Cum-Ex-Affäre: Linke fordert Rücktritt des Bürgermeisters
Die Meinungen hierzu könnten kaum weiter auseinandergehen: Warum forderte Hamburg Steuer-Millionen von der Warburg-Bank zunächst nicht zurück? Gab es eine politische Einflussnahme? Der Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zum Cum-Ex-Skandal sollte genau das herausfinden. Ein erster Zwischenbericht liegt vor, dessen Ergebnis von Regierung und Opposition am Mittwoch extrem unterschiedlich bewertet wurde – die Linke forderte gar den Rücktritt des Bürgermeisters.
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Die Meinungen hierzu könnten kaum weiter auseinandergehen: Warum forderte Hamburg Steuer-Millionen von der Warburg-Bank zunächst nicht zurück? Gab es eine politische Einflussnahme? Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss (PUA) zum Cum-Ex-Skandal sollte genau das herausfinden. Ein erster Zwischenbericht liegt vor, dessen Ergebnis von Regierung und Opposition am Mittwoch extrem unterschiedlich bewertet wurde – die Linke forderte gar den Rücktritt des Bürgermeisters.
Auf mehr als 1000 Seiten fasst der Zwischenbericht die Arbeit des Ausschusses mit Zeugenbefragungen und Aktenuntersuchungen in den vergangenen drei Jahren zusammen. In der Bürgerschaft wurde er am Mittwoch diskutiert.
SPD-Abgeordneter: „Bösartige Vorwürfe“
Die Regierungsparteien von SPD und Grünen sehen weiterhin keinen Beleg für eine politische Einflussnahme auf die steuerliche Behandlung der Warburg Bank. Der SPD-Abgeordnete Milan Pein sprach von „bösartigen Vorwürfen“, von denen nichts übrig geblieben sei. Das Ziel der Opposition mit dem PUA sei es gewesen, dass Olaf Scholz (SPD) nicht Bundeskanzler wird und Peter Tschentscher noch „mit beschädigt“, so Pein. Das ist bekanntlich nicht geschehen.
Der Grünen-Abgeordnete Farid Müller nannte das Fazit des Berichts „kompliziert“. Denn Zusammenhänge zwischen den einzelnen Ereignissen ließen sich nicht konkret belegen. „So sind zwar die Treffen zwischen den Warburg-Chefs und dem damaligen Ersten Bürgermeister Olaf Scholz gut belegt, genauso wie die spätere Entscheidung der Verwaltung, die Steuermillionen ganz im Sinne der Bank nicht zurückzufordern“, so Müller. „Ein Beweis für eine politische Einflussnahme auf die Entscheidung ist das aber noch nicht.“
Linke fordert Tschentschers Rücktritt
CDU, Linke und AfD werten die Indizien als Beleg, dass der damalige Bürgermeister und heutige Bundeskanzler Olaf Scholz und sein damaliger Finanzsenator und späterer Nachfolger im Rathaus, Peter Tschentscher (beide SPD), Einfluss auf das Steuerverfahren genommen hätten.
„Der eindeutige Beweis fehlt, aber sowohl Olaf Scholz als auch Peter Tschentscher sagen, sie konnten sich an nichts erinnern. Das nimmt ihnen keiner in dieser Stadt ab“, sagte der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch. „Wir halten Peter Tschentscher nach diesen Enthüllungen für untragbar: Er muss sein Amt als Erster Bürgermeister niederlegen.“ Die CDU-Abgeordnete Anke Frieling warf der SPD vor: „Ihr Aufklärungswille war von Anfang an nicht vorhanden.“ Und das Interesse der Grünen an der Aufklärung sei mit dem Machtwechsel schnell eingeschlafen.
Dressel: „Umdrehung von Sachverhalten und Fakten“
„Weil Ihnen das Ergebnis nicht passt, müssen Sie trotzdem die Fakten zur Kenntnis nehmen, liebe Opposition“, sagte SPD-Finanzsenator Andreas Dressel. Er warf ihr eine „Umdrehung von Sachverhalten und Fakten“ vor. Pein ärgerte sich über die Rücktrittsaufforderung an Tschentscher: „Sie machen das nur, damit es morgen in der Zeitung steht.“
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Bei dem aktuellen Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses handelt es sich um einen Zwischenbericht, weil auch die Rolle der ehemals landeseigenen HSH-Nordbank im Cum-Ex-Fall noch betrachtet werden soll. Der Untersuchungsauftrag war auf Antrag von CDU und Linken entsprechend erweitert worden.
Darum geht’s in der Cum-Ex-Debatte
Die Hamburger Warburg-Bank war in Cum-Ex-Geschäfte verwickelt. Dabei lassen sich Banken, Investoren oder Aktienhändler Steuern zweimal erstatten, die nur einmal gezahlt wurden. Hamburg ließ 2016 mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren, weil eine Steuerhinterziehung nicht nachweisbar gewesen sei. Eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst 2017 nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert.
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf der möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die Entscheidungen des Finanzamts klären. Vor allem geht es dabei um Hamburgs ehemaligen Bürgermeister Olaf Scholz sowie um Peter Tschentscher, der damals Finanzsenator war.
Scholz (SPD) hatte sich in den Jahren 2016 und 2017 mehrfach mit dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius getroffen. Gegen Olearius liefen da bereits Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung. Die Treffen mit Scholz waren durch Tagebucheinträge von Olearius bekanntgeworden. Scholz und Tschentscher haben alle Vorwürfe in diesem Zusammenhang zurückgewiesen.
2020 hatte die Warburg Bank schließlich 155 Millionen Euro an Steuerforderungen für die Jahre 2007 bis 2011 beglichen. Dies sei aber „nicht als Schuldeingeständnis zu verstehen“. Vielmehr gehe das Geldhaus weiter rechtlich gegen die Steuerbescheide vor.