Klima-Proteste: Die Grünen haben ihre eigenen Wurzeln gekappt
Sie geben einfach keine Ruhe. Aktivist:innen der „Letzten Generation“ haben kürzlich erneut die Köhlbrandbrücke besetzt, eine Veranstaltung von Peter Tschentscher in Lohbrügge gestört, die Rathausfassade besprüht. Am Donnerstag brachten sie den Verkehr im Elbtunnel und auf den Elbbrücken zum Erliegen, 22 Aktivist:innen wurden anschließend in Gewahrsam genommen. Wie unartige Kinder bestrafen Hamburgs Politiker:innen die meist jungen Klimaaktivist:innen mit Liebesentzug – warum das vor allem bei den Grünen verwundert.
Sie geben einfach keine Ruhe. Aktivist:innen der „Letzten Generation“ haben kürzlich erneut die Köhlbrandbrücke besetzt, eine Veranstaltung von Peter Tschentscher in Lohbrügge gestört, die Rathausfassade besprüht. Am Donnerstag brachten sie den Verkehr im Elbtunnel und auf den Elbbrücken zum Erliegen, 22 Aktivist:innen wurden anschließend in Gewahrsam genommen. Wie unartige Kinder bestrafen Hamburgs Politiker:innen die meist jungen Klimaaktivist:innen mit Liebesentzug – warum das vor allem bei den Grünen verwundert.
„Wir müssen einfach stören, um deutlich zu machen, dass sich etwas verändern muss“, rechtfertigt die Sprecherin der Gruppe, Katja Schreiner, die aktuellen Aktionen.
Der Gesprächsfaden zwischen Aktivist:innen und der Politik ist abgerissen
Fast gleichlautend reagierten die Parteien – von Grünen bis CDU – auf die Aktionen der Klimaschützer:innen: Die Gruppe gehe „rücksichtslos“ vor, polterte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf und fügte hinzu: „Die Hamburger Politik lässt sich nicht erpressen.“ Nach einem ersten Gespräch der Regierungsfraktionen mit vier Vertreter:innen der Gruppe vor wenigen Tagen ist der Gesprächsfaden abgerissen, das vereinbarte Folgetreffen wurde abgesagt.
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CDU-Chef Dennis Thering befand zudem, die „Letzte Generation“ vergifte das Klima in der Gesellschaft. Auch Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen ging betont auf Distanz: Er sehe derzeit „wenig Möglichkeit für einen weiteren Austausch mit der ,Letzten Generation‘.“

Wie unartige Kinder bestrafen Hamburgs Politiker:innen die meist jungen Klimaaktivist:innen mit Liebesentzug. Da hagelt es Strafanträge und Ingewahrsamnahmen – wobei auch die Exekutive es mit Recht und Gesetz nicht so genau nimmt. Gleich dreimal kassierten Hamburger Gerichte zuletzt rechtswidrige Haftbefehle gegen Aktivist:innen der Gruppe, die von der Polizei schon vor ihren Kundgebungen in „Präventivhaft“ gesteckt wurden, wieder ein.
Die Grünen scheinen die eigenen Anfänge zu verdrängen
Dass im Kanon der Empörten die Tonlage der Grünen kaum von der der CDU zu unterscheiden ist, darf verwundern. Die Partei hat ihre eigenen Wurzeln gekappt. Anfang der 1980er Jahre gingen die Grünen aus einem Straßenprotest hervor, der sich den zivilen Ungehorsam als probates Mittel des politischen Widerstands auf die Fahnen geschrieben hatte.
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Die Besetzung des späteren Atomzwischenlagers Gorleben und der geplanten Startbahn West am Frankfurter Flughafen folgten ebenso wie die Blockaden des Atomwaffenlagers Mutlangen dem Wahlspruch der Bewegung: Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht. Sachbeschädigungen, Nötigungen und Widerstandshandlungen gehörten zum selbstverständlichen Repertoire einer Bewegung, die um ihre Zukunft fürchtete und deren Vertrauen in den Staat erschüttert war – und wurden von den Grünen mitorganisiert und als notwendiger Protest gerechtfertigt.
Mahnungen aus der Politik können fast zynisch wirken
Die aktuelle Situation ist mit den frühen 80ern durchaus vergleichbar, wobei heute sogar die Wissenschaft die apokalyptischen Vorahnungen der „Letzten Generation“ stützt. Ihr Frust darüber, dass alle über Klimaschutz reden, doch effektiv viel zu wenig passiert, weder in der Politik noch in der Bevölkerung ein radikales Umdenken stattfindet, ist nachvollziehbar.
Die Haltung weiterer Politikkreise, allen voran Bundeskanzler Olaf Scholz, allein mit deutlich mehr Ökostrom ließe sich das Klimaproblem ohne breiten Konsumverzicht lösen, befördert genau das Gefühl, die drohende Klimakatastrophe würde nicht wirklich ernst genommen. Dass die Vertreter:innen genau des Systems, das bei der Klimarettung seit Jahrzehnten so eklatant versagt, nun mahnen, doch bitte die parlamentarischen Spielregeln einzuhalten, kann da schon fast zynisch wirken.
„Eine Demokratie kann und muss solche Protestformen aushalten“
So sind die Aktionen der „Letzten Generation“ radikal und nicht immer legal, doch eine weitere Kriminalisierung der „Letzten Generation“, gegen die schon wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ ermittelt wurde, wird nur die begonnene Radikalisierung des Widerstands weiter befördern. „Eine Demokratie kann und muss solche Protestformen aushalten, ohne dass gleich mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird“, mahnt der Hamburger Linken-Abgeordnete Deniz Celik.
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Ursächlich schuld an der eingetretenen Situation ist nicht die „Letzte Generation“, auch wenn man ihre Aktionsformen nicht gutheißen muss. Es ist die vorletzte Generation, die seit Jahrzehnten über ihre Verhältnisse lebt, damit das Klima zerstört und nun nicht die Kraft findet, wirklich umzusteuern.