Die Oper von Klaus-Michael Kühne: Ein Geschenk, das keines ist
Klaus-Michael Kühne will der Stadt gemeinsam mit dem Immobilienmogul René Benko eine spektakuläre neue Oper an der Wasserkante der HafenCity bauen, für die Hamburg dann Miete zahlen soll. Der erwartete Applaus fiel zu seiner Verwunderung spärlich aus und war mit Buh-Rufen unterlegt.
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Klaus-Michael Kühne mag kein Mittelmaß und schon gar nicht zweite Liga. Und so passte es, dass der fußballbegeisterte und kunstbeflissene Logistik-Multimilliardär jetzt den Neubau der Hamburger Staatsoper in der HafenCity auf die politische Tagesordnung setzte, da die alte Oper nahe dem Gänsemarkt „keine Strahlkraft“ habe und akustisch nur Durchschnitt sei. Deshalb wolle er der Stadt gemeinsam mit dem Immobilienmogul René Benko eine spektakuläre neue Oper an der Wasserkante der HafenCity finanzieren und bauen. Verkündete Kühne dem „Spiegel“ und wartete auf Applaus. Der aber fiel zu seiner Verwunderung spärlich aus und war mit Buh-Rufen unterlegt.
Das Angebot hat eine Vorgeschichte: Bereits zweimal traf sich Kühne im vergangenen halben Jahr mit Kultursenator Carsten Brosda, einmal auch mit Bürgermeister Peter Tschentscher (beide SPD), um ihnen seine Pläne zu offerieren. Die beiden SPD-Politiker bedankten sich bei dem Mäzen artig für seine Offerte, verfielen aber nicht in den Begeisterungstaumel, den Kühne sich erhofft hatte.
Das hat Gründe. Kühne will nämlich die neue Oper, die rund 400 Millionen Euro kosten soll, lediglich vorfinanzieren, sie sich dann aber über „Mietkauf“ von der Stadt bezahlen lassen. Zudem möchte er die heutige Oper abreißen, um dort ein „modernes Immobilienprojekt“ zu errichten. Die in den 1950er Jahren gebaute Oper steht aber unter Denkmalschutz.
Um Druck auf die Zögerer im Senat aufzubauen, spielte Kühne seinen Vorschlag nun über die Medien in die Öffentlichkeit – zur Irritation seiner Gesprächspartner. Geschickt spannte er Generalmusikdirektor Kent Nagano, von dem die Idee für den Neubau stammen soll, in seine Presseoffensive mit ein.
Klaus-Michael Kühne will eine neue Oper für Hamburg bauen
Die Reaktion spricht Bände: Weder Brosda noch Tschentscher meldeten sich zunächst persönlich zu Wort, um den Vorschlag nicht aufzuwerten. Um Einigkeit im Senat zu demonstrieren, legte man dem Senatssprecher freundliche, aber bestimmte Worte in den Mund: Für den Mietkauf sei man nicht zu haben, über ein wirkliches Geschenk könne man reden. Die distanzierte Haltung des Senats hat auch Gründe, die in der Person Kühnes zu finden sind.
Der Mann mit dem Vermögen von geschätzt 40-Milliarden-Euro lebt seit 1975 in der Schweiz und hat auch seine Firma dahin verpflanzt, um der deutschen Steuerpflicht zu entgehen. Als Haupteigner von Hapag-Lloyd zahlt er ebenfalls kaum Steuern, weil es eine Quasi-Steuerbefreiung für Reeder gibt. Kühne will nun gefeiert werden, wenn er einen Teil der Milliarden, die er dem Fiskus vorenthält, großzügig in von ihm ausgewählte Projekte steckt.
Milliardär lebt wegen der Steuer in der Schweiz
Zudem liegen die Wurzeln des wirtschaftlichen Aufstiegs von Kühne & Nagel in der Nazi-Zeit, als das Logistik-Unternehmen im Auftrag des Regimes Wohnungen von deportierten Juden und Jüdinnen plünderte und das so gestohlene Inventar gewinnbringend verscherbelte. Anders als andere Unternehmen verweigert sich der Logistik-Riese der Aufarbeitung seiner Firmengeschichte.
Dass Kühne seine Pläne nur mit dem umstrittenen Immobilien-Mogul und Karstadt-Investor René Benko umsetzen will, spricht ebenfalls gegen den Zuschlag. Benko, Multimilliardär wie Kühne, geriet immer wieder mit der Justiz in Konflikt. Zudem hat der Österreicher, der auch den Elbtower bauen soll, viele Objekte in Hamburg – die Stadt könnte durch den Opernbau in eine noch größere Abhängigkeit geraten.
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Mäzenatentum ist mitunter ein sehr eitles Geschäft. Manche Gönner:innen halten es wie Kühne mit der Devise: Tue viel Gutes und rede noch mehr darüber. Zudem beachtet Kühne den Knigge für Mäzene nicht, wenn er Geschenke und Geschäfte miteinander vermischt und sich permanent in die von ihm geförderten Projekte einmischt. Der HSV kann ein Lied davon singen, was es bedeutet, sich auf Kühne als Förderer einzulassen und auf seine Millionen angewiesen zu sein.
Nach Kühnes Medienoffensive ist sein Verhältnis zum Senat abgekühlt. So spricht viel dafür, dass die Oper in der HafenCity ein kühne(r) Traum bleiben wird.