Hamburger Senat holt vor Jahresende noch fix zwei Kühe vom Eis
Schnell noch was erledigen, lautet das Mantra der Endjahreszeit, die kurz vor Weihnachten beginnt. Geschenke einpacken, Weihnachtsbaum aussuchen, aber auch noch die Sachen erledigen, die nicht mit ins neue Jahr geschleppt werden sollen. Das gilt auch im Hamburger Rathaus. So versuchte die SPD-geführte Landesregierung in der letzten Arbeitswoche des Jahres noch schnell gleich zwei Kühe vom winterlichen Eis zu bekommen.
Schnell noch was erledigen, lautet das Mantra der Endjahreszeit, die kurz vor Weihnachten beginnt. Geschenke einpacken, Weihnachtsbaum aussuchen, aber auch noch die Sachen erledigen, die nicht mit ins neue Jahr geschleppt werden sollen. Das gilt auch im Hamburger Rathaus. So versuchte die SPD-geführte Landesregierung in der letzten Arbeitswoche des Jahres noch schnell gleich zwei Kühe vom Eis zu bekommen: Die Hafenschlickverklappung und die Bildungspläne für das staatliche Schulsystem.
An beiden Themen hatte sich massiver Protest entzündet: Hamburgs Pläne, den mit schadstoffbelasteten Hafenschlick vor der Vogelschutzinsel Scharhörn, nahe Cuxhaven, abzulagern, war in Niedersachsen auf massive Bedenken gestoßen – bis hin zur Androhung einer Klage gegen Hamburg. Und Schulsenator Ties Rabes (SPD) Bildungsplanentwürfe, hatten die Vereinigungen von Lernenden und Lehrenden, Schulleitungen und Eltern, auf die Barrikaden getrieben. Sie kritisierten ein „Bulimie-Lernen“, wachsenden Leistungsstress, viel zu viel Lernstoff und drohten eine Volksinitiative für ein bessere Bildung an.
Mit der heißen Nadel gestrickt: Bildungs- und Hafenpolitik
Diese Woche nun scheinbar der Durchbruch: Hamburg einigte sich mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein darauf, erst einmal „eine erhöhte Menge von Sediment“ bei Helgoland abzulagern. Hier hatte Hamburg keine neuen Genehmigungen für 2023 beantragt und kann das nun nachholen. Später soll das Baggergut deutlich weiter von der Nordseeküste entfernt verklappt werden. Das ist zwar aufwendig, doch die Sedimente werden dann nicht gleich wieder in die Elbe zurückgespielt. Die umstrittene Verklappung vor Scharhörn ist damit erstmal vom Tisch, was Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) sich sogleich ans Revers heftete.

Bei der Vorstellung seiner neuen Bildungspläne nahm Rabe unterdessen viele Regelungen zurück, die den massiven Protest in den Schulen ausgelöst hatten. Weniger Klausuren, weniger festgeschriebener Lernstoff und mehr Flexibilität für die Lehrer:innen als vorgesehen, lautet das Motto. Auch wenn Rabes Vorschlag für viele seiner Kritiker:innen nur ein „fauler Kompromiss“ ist, den Widerstand hat er damit gespalten. Die angedrohte Volksinitiative wird es voraussichtlich nicht geben. Und da er nicht auf Dauer gegen den Widerstand der gesamten Schullandschaft hätte regieren können, hat Rabe mit seinem Kompromiss auch gleich noch seinen Hintern gerettet.
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Die Probleme des Hafens und der schulischen Bildung lösen die Jahresendbeschlüsse auf Dauer aber nicht. So reden die Kritiker:innen in beiden Fällen von einem unausgegorenen Schnellschuss. Sie können sich aber zugutehalten, das Schlimmste verhindert zu haben: Die Ablagerung vor Scharhön hier, das Bulimie-Lernen dort. Da bleibt alles schön beim Alten. Das Tauziehen gleich starker Kräfte auf der politischen Bühne hat in beiden Fällen ein und dasselbe bewirkt: Nichts bewegt sich in irgendeine Richtung., Stillstand total.
Moderne Bildungspolitik sieht anders aus
Vertan wurde damit die Chance, Schule und Hafen neu zu denken. Wegzugehen von der Prämisse, nur noch mehr Lernstoff hier und noch mehr Fahrrinnentiefe dort stünden für die Bildung und die Hafenpolitik der Zukunft. Das Gegenteil ist der Fall. Eine moderne Schule könnte weniger Leistungsdruck und totes Wissen und stattdessen neue Lernformen, mehr Integration, individualisiertes Lernen und auch mehr Spaß am Unterricht bedeuten – die skandinavischen Länder machen das vor.
Dass die Elbe immer schneller verschlickt, schreit danach, die von Hamburg verworfenen Pläne einer Hafenkooperation mit Wilhelmshaven wieder aufzunehmen Die größten Containerriesen, die sich derzeit die Elbe hochquälen, könnten dann direkt an deren Mündung gelöscht werden. Hapag Lloyd verkündete gerade, verstärkt den Wilhelmshavener JadeWeserPort anzusteuern, um dem Fahrrinnenproblem zu entgehen. Dass der Hamburgs Hafen auf Dauer nicht mehr die angestammte Rolle spielen kann, und Hafenflächen deshalb für Wissenschaft und Innovation zur Verfügung gestellt werden sollten, fordert das „Hamburger Konvent“ unter der Leitung des Ökonomen Henning Vöpel. Doch bislang kommt es damit nicht richtig in die Debatte.
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So bleibt Rabes „Schule von Gestern“ weiter im Angebot und Baggerführer Peter Tschentscher lässt auch 2023 weiter baggern. Und die Grünen, die die Elbvertiefung gerade noch für gescheitert erklärt hatten, und anschließend vor Schadenfreude kaum geradeaus laufen konnten? Sie machen wieder fröhlich mit beim Kreislauf-Baggern und tragen auch die Bildungspläne, die sie eben noch harsch kritisiert haben, in der neuen Fassung mit. So tun die schlechten, weil nicht zukunftsweisenden Ultimo-Beschlüsse, zumindest dem Koalitionsklima gut.