Fall Ibrahim A.: Das Foulspiel der Justizsenatorin
Viele Vorwürfe prasseln auf Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) ein. Der Grund: Das Verhalten der Hamburger Justiz im Fall von Ibrahim A. dem mutmaßliche Messermörder von Brokstedt. Wenige Stunden vor dem Justizausschuss zauberte Gallina jetzt gemeinsam mit Innensenator Andy Grote (SPD) ein Paket neuer Sicherheitsmaßnahmen hervor, von dem nur Eingeweihte wussten. Die Strategie dahinter ist klar: Die massiv angeschlagene Senatorin will endlich in die Offensive kommen – doch die Kritik an dem Manöver ist groß. Und das zu Recht.
Viele Vorwürfe prasseln auf Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne) ein. Der Grund: Das Verhalten der Hamburger Justiz im Fall von Ibrahim A., dem mutmaßlichen Messermörder von Brokstedt. Wenige Stunden vor der Sitzung des Justizausschusses zauberte Gallina jetzt gemeinsam mit Innensenator Andy Grote (SPD) ein Paket neuer Sicherheitsmaßnahmen hervor, von dem nur Eingeweihte wussten. Die Strategie dahinter ist klar: Die massiv angeschlagene Senatorin will endlich in die Offensive kommen – doch die Kritik an dem Manöver ist groß. Und das zu Recht.
Gegen 9.15 Uhr treten Gallina und Grote am Mittwoch vor die Presse im Hamburger Rathaus. Beide wirken angespannt bei diesem ungewohnt frühen Termin. Sie wissen, dass sie schnell sein müssen, bevor sich im Justizausschuss um 10 Uhr die Lage weiter zuspitzt. „Auch wenn die Aufarbeitung noch nicht vollständig abgeschlossen ist, haben wir wichtige Maßnahmen bereits identifiziert“, sagt Gallina.
Senatoren geben sich als Problemlöser
Die Senatoren zeigen sich als zupackende Problemlöser. Dafür legen sie nicht nur einen vierseitigen Maßnahmenkatalog vor, sondern auch mehr Einsicht. Erstmals sagt Gallina: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt gesagt, dass hier keine Fehler gemacht wurden.”
Sie habe immer nur darauf hingewiesen, dass Hamburg keine Alternative zur Entlassung von Ibrahim A. gehabt habe. Das klingt ganz anders als ihre Strategie von vor zwei Wochen, als sie vor allem versuchte, sich herauszuwinden. Es gebe einige Standards, sagt Gallina, vor allem in der Behandlung von Untersuchungsgefangenen, die schon immer so waren und nun überprüft würden.
Neue Maßnahmen legen Lücken im System offen
Erste Ergebnisse finden sich im neuen Maßnahmenpaket, nur wenige Wochen nach der Tat von Brokstedt. Ibrahim A. soll in einem Regionalzug von Kiel nach Hamburg am 25. Januar 2023 zwei Menschen getötet und fünf weitere verletzt haben. Kurz zuvor war er in Hamburg aus der Untersuchungshaft freigekommen.
Die neuen Maßnahmen offenbaren aber auch deutlich die Lücken des bisherigen Systems: Erst jetzt soll es eine gemeinsame Fallbewertung aller zuständigen Institutionen bei U-Häftlingen geben, die wegen möglicher Gewaltdelikte einsitzen und psychisch auffällig sind. Jetzt erst werden sämtliche Hinweise auf extremistisches Verhalten im Strafvollzug an den Verfassungsschutz und den Staatsschutz gemeldet.
CDU vermutet ein „Ablenkungsmanöver”
Um 10 Uhr dann der fliegende Wechsel in den Justizausschuss. Hier wartet schon eine aufgeregte Opposition, die von den Maßnahmen offensichtlich erst kurz zuvor erfahren hat. „Ich bin schockiert über dieses Maßnahmenpaket“, sagt die Linken-Co-Fraktionschefin Cansu Özdemir. Auch CDU-Mann Richard Seelmaecker findet „die Art des Umgangs mit dem Fall schlichtweg skandalös“.
Da offensichtlich niemand die Maßnahmen vorher genau studieren konnte, wird sich der Ausschuss erst in der nächsten Sitzung damit befassen. CDU-Fraktionschef Dennis Thering vermutet im Nachhinein ein „Ablenkungsmanöver“: „Der Versuch, von den bisherigen Pannen und Fehlern abzulenken, läuft ins Leere, denn die zentrale Frage lautet: Hätte diese Tat verhindert werden können und mittlerweile gibt es dafür deutliche Hinweise.“ Erneut forderte er die Entlassung von Gallina.
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Klar ist, dass sich die Senatorin mit diesem Schachzug zumindest politisch keinen Gefallen getan hat. Auf Anträge von AfD und CDU hin beschließen die Ausschussmitglieder einstimmig am Mittwoch die Aktenvorlage. Heißt: Sowohl die Akten von Ibrahim A. als auch sämtliche Protokolle und Notizen dazu werden nun genauestens durchkämmt.