Günstiger, sicherer, chancenlos? Warum wieder über eine Stadtbahn diskutiert wird
Sie ist wie kein anderes Thema der Widergänger der Hamburger Politik: Die Stadtbahn. Wie Kai springt die mehrfach totgesagte Nachfolgerin der Straßenbahn immer wieder aus der Kiste, wenn es beim Ausbau von Bus und Bahn Probleme gibt. Neuester Anlass für das Stadtbahn-Revival: Die Kostenexplosion bei der geplanten Bahnlinie U 5, die nun um 60 Prozent teurer werden soll als bislang geplant. Doch hat das einst von Olaf Scholz ausgebremste Verkehrsprojekt heute noch Chancen?
Sie ist wie kein anderes Thema der Widergänger der Hamburger Politik: Die Stadtbahn. Wie Kai springt die mehrfach totgesagte Nachfolgerin der Straßenbahn immer wieder aus der Kiste, wenn es beim Ausbau von Bus und Bahn Probleme gibt. Neuester Anlass für das Stadtbahn-Revival: Die Kostenexplosion bei der geplanten Bahnlinie U5, die nun um 60 Prozent teurer werden soll als bislang geplant. Doch hat das einst von Olaf Scholz ausgebremste Verkehrsprojekt heute noch Chancen?
Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) reagierte auffallend gleichmütig auf die alte Debatte. Zuerst einmal müsse man, trotz eminenter Kostensteigerung, am Bau der U5 nach Steilshoop und Bramfeld festhalten. Die Verteuerung der Baukosten um gut eine Milliarde Euro sei verkraftbar, da die Unterstützung des Bundes, der 75 Prozent der (Mehr)kosten trage werde, gesichert sei. Stadtbahn statt U5 sei also keine Alternative. Natürlich könne man „irgendwann“ über eine andere Stadtbahn-Linie sprechen, ergänzend zum S- und U-Bahn-System.
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Fast wortgleich äußerte sich Anfang der Woche der grüne Fraktionschef Dominic Lorenzen. Recht unenthusiastisch für eine Partei, die die Stadtbahn jahrzehntelang zum Nonplusultra der Verkehrswende erklärt hat. Denn „irgendwann“ klingt ziemlich nach Sankt-Nimmerlein. Und so haben auch die Sozialdemokraten kein Problem damit, sich der grünen Stellungnahme, die für nichts in die Bresche springt und auch nichts ausschließt, anzuschließen. Im aktuellen rot-grünen Koalitionsvertrag taucht der Begriff „Stadtbahn“ hingegen nicht ein einziges Mal auf.

Nach einem jahrzehntelangen Hickhack um den Ausbau des schienengebundenen Nahverkehrs ist Anjes Tjarks heilfroh, mit der S4-Verlängerung und dem U5-Ausbau endlich mal zwei konkrete Projekte am Start zu haben, die durchgeplant aber auch weitgehend ausfinanziert sind und nun an den Start gehen sollen: Koste es, was es wolle.
Von der CDU ist da im Rathaus kein großer Widerstand zu erwarten – sie verheddert sich seit Jahren bei dem Thema. Sie lehnte ein regionales Stadtbahnnetz für Hamburg zwar stets ab, doch zuletzt wartete 2019 ihr gescheiterter Spitzenkandidat Markus Weinberg mit einem sehr lokalen Stadtbahn-Konzept für den Altonaer Raum auf, das die bessere Anbindung von Schenefeld vorsah. Doch mit Weinberg verschwand auch der kleinformatige christdemokratische Stadtbahntraum von der politischen Bildfläche.
Stadtbahn: Die Linken sind Fan
Neben den Hamburger Naturschutzverbänden goutiert sich allein die Linke als Fanclub der Stadtbahn, recycelt regelmäßig alle bekannten Argumente für ihre Einführung und verschweigt genauso regelmäßig alle Gründe, die dagegen sprechen: Etwa die Gefahr, das betroffene Anwohner:innen gegen jeden einzelnen Streckenabschnitt klagen und den Bau so über viele Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte verzögern könnten. Erst im vergangenen Jahr legte die Partei eine Linienführung zwischen Mundsburg und Kirchdorf-Süd vor, mit 36 Haltestellen zwischen beiden Endpunkten. Die 15 Kilometer lange Stadtbahnlinie könnte nach Vorstellung der Partei etwa da verlaufen, wo heute die Metrobuslinie 13 verläuft, könnte dabei den Nahverkehr in den Hamburger Süden entlasten. Der Plan aber hat ein entscheidendes Problem: Außerhalb der Linken interessiert sich bislang niemand wirklich für ihn.
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Da hilft es auch kaum, dass renommierte Verkehrsforscher:innen wie etwa Philine Gaffron von der Technischen Universität Hamburg es für einen Fehler halten, dass Hamburg die Stadtbahn vor zehn Jahren aus „politischen statt aus fachlichen Gründen“ beerdigt und diesen Beschluss trotz der Notwendigkeit zur Verkehrswende nie wieder korrigiert hat.“ Eine Stadtbahn habe „eine höhere Kapazität als Busse und wird auch als sicherer und komfortabler empfunden“, sie sei auf der anderen Seite billiger und schneller zu realisieren als neue S- und U-Bahn-Strecken. Doch auch damit dringt die Verkehrsexpertin, die auch im Hamburger Klimabeirat sitzt, der den Senat beim Thema Kimaschutz berät, derzeit nicht durch.
So droht die gerade angefachte Stadtbahn-Debatte erneut sanft zu entschlummern, bevor sie überhaupt wieder so richtig in Gange gekommen ist. Verkehrssenator Anjes Tjarks hat ohnehin genug damit zu tun, die eingeleiteten Maßnahmen der Mobilitätswende, vom Radwegeausbau bis hin zur Taktverkürzung im öffentlichen Nahverkehr und eben auch dem U5-Ausbau plangemäß voranzubringen. Die Stadtbahn hat derzeit in Hamburg nur eine kleine Lobby. Zu klein, um sie durchzusetzen.