De Vries-Tweet hat Methode: Hamburger CDU fischt am rechten Rand nach Stimmen
Christoph de Vries hat sich mal wieder im Ton vergriffen. Und das obwohl, oder gerade weil er seine Worte mit Bedacht gewählt hatte: Per Twitter verkündete der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete nach der Silvesternacht-Randale in Berlin und anderen Metropolen seine Sicht auf die Urheber der Angriffe auf Polizisten sowie Rettungskräfte. Die Reaktionen fielen dementsprechend deutlich aus – und sorgten für ein politisches Beben in der Hansestadt.
Christoph de Vries hat sich mal wieder im Ton vergriffen. Und das obwohl, oder gerade weil er seine Worte mit Bedacht gewählt hatte: Per Twitter verkündete der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete nach der Silvesternacht-Randale in Berlin und anderen Metropolen seine Sicht auf die Urheber der Angriffe auf Polizisten sowie Rettungskräfte. Die Reaktionen fielen dementsprechend deutlich aus – und sorgten für ein politisches Beben in der Hansestadt.
„Wenn wir Krawalle in unseren Großstädten, Verachtung gegenüber dem Staat und Übergriffe gegen Polizisten und Feuerwehrleute wirklich bekämpfen wollen, müssen wir auch über die Rolle von Personen, Phänotypus: westasiatisch, dunklerer Hauttyp sprechen“, verkündete Christoph de Vries auf Twitter.
Bitte wer? Und um den geneigten Follower:innen diese Frage zu beantworten, fügte der selbsternannte Fachmann für politisch korrekt formuliertes Migrant:innenbashing noch eine kleine Erläuterung hinzu: „Diese Bezeichnung entstammt dem Leitfaden für ‚diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch‘ (…) von der Beauftragten für gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und soll statt des Begriffs ‚Südländer‘ verwendet werden. Die Ironie sollte man erkennen können.“
Der Twitter-Tweed ging viral, löste in den Sozialen Medien aber auch in der Hamburger Politik ein mittleres Beben aus. „Ihre Pauschalisierung nennt sich Rassismus“, twitterte ein Follower auf de Vries Twitter-Account und der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Michael Gwosdz nannte de Vries gar ein „rassistisches Arschloch.“
De Vries Provokation hat Methode, ist kein Ausrutscher sondern Strategie. Um aus der Bedeutungslosigkeit herauszukommen, profilieren sich Abgeordnete der 11,2 Prozent-Partei – so das letzte Bürgerschaftswahlergebnis der CDU – immer stärker als kraftmeiernde Populisten, die nach Wähler:innen vor allem am rechten Rand fischen. Mit Erfolg: In aktuellen Wahlumfragen ist die Hamburger CDU auf immerhin 20 Prozent geklettert.
Christoph de Vries ruft „neue Migrationskrise“ aus
Während der eine Christoph – Hamburgs Parteichef Ploß – mit flotten Anti-Gender-Sprüchen durch die Talkshows tourt, reitet der andere Christoph – de Vries – derzeit eine Verbalattacke nach der anderen gegen die politische Korrektheit und die deutsche Integrationspolitik. Ganz nebenbei ruft er noch „eine neue Migrationskrise“ aus. Das schürt zwar Ängste, bringt aber Stimmen.
„Es ist kein Zufall, dass wir die heftigsten Attacken auf Einsatzkräfte in Berlin erleben, wo Grüne und Linke keinen Anlass auslassen, der Polizei in den Rücken zu fallen und die SPD-Innensenatorin einen Sprach-Kodes mit politisch korrekten Formulierungen erlässt“, entlarvt der „Migrationspolitiker“ die wahren Schuldigen an den Übergriffen präzise. Dass es gute Gründe gibt, im Wedding oder in Wilhelmsburg geborene Menschen mit Migrationshintergrund nicht pauschal als „Südländer“ zu klassifizieren, verschweigt er hingegen. Kein Wunder, dass sich die beiden Christophe auf Twitter die Frage gefallen lassen müssen: „Schließt sich die Prominenz der Hamburger CDU eigentlich demnächst kollektiv der AfD an?“
Hamburger CDU sichert de Vries volle Unterstützung zu
Während die Hamburger CDU ihren Bundestagsabgeordneten sehr demonstrativ ihre „volle Unterstützung.“ versichert und betont, „die Unterstellungen gegen Christoph de Vries“ seien „absurd und ein durchschaubarer Versuch, ihn als profilierten Vertreter einer geordneten Migrationspolitik mundtot zu machen“, sind sich die anderen Parteien in der Verurteilung des Twitter-Tweets einig. Der Hamburger SPD-Bundestagsabgeordnete Metin Hakverdi glaubt: „Alle Vernünftigen wissen, dass es falsch ist, das Aussehen oder die Herkunft von Menschen mit ihrer möglichen Gesinnung zu verbinden. Wer das trotzdem tut, will keine Lösung von Problemen, sondern die Bevölkerung spalten.“
„Traurig, dass gerade von de Vries, der in der vielfältigen Stadt Hamburg lebt, solch ein diskriminierendes Statement kommt, er Menschen mit Migrationshintergrund pauschal in Sippenhaft nimmt.“, grämt sich seine Grünen-Kollegin Linda Heitmann und ergänzt: „De Vries und die CDU bedienen nur plumpe Stereotype und machen fremdenfeindlich Stimmung.“ Und der Bürgerschaftsabgeodnete der Linken, Metin Kaya, verurteilt de Vries Äußerungen als „Wasser auf die Mühlen der AfD.“
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Doch auf seinem Twitter-Account erntet der 48-Jährige, der sich als „echter, bürgerlicher Christdemokrat“ bezeichnet, auch viel Applaus, frei nach dem Motto: Endlich spricht einer das aus, was sich niemand mehr zu sagen traut!
Bei so viel Streit um eine diskriminierungsfreie Formulierungsweise sollte man den Orginal-de Vries bitte auch einmal inhaltlich korrekt umformulieren. Etwa so: „Wenn wir Rassismus in unseren Parlamenten, Verachtung gegenüber Migrant:innen und verbale Übergriffe wirklich bekämpfen wollen, müssen wir auch über die Rolle von Politikern, Phänotypus: sehr deutsch, hellerer Hauttyp sprechen.“ Die Ironie sollte man erkennen können.