Hamburger Senat verteilt Geschenke in Milliardenhöhe – auch virtuelle
Weihnachtzeit ist Haushaltszeit. Alle zwei Jahre verteilt die Bürgerschaft kurz vor Heiligabend Milliardengeschenke an alle, die staatlicher Hilfe bedürfen. Und während Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) in Vertretung von Knecht Ruprecht die meisten Pakete geschnürt hat, erklären die politischen Parteien, welche weiteren Präsente sie gerne noch auf den Gabentisch legen und wie sie diese bezahlen wollen.
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Weihnachtszeit ist Haushaltszeit. Alle zwei Jahre verteilt die Bürgerschaft kurz vor Heiligabend Milliardengeschenke an alle, die staatlicher Hilfe bedürfen. Und während Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) in Vertretung von Knecht Ruprecht die meisten Pakete geschnürt hat, erklären die politischen Parteien, welche weiteren Präsente sie gerne noch auf den Gabentisch legen und wie sie diese bezahlen wollen.
Die Steuereinnahmen sprudeln wieder, fast scheint es so, als habe es die Pandemie nie gegeben. Der Doppelhaushalt, der am Donnerstag in der Bürgerschaft verabschiedet werden soll, ist mit einem Budget von 37 Milliarden Euro ein Haushalt der Rekorde. Für 2023 stehen knapp 18,3 Milliarden, für 2024 gut 18,8 Milliarden Euro zur Verfügung.
Andreas Dressel gilt als „Möglichmacher“, nicht als Finanzminister, der Sparpakete schnürt und den Rotstift ansetzt. Und so bekommt fast jeder vom Weihnachts-Dressel ein Paket – auch wenn es oft kleiner ausfällt als auf dem Wunschzettel notiert.
Dabei ist der geplante Haushalt schon heute eine Luftbuchung. Schuld daran ist die Inflation, die bei fast zehn Prozent liegt. Dass der Haushalt in dieser Lage gerade mal ein Plus von gut 1,5 Prozent für Tarifsteigerungen in Reserve hält und die hohen Energiekosten nicht wirklich einpreist, ist die Hauptkritik der Opposition an dem Zahlenwerk. Klar ist: Es wird im kommenden Jahr weitere Hilfspakete oder Nachtragshaushalte und damit auch weitere Schulden geben. Zudem dürfte die von den Preissteigerungen ausgelöste Kaufzurückhaltung Vorbote einer Rezession mit Firmenpleiten, Entlassungen und Steuerausfällen sein, die auf der Einnahmenseite des Haushalts ebenfalls noch nicht eingerechnet sind.
Zudem kritisiert die Opposition, dass der Haushalt mit extrem hohen „globalen Minderausgaben“ agiert. Alle Behörden müssen drei Prozent ihres genehmigten Budgets in Eigenregie einsparen. Das soll dazu führen, dass unverbrauchte Gelder am Jahresende nicht noch auf Biegen und Brechen rausgehauen werden. Mehr Flexibilität sollen auf der anderen Seite hohe pauschale Reservetitel für unvorhergesehene Bedarfe erbringen, die ohne parlamentarische Beteiligung ausgegeben werden können. Beides eröffnet zwar notwendige Spielräume im Haushaltsvollzug, unterläuft aber das Budgetrecht der Bürgerschaft, die eigentlich allein darüber bestimmen darf, was wann wo ausgegeben wird.
CDU und Linke verteilen virtuelle Geschenke
Zum Ritual jeder Haushaltsdebatte gehört, dass die Regierungsfraktionen noch ein bisschen Spielgeld bekommen, um ein paar kleine Weihnachtspräsente – diesmal im Wert von 57 Millionen Euro, die aus den Reservefonds kommen – am Fuß des Weihnachtsbaums gut sichtbar zu platzieren. Ein paar Milliönchen mehr für Photovoltaik und Frauenförderung, eine bessere Ausstattung der offenen Jugendarbeit oder auch zur Förderung von Start-ups sollen das politische Profil von SPD und Grünen nachschärfen.
Wesentlich größere, aber – mangels politischer Mehrheit – nur virtuelle Geschenkpakete präsentiert die Opposition, um aufzuzeigen, was sie alles anders und welchen Wählergruppen sie viel üppigere Präsente machen würde. Eine Haushaltsdebatte ist eben auch Wahlkampf. Und so hätte die CDU für 2023/24 gleich 250 Millionen Euro, die Linke gar mehr als drei Milliarden Euro zusätzlich verteilt. Im CDU-Präsentkorb verbergen sich Mittel für die Innere Sicherheit, die Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung, aber auch ein Aktionsprogramm gegen Obdachlosigkeit. Sparen will die Partei vor allem beim städtischen Personal.
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Dagegen würde die Linke gerne Geldgeschenke als „Inflationsprämie“ an Menschen mit kleinem Einkommen und an die SAGA machen, die ihre Gewinne nicht mehr an die Stadt abführen, sondern in niedrige Mieten und verstärkten Neubau von Sozialwohnungen stecken soll. Anders als die CDU, verteilt die Linke gerne Hamburger Erträge aus Steuern (wie der Vermögens- und Übergewinnsteuer oder der Abschaffung der faktischen Nichtbesteuerung von Hapag-Lloyd ), die sie zwar fordert, die aber real gar nicht existieren.
Ob es politisch legitim ist, Steuereinnahmen zu verplanen, die es nicht gibt und die auch nur der Bund, nicht aber Hamburg einführen könnte, darüber lässt sich streiten. Die dahinterstehende Botschaft aber darf allemal platziert werden, solange sich auch in Hamburg die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter öffnet: Ohne einen grundlegenden Umbau des Steuersystems und einen größeren Aderlass der Wohlhabenden wird es keine soziale Gerechtigkeit geben.