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Hamburgs größtes Gefängnis: die JVA Billwerder.
  • Hamburgs größtes Gefängnis: die JVA Billwerder.
  • Foto: Ulrich Perrey/dpa

Viele Suizide: Der Zoff um die Prävention in Hamburgs Knästen

Zehn Selbsttötungen in Gefängnissen in den Corona-Jahren 2020 und 2021 – für die Hamburger Linke viel zu viele. Die Partei fordert daher eine intensivere Suizidprävention. Laut rot-grünem Senat läuft momentan bereits ein Programm zur Prophylaxe. „In Corona-Zeiten muss mehr getan werden“, so Cansu Özdemir, Justizexpertin der Linken.

Allein in der Untersuchungshaftanstalt am Holstenglacis (Neustadt) habe es im genannten Zeitraum acht Suizide gegeben. „Obwohl sich die Lebensumstände der Gefangenen aufgrund der Pandemie erheblich dramatisiert haben, hat die Justizbehörde keine spezifischen Maßnahmen zur Suizidprävention ergriffen“, sagt Özdemir. Wegen Corona seien Freizeitangebote und Kontaktmöglichkeiten – normalerweise „wesentliche Pfeiler der Suizidprophylaxe“ – fast ganz ausgefallen. Ausgleichende Angebote oder Alternativen habe es laut Özdemir nicht gegeben – dafür Radios.

Hamburg: Linke fordert bessere Suizidprävention in Gefängnissen

Denn aus einer Antwort an den Senat geht hervor, dass „im Sinne der Hafterleichterung (…) alle Hafträume in der Aufnahmequarantäne mit einem Radiogerät ausgestattet“ wurden. Ansonsten würden coronabedingt als Ausgleich für das eingeschränkte Sport- und Freizeitprogramm „in besonderen Fällen“ und zur „Stabilisierung gefährdeter Gefangener“ TV-Geräte zur Verfügung gestellt werden. Gegebenenfalls komme es auch zu einer Arbeitszuweisung.

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Die Maßnahmen treffen bei Özedemir auf Unverständnis: „Insbesondere die psychischen Belastungen, die mit der Aufnahmequarantäne – also der 14-tägigen Isolation zu Haftbeginn – einhergehen, wurden offensichtlich verkannt, wenn die einzige Antwort darauf ist, die Hafträume mit Radios auszustatten.“


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Laut Senat läuft derzeit eine wissenschaftliche Untersuchung aller Todesfälle und Suizidversuche im Hamburgischen Justizvollzug seit 2013, die an eine Studie von 2012 anschließe und erneut auch eine fachliche Bewertung der aktuellen Praxis zur Suizidprävention einbeziehe. Die Linke begrüße, dass das Konzept überarbeitet werde, sagte Özdemir. Jedoch gebe es an anderen Stellen Handlungsbedarf – sie fordert Personalaufstockungen.

Linken-Politikerin Özdemir fordert mehr Psychologen

„Auch die besten Konzepte zur Suizidprävention lassen sich nicht umsetzen, wenn es am qualifizierten Personal fehlt.“ Suizidprophylaxe und psychische Versorgung der Gefangenen gehöre in die Hände von Experten und nicht von Vollzugsbediensteten. Diese sind es momentan, die das Suizidscreening jedes Gefangenen durchführen. Die Haftanstalten müssten dringend mit mehr Psychologen ausgestattet werden, fordert Özdemir. „Es dürfen keine Kosten und Mühen gescheut werden, wenn es um den Schutz des Lebens der Gefangenen geht.“ (dg/dpa)

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