Cum-Ex: Tschentscher äußert sich über Steuerbetrug und Olaf Scholz
Seine Aussage wurde mit Spannung erwartet: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) saß am Freitag im Zeugenstand des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Cum-Ex-Steuergeldaffäre. Die Stadt hatte in den Jahren 2016 und 2017 Steuermillionen aus dubiosen Aktiengeschäften der Warburg-Bank zunächst nicht zurückgefordert. Zu dieser Zeit war Tschentscher Finanzsenator.
Seine Aussage wurde mit Spannung erwartet: Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) saß am Freitag im Zeugenstand des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Cum-Ex-Steuergeldaffäre. Die Stadt hatte in den Jahren 2016 und 2017 Steuermillionen aus dubiosen Aktiengeschäften der Warburg-Bank zunächst nicht zurückgefordert. Zu dieser Zeit war Tschentscher Finanzsenator.
Schon vor Beginn des Ausschusses regte sich Protest vor dem Rathaus. Die Bürgerbewegung Finanzwende enthüllte ein Plakat, auf dem Tschentscher als „Cum-Ex-Paten“ dargestellt war. Sie forderten den Rücktritt des Bürgermeisters. „Er trägt persönliche Verantwortung dafür, dass kriminelle Gelder in Millionenhöhe nicht zurückgefordert wurden“, sagte Vorstand Gerhard Schick.
Tschentscher: „Keine politische Einflussnahme“
„Nach meiner Erkenntnis hat es keine politische Einflussnahme auf die Steuerbeamten in der Finanzbehörde gegeben“, sagte Tschentscher in seinem Eingangsstatement.

Damit antwortet er direkt auf die zentrale Fragestellung des Ausschusses: Haben führende SPD-Politiker wie Tschentscher und Olaf Scholz, der damals Bürgermeister in Hamburg war, Einfluss auf die Entscheidung des Finanzamts genommen, die Steuern nicht zurückzufordern?
Tschentscher verteidigt Olaf Scholz
Die Hamburger Warburg-Bank war in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt. Dabei lassen sich Investoren oder Banken Steuern zweimal erstatten, die nur einmal gezahlt wurden. Hamburg ließ 2016 mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren, weil eine Steuerhinterziehung nicht nachweisbar gewesen sei. Eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst 2017 nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
„Cum-Ex-Geschäfte sind Straftaten“, betonte Tschentscher, der dann Olaf Scholz verteidigte: „Herr Scholz hat über mich keinen Einfluss genommen auf die steuerliche Behandlung der Warburg-Bank.“
Treffen von Scholz und Warburg-Mitinhaber Olearius
Nachdem die zuständige Finanzbeamtin im Oktober 2016 die Steuern zunächst von der Bank zurückfordern wollte, änderte sie ihre Meinung im November. Was dazwischen passierte, ist nicht mehr ganz nachvollziehbar. Bekannt ist, dass sich Scholz und der Mitinhaber der Warburg Bank, Christian Olearius, in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach trafen.

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Was genau bei diesem Treffen besprochen wurde, daran kann Scholz sich nach eigener Aussage nicht mehr erinnern. Den Vorwurf einer politischen Einflussnahme wies er mehrfach zurück. Die Banker hatten 2016 auch ein Verteidigungsschreiben vorbereitet, um eine Steuerrückzahlung zu verhindern.
Tschentscher wollte über Sachstand informiert werden
Unter anderem argumentierte die Bank, dass sie in finanzielle Schwierigkeiten geraten würde, falls sie zahlen müsste. Dieses Schreiben bekam auch Tschenschter auf seinen Schreibtisch.

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Tschentscher sagte im Ausschuss, das Verteidigungsschreiben der Bank sei „kompliziert“ gewesen, aber „nicht alarmierend“, weil er gewusst habe, dass sich das Finanzamt schon damit befasst. „Bitte um Informationen zum Sachstand“, vermerkte er darauf. Am Ende waren auch Passagen markiert, die auf die angebliche Existenzgefährdung der Bank hinweisen.
Bank verteidigt sich mit Sorge um angebliche Pleite
„Daran kann ich mich nicht erinnern“, sagte Tschentscher auf die Frage, ob er diese Unterstreichungen vorgenommen hatte. „Aber wenn ich einem Mitarbeiter der Finanzbehörde etwas mitteilen wollte, dann nicht durch vielsagende Unterstreichungen.“ Von seinem Schreibtisch ging das Papier zur Finanzverwaltung.
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Zwei Tage später wurde im Finanzamt der Entschluss gefasst, die Steuern nicht zurückzufordern. Die letztendliche Entscheidung nannte Tschentscher „korrekt“, weil „der Sachverhalt noch nicht so ermittelt werden konnte, dass Cum-Ex Geschäfte nachweisbar waren.“

Tschentscher bezog sich in seiner Begründung auch auf die Sorge vor einer Pleite der Bank oder ein Amtshaftungsverfahren im Falle einer falschen Entscheidung des Finanzamts. Außerdem seien Steuerexperten der Meinung gewesen, dass eine Rückforderung bei erwiesenen Cum-Ex-Geschäften auch nach der Verjährung möglich gewesen wäre.
Bank geht weiter gegen Steuerbescheide vor
2020 hatte die Hamburger Steuerverwaltung von Warburg Steuern in dreistelliger Millionenhöhe zurückgefordert. Zuvor war die Bank vom Landgericht Bonn in einem Strafverfahren zu Cum-Ex-Geschäften zur Zahlung von 176 Millionen Euro aufgefordert worden.
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Der Bundesgerichtshof hatte ein Jahr später die Strafbarkeit von Cum-Ex-Geschäften und damit auch die Einziehungsentscheidung bestätigt – in der vergangenen Woche dann auch das Bundesverfassungsgericht. Die Bank hatte nach eigenen Angaben 2020 schon alle von den Steuerbehörden wegen Cum-Ex gegen sie geltend gemachten Steuerforderungen beglichen. Sie versucht aber weiter, auf juristischem Wege gegen die Hamburger Steuerbescheide vorzugehen.