„Putin ist der Teufel“: So geht es Hamburgs ukrainischer Gemeinde
Hoffen und beten für den Frieden: Überall in Deutschland gehen derzeit Menschen auf die Straße, um ihre Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung auszudrücken. In Hamburg sind am Sonntag die Mitglieder der ukrainisch-katholischen Kirchengemeinde Allerheiligen zum Friedensgebet und einer anschließenden Kundgebung zusammengekommen. Die MOPO war vor Ort.
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Hoffen und beten für den Frieden: Überall in Deutschland gehen derzeit Menschen auf die Straße, um ihre Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung auszudrücken. In Hamburg sind am Sonntag die Mitglieder der ukrainisch-katholischen Kirchengemeinde Allerheiligen zum Friedensgebet und einer anschließenden Kundgebung zusammengekommen. Die MOPO war vor Ort.
Der kleine Gemeindesaal im Stadtteil Neugraben-Fischbek ist am Sonntag um 11 Uhr bis auf den letzten Platz belegt. Einige Gläubige beten sogar im Eingangsbereich mit. Die meisten Anwesenden haben Verwandte und Freunde in der Ukraine. „Putin ist der Teufel“, sagt Pfarrer Pavlo Tsvok in seiner Predigt, den Großteil hält er auf Ukrainisch.
Hamburgs Erzbischof: „Wir stehen an eurer Seite“
Für den deutschen Part ist Hamburgs Erzbischof Stefan Heße zu Gast. Die katholische Kirche will in diesen schweren Zeiten Geschlossenheit demonstrieren. „Heute ist der vierte Tag dieses schrecklichen Krieges. Normalerweise kommen wir Christen am Sonntag zusammen, um zu feiern. Heute ist ein Tag der Trauer und des Schmerzes“, sagt Heße. „Wir stehen an eurer Seite.“ In seiner Predigt gedenkt er auch der Betroffenen vor Ort, der Menschen auf der Flucht, der Frauen, Kinder – und der Toten.
Nach dem Gottesdienst treffen sich die Gemeindemitglieder auf dem Vorplatz zu einer Kundgebung. Viele haben ukrainische Flaggen mitgebracht, einige tragen traditionelle ukrainische Hemden mit bunten Verzierungen. „Eine Freundin von mir ist in Kiew. Ihr Sohn hat Diabetes und es gibt kein Insulin mehr für ihr Kind“, berichtet die Ärztin Oksana Ulan am Mikrofon und versucht dabei, ihre Tränen zurückzuhalten.
Demnächst soll eine Hilfslieferung auf den Weg gebracht werden. Trotz ihrer Sorgen ist die Botschaft von allen Vortragenden eindeutig: Wir sind stark und stolz. Wir lassen uns nicht unterkriegen. In kürzester Zeit hat der Verband der Deutsch-Ukrainischen Organisationen in Deutschland einen Hilfsstab eingerichtet. Hier werden Informationen für Geflüchtete und Helfer:innen sowie Spenden gesammelt.
Zwischen Ohnmacht und Handlungswille
„Ich fühle mich einfach hilflos“, sagt Natalia Drohobyska der MOPO. Ihre Eltern leben zwar in Deutschland, aber ihre restliche Verwandtschaft ist in der Ukraine. Die Sorge um ihre Angehörigen hält die 28-Jährige aus Winterhude manchmal bis in die Morgenstunden wach. Ihr Land zu verlassen, das kommt für die Familie Drohobyska aktuell noch nicht infrage. „Sie sind eben Patrioten“, sagt Natalia.
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Ähnlich geht es auch Olga Lysak aus Poppenbüttel, deren Verwandte sich im Westen der Ukraine befinden. „Ich habe angeboten, dass sie zu uns kommen können, aber sie wollen das Land verteidigen“, sagt sie angespannt. Die 40-Jährige erzählt, dass ihr Bruder jeden Tag in der Stadt unterwegs sei, um den Einsatzkräften vor Ort zu helfen.
Ukrainierin aus Hamburg nimmt Verwandte bei sich auf
Iryna Thater (36) aus Ottensen wartet mit ihrem Mann und den Kindern auf Verwandte aus der Ukraine. Am Montagabend sollen ihre Schwester mit deren Patenkind sowie eine weitere Freundin und deren Tochter in Hamburg ankommen. Die vier Frauen sind mit dem Auto unterwegs nach Deutschland.
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„Bisher gab es in dem Gebiet keine Raketenangriffe“, sagt Thater. „Aber es hat schon einen Alarm gegeben.“ Die 36-Jährige ist Mode-Influencerin und will ihre Reichweite jetzt dafür nutzen, um über den Krieg in ihrem Heimatland zu informieren. „Viele haben Sorge, sich auf den Weg hierher zu machen. Aber ich möchte zeigen, wie es gehen kann und dass es hier sicher ist.“
Unter vielen der Anwesenden herrscht eine innere Zerrissenheit zwischen Hilflosigkeit und Handlungsdrang. Am Ende der Kundgebung machen sie sich gemeinsam Mut, singen die Nationalhymne und rufen „Slava Ukraini“ – „Hoch lebe die Ukraine“.