Gender-Sprache: Wenn die CDU zur Verbotspartei mutiert
Der Vorwurf ist immer derselbe: Wenn die Grünen den Flug- oder Autoverkehr einschränken oder den Fleischkonsum zum Wohle des Klimaschutzes limitieren wollen, werden sie von der CDU zur „Verbotspartei“ abgestempelt, auch wenn sie weder Mallorca-Flüge noch Nackensteaks wirklich verbieten wollen. Doch beim Gendern in der deutschen Sprache setzt die Hamburger CDU jetzt selbst auf Verbote.
Der Vorwurf ist immer derselbe: Wenn die Grünen den Flug- oder Autoverkehr einschränken oder den Fleischkonsum zum Wohle des Klimaschutzes limitieren wollen, werden sie von der CDU zur „Verbotspartei“ abgestempelt, auch wenn sie weder Mallorca-Flüge noch Nackensteaks wirklich verbieten wollen. Doch beim Gendern in der deutschen Sprache setzt die Hamburger CDU jetzt selbst auf Verbote.
Anfang der Woche beschloss ihr Landesvorstand, die „Volksinitiative gegen die Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ tatkräftig zu unterstützen, Unterschriften für sie zu sammeln und ihr die gesamte Infrastruktur der Partei zur Verfügung zu stellen. Und diese Ini fordert, das Gendern in Behördenanschreiben oder im Schulunterricht komplett zu untersagen.
Der Beschluss geht auf Parteichef Christoph Ploß zurück, dessen fanatischer Kreuzzug gegen Binnen-I und Gendersternchen damit einen neuen Höhepunkt findet. Sein Lieblingsthema spielt Ploß mit heißem Herzen und kühlem Kopf – glaubt er doch, die Mehrheit der Wähler:innen auf seiner Seite zu haben. 65 Prozent aller Wahlberechtigten lehnen die Verwendung einer geschlechtsneutralen Sprache in den Medien oder amtlichen Formularen laut einer aktueller Infratest-Dimap-Umfrage eher ab. Und die Ablehnung wächst stetig. Auch wenn sich Frauen, gebildetere und jüngere Menschen dem Gendern gegenüber offener zeigen, sind auch hier die Gender-Befürworter:innen in der Minderheit.

So rechnet sich die Volksinitiative gute Chancen aus, das Genderverbot in allen öffentlichen Einrichtungen durchzusetzen. „Die Abstimmung gewinnen wir“, gibt sich die Frontfrau der Gendergegner:innen, Sabine Mertens, siegessicher. Im ersten Schritt müsste sie 10.000 Unterschriften sammeln, damit sich die Bürgerschaft mit dem Gender-Verbot befasst. Doch das lehnt die rot-grüne Regierungsmehrheit ab: „Wir wollen keine Vorschriften machen, wie jemand sprechen oder schreiben soll“, betont die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne). Lehnt die Bürgerschaft ab, muss die Initiative gut 66.000 Unterschriften sammeln, um einen Volksentscheid zu erzwingen. Dieser könnte parallel zur Bürgerschaftswahl oder zur Bundestagswahl 2025 durchgeführt werden.
Unter der Führung von Ploß kämpft Hamburgs CDU seit Monaten gegen die Sprache mit Sternchen, Unterstrichen oder Doppelpunkten. Der Landesparteitag beschloss vergangenen Juni einen Antrag mit dem Titel: „Für die deutsche Grammatik, gegen Gender-Zwang“. Doch nun, und das stört auch in der CDU nicht wenige, soll ein Genderverbots-Zwang folgen.
Volksinitiative: Genderverbot in öffentlichen Einrichtungen
Dass der Beschluss des Landesvorstands für die Unterstützung der Initiative „einstimmig“ ausfiel, täuscht ein wenig. Zwar riskierte keiner der Anwesenden, Ploß, der Kritiker:innen in den eigenen Reihen so gar nicht schätzt, bei seinem Herzensthema in die Parade zu fahren, aber sechs Enthaltungen geben einen Hinweis darauf, dass die Partei nicht so geschlossen hinter ihrem Vorsitzenden steht, wie dieser es gern hätte.
Eine der sechs, die Ploß ihre Gefolgschaft versagten, ist die Vize-Landesvorsitzende Anke Frieling. Sie sei „kein Freund von Gendersternchen, Doppelpunkten und dem Binnen-I“, betont aber dennoch: „Die Verbotsinitiative sehe ich kritisch. Sprache entwickelt sich permanent weiter, dem wird man mit Verboten nicht beikommen.“
CDU: Mit Genderverbots-Zwang gegen Gender-Zwang?
So sieht das auch die Vize-Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Eppendorf/Hoheluft-Ost, Madeleine Göhring. Für sie ist das Gendern zwar „eine Verhunzung der deutschen Sprache,“, die Volksinitiative werde sie jedoch „nicht aktiv unterstützen“. Göhring: „Es gibt in der CDU sicherlich viele Menschen, die glauben, dass man auf den Vormarsch des Genderns nicht mit dem Verbot, es zu tun, reagieren sollte.“ Hier sei die Initiative mit ihren Forderungen „zu weit gesprungen“.
Dass man sie unterstützen müsse, sei zudem „bislang vor allem die persönliche Meinung des Landesvorsitzenden und kein Parteitagsbeschluss“. „Haben wir denn wirklich keine wichtigeren Themen?“, fragt der Altonaer CDU-Fraktionschef Sven Hielscher, der sich bei der Abstimmung ebenfalls enthielt.
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Dass Ploß und Mertens bei ihrem Feldzug wirklich die Mehrheit der Bevölkerung im Rücken haben, ist dabei nicht ausgemacht. In derselben Umfrage, in der sich 65 Prozent der Befragten gegen das Gendern aussprachen, lehnten 51 Prozent ein Gender-Verbot in öffentlichen Einrichtungen – so wie es die CDU nun vertritt – „eher ab.“ Nur 36 Prozent würden es „eher begrüßen“. Verbotsparteien sind auch bei Gender-Gegner:innen nicht wirklich beliebt.