Anklage wegen Untreue: Wie gefährlich wird der „Prozess des Jahres“ für die Grünen?
Ein „Hummer-Essen“ auf Malta, 40 rote Rosen und weitere Rechnungen soll Michael Osterburg (55), Ex-Bezirksfraktionschef von Hamburg-Mitte, aus der Kasse seiner Grünen-Fraktion bezahlt haben. Es geht um insgesamt 121 Fälle mit einer Schadensumme von 33.000 Euro. Ab Mittwoch muss er sich vor Gericht verantworten. Brisant ist der Prozess besonders für die Grünen und deren Justizsenatorin Anna Gallina (39), die zur fraglichen Zeit mit Osterburg liiert war – gerade im Hinblick auf 2024.
Ein „Hummer-Essen“ auf Malta, 40 rote Rosen und weitere Rechnungen soll Michael Osterburg (55), Ex-Bezirksfraktionschef von Hamburg-Mitte, aus der Kasse seiner Grünen-Fraktion bezahlt haben. Es geht um insgesamt 121 Fälle mit einer Schadensumme von 33.000 Euro. Ab dem heutigen Mittwoch (9.30 Uhr) muss er sich vor Gericht verantworten. Brisant ist der Prozess besonders für die Grünen und deren Justizsenatorin Anna Gallina (39), die zur fraglichen Zeit mit Osterburg liiert war – gerade im Hinblick auf 2024.
Vor drei Jahren hatte die Grünen-Fraktion in Hamburg-Mitte Strafanzeige wegen Untreue gegen ihren ehemaligen Chef Osterburg gestellt. Zwischen 2015 und 2019 soll er sich private Ausgaben wie Bewirtungs- und Kinderbetreuungskosten zu Unrecht aus der Fraktionskasse erstattet haben lassen. Zudem soll er Kontoabbuchungen zu seinen Gunsten vorgenommen und grundlos Reise- und Mietwagenkosten über die Fraktion abgerechnet haben.
Betrug und Untreue? So flog Osterburg auf
Aufgefallen war das nach den Bezirkswahlen im Jahr 2019, als sich der neue Fraktionsvorstand einen Überblick über die Bücher verschafft hatte. Einige Mitglieder der Fraktion fanden ihre Namen auf Bewirtungsbelegen, an Tagen, an denen sie nicht mit Osterburg essen waren. Bei der Prüfung aller Spesenbelege der vergangen fünf Jahre fielen dann etliche Ungereimtheiten auf.

Besonders brisant: Die heutige Justizsenatorin Anna Gallina war von 2014 bis Herbst 2019 mit Osterburg liiert. Die beiden haben eine gemeinsame Tochter. Bei einigen Gelegenheiten, bei denen Osterburg Geld veruntreut haben soll, wird wohl auch Gallina anwesend gewesen sein. Wusste sie also Bescheid? Und schlimmer noch: Hat sie von der mutmaßlichen Veruntreuung profitiert?
Gallina schweigt zu den Vorwürfen
„Wir kommentieren das gegen Herrn Osterburg gerichtete Verfahren weiterhin nicht“, heißt es auf MOPO-Anfrage aus der Justizbehörde. Gallina muss nach Angaben des Gerichts vorerst nicht aussagen. Sie war während der Ermittlungen von der Staatsanwaltschaft befragt und als eine von mehr als 160 Zeuginnen und Zeugen in der Anklage benannt worden.
Das könnte Sie auch interessieren: Gallina und das Hummer-Essen: Ein Anwalt bringt neue Details ans Licht
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen Osterburg lautet auf gewerbsmäßige Untreue, teilweise in Tateinheit mit Betrug und Urkundenfälschung. Osterburg hatte sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft während der Ermittlungen nicht zu den Vorwürfen geäußert.
„Hummer-Essen”, rote Rosen und italienische Abende
Tausende Quittungen und Belege waren im Laufe der Ermittlungen vom Landeskriminalamt überprüft worden. Die Aktenordner füllten laut Staatsanwaltschaft sieben Kartons. Einige Details waren dabei in den Hamburger Medien bekannt geworden: ein offensichtlich privates, aber von Osterburg über die Fraktion abgerechnetes „Hummer-Essen” für 250 Euro auf Malta, bei dem auch Gallina anwesend war, oder der Kauf von 40 roten Rosen.
Auch der Stamm-Italiener von Osterburg brachte Gallina öffentlich in Bedrängnis. Der Wirt des Lokals „Rucola e Parma“ am Schlump in Eimsbüttel sagte 2020 zur MOPO, dass Osterburg hier immer mit seiner Frau und gelegentlich deren Mutter gewesen sei. Dabei zeigte er auf ein Foto von Gallina. Unklar ist aber, was sie über den Umgang mit den Belegen wusste.
Nimmt Osterburg am ersten Verhandlungstag Stellung?
Kein Wunder also, dass Hamburgs Politik-Szene wie gebannt auf den „Prozess des Jahres“ schaut. Seitens der Grünen war der Vorwurf zurückgewiesen worden, dass Gallina von der mutmaßlichen Veruntreuung der Gelder gewusst habe.
Von der Staatsanwaltschaft war die Justizsenatorin im Zuge der Ermittlungen gegen Osterburg mehrfach vernommen worden. Dabei habe sich „kein zureichend tatsächlicher Anhaltspunkt“ für eine strafrelevante Beteiligung ergeben, hieß es später. Gallina selbst hatte nach Bekanntwerden der Ermittlungen gesagt, es sei wichtig, „dass die erheblichen strafrechtlichen Vorwürfe gegen Herrn Osterburg aufgeklärt werden”.
Das könnte Sie auch interessieren: Osterburg-Prozess: Warum Senatorin Gallina nicht vor Gericht aussagen muss
Am Mittwoch wird die Anklage verlesen, Osterburg hat Gelegenheit zu einer Stellungnahme, und der Umgang mit den zusammengetragenen Unterlagen wird besprochen. Bei den Grünen hofft man auf ein Geständnis, damit der Spuk möglichst noch vor den Bezirkswahlen 2024 ein Ende hat. Wenn Osterburg nicht doch noch etwas auspackt, was Gallina in Bedrängnis bringt.
Der weitere Ablaufplan sieht vor, dass Donnerstag die ersten Zeugen aus der Grünen-Fraktion vernommen werden, die gegen Osterburg Anzeige erstatteten. Diese Pläne hängen jedoch auch von Osterburgs Verhalten ab. Angesetzt sind zunächst neun Verhandlungstage. Sollte Osterburg im Sinne der Anklage verurteilt werden, droht ihm eine Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und zehn Jahren.