sagt, dass die meisten auf ihre Wunschschule kommen, liege auch daran, dass sie sich gar nicht erst Gedanken über Schulen in anderen Stadtteilen machten.
Das sollen die Schulen leisten
„Wir wollen die Schulen damit ermuntern, ihr Profil zu schärfen und potenziellen Schüler*innen Angebote zu machen“, sagt Blumenthal. „Deshalb sollen sie selbst einen gewissen Prozentsatz Schülerinnen und Schülern auswählen können, auch wenn diese anhand der Zuweisung durch die Schulbehörde eigentlich keine Möglichkeiten hätten, auf diese Schule zu gehen.“

Wie das Auswahlverfahren an den Schulen aussehen könnte, darauf will sich Blumenthal noch nicht festlegen. Das müsse letztendlich mit den Schulen gemeinsam entschieden werden. Es gehe nicht darum, mit allen potenziellen neuen Schülerinnen und Schülern Gespräche zu führen, das sei auch gar nicht leistbar. „Eine Idee wäre etwa ein entsprechender Vermerk im Anmeldebogen“, sagt Blumenthal.
Blumenthal: „Verteilung wird so gerechter”
Aber ist das wirklich gerecht? Nicht jedes Kind hat immer dieselben Startchancen und Möglichkeiten. Und was ist, wenn plötzlich Kinder, die gern aufs Nachbargymnasium gehen würden, keinen Platz mehr bekommen?
„Es geht nicht darum, dass Schulen sich Schüler*innen mit besonders guten Noten aussuchen, sondern jene, deren Interessen, Bedürfnisse und Stärken zum Profil der Schule passen“, so Blumenthal. Es gehe um ein Verfahren, dass interessenorientiert sei, nicht selektierend. Natürlich würden nicht alle Schülerinnen und Schüler ihren Erstwunsch erfüllt bekommen. „Wie jetzt auch, wird es manchmal dann vielleicht der Zweit- oder Drittwunsch. Aber die Verteilung wird so gerechter“, sagt Blumenthal.
Grüne Idee ist nicht neu
Ganz neu ist die Idee nicht: In der Amtszeit der Grünen-Schulsenatorin Christa Goetsch (2008-2010) gab es einen Versuch mit alternativen Aufnahmeverfahren wie etwa Auswahlgesprächen an 13 weiterführenden Schulen. Der Versuch wurde 2011 während der anschließenden Amtszeit von SPD-Senator Ties Rabe nicht fortgesetzt. Nach Einschätzung der Behörde ergab sich aus der Auswertung des Schulversuchs nicht, dass das bisherige Anmeldeverfahren geändert werden muss.
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Begründet wurde dies damals unter anderem damit, dass mehrere Schulen nicht am Versuch teilgenommen hatten oder währenddessen ausgestiegen waren. Außerdem habe es Kritik von Eltern gegeben. Die Länge des Schulwegs und die gemeinsame Beschulung von Geschwistern, die als Kriterien in der zentralen Vergabe berücksichtigt werden, seien zudem wichtig.