Gesundheitsämter im Corona-Stress: So hoch sind die Rückstände in den Bezirken
Angesichts extrem hoher Infektionszahlen kommt die Hamburger Kontaktnachverfolgung kaum noch hinterher. Wie hoch die Belastung für die Gesundheitsämter und der Rückstand an Fällen in den einzelnen Bezirken ist, geht aus einer aktuellen Senatsantwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor.
Die Erfassung neuer Corona-Fälle hat in der Meldesoftware der Behörden derzeit Priorität vor anderen Datensätzen. Auch Ausbrüche in bestimmten Einrichtungen wie Seniorenheimen mit vulnerablen Gruppen haben Vorrang, heißt es in der Senatsantwort.
Überlastete Gesundheitsämter: Trotz Hilfen im Dauerstress
- Deutsch (Deutschland)
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Angesichts extrem hoher Infektionszahlen kommt die Hamburger Kontaktnachverfolgung kaum noch hinterher. Wie hoch die Belastung für die Gesundheitsämter und der Rückstand an Fällen in den einzelnen Bezirken ist, geht aus einer aktuellen Senatsantwort auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor.
Die Erfassung neuer Corona-Fälle hat in der Meldesoftware der Behörden derzeit Priorität vor anderen Datensätzen. Auch Ausbrüche in bestimmten Einrichtungen wie Seniorenheimen mit vulnerablen Gruppen haben Vorrang, heißt es in der Senatsantwort.
Überlastete Gesundheitsämter: Trotz Hilfen im Dauerstress
Ende 2021 wurde nochmal zusätzliches Personal in den Gesundheitsämtern und der Zentralen Kontaktnachverfolgung (ZUK) eingestellt – proportional nach dem jeweiligen Infektionsgeschehen pro Bezirk. Zusätzlich unterstützen die Stadt rund 100 Soldat:innen der Bundeswehr.
Trotzdem reicht das alles offensichtlich nicht aus, um die Lage zu beherrschen. Weiterhin ist auf der Webseite der Stadt zu lesen: „Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der tatsächlichen Fälle und damit auch die tatsächliche Inzidenz höher sind als angegeben.“ In manchen Bezirken erhalten die positiv Getesteten erst bis zu zwei Wochen später einen Anruf vom Gesundheitsamt.
Corona-Anrufe: So hoch sind die Rückstände in den Bezirken
Zwar erfolge in etwa 92 Prozent der Fälle ein Anruf in den ersten zwei Tagen, insgesamt habe es zum Zeitpunkt der Senatsantwort (17.01.) jedoch auch 572 Fälle im Rückstand gegeben. Diese positiv Getesteten warteten bereits zwischen drei bis 13 Tage auf einen Anruf des Gesundheitsamts.
Am längsten müssen die Einwohner:innen in Hamburgs größtem Bezirk Mitte warten, der aktuell auch die meisten Fallzahlen aufweist. Hier gab es einen Rückstand von 279 Fällen mit einer Wartezeit von bis zu 13 Tagen. Die Zahlen für die weiteren Bezirke:
Hamburg-Nord: 31 Fälle im Rückstand; Wartezeit bis zu elf Tage.
Eimsbüttel: 33 Fälle im Rückstand; Wartezeit bis zu zehn Tage.
Bergedorf: 115 Fälle im Rückstand; Wartezeit bis zu sieben Tage.
Wandsbek: 66 Fälle im Rückstand; Wartezeit bis zu fünf Tage.
Harburg: 11 Fälle im Rückstand; Wartezeit bis zu vier Tage.
Altona: 2 Fälle im Rückstand; Wartezeit bis zu vier Tage.
Überlastung der Gesundheitsamt-Mitarbeiter
Wer einen positiven Test vorliegen hat, ist auch ohne eine Aufforderung des Gesundheitsamts dazu verpflichtet sich zu isolieren. Die Frage ist nur, ob das in der Praxis auch wirklich jeder tut. Die Mitarbeitenden in den Gesundheitsämtern scheinen in manchen Bezirken deutlich am Limit zu sein. In den drei Bezirken, in denen die längste Wartezeit für einen Anruf berechnet wurde, gab es seit November mehrere Überlastungsanzeigen.
Im Gesundheitsamt Wandsbek ist es seit November am häufigsten (durchschnittlich 31 Mal) zu Verstößen gegen die Arbeitszeitregeln – also keine Einhaltung von Pausenzeiten und/ oder maximaler Arbeitszeit – gekommen. Hier wurden auch die meisten Überstunden unter der Woche gezählt. Auch in Bergedorf, Hamburg-Mitte und Hamburg-Nord gab es Verstöße gegen die Arbeitszeitregeln.
Weniger Mitarbeiter für immer mehr Fälle
Im Januar des Vorjahres gab es noch rund 913 Vollzeitarbeitskräfte in der Kontaktnachverfolgung, im Januar 2022 sind es nur noch 702. Die meisten Verträge der Mitarbeitenden in der Kontaktnachverfolgung sind aktuell bis Ende Juni befristet. Doch wie sich die Pandemie bis dahin entwickelt, bleibt abzuwarten.
Linke fordert „massive Einstellungsoffensive“
„Das Pandemiemanagement des Senats scheint völlig aus dem Ruder zu laufen“, sagt Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Linksfraktion. „Täglich berichten Kita-Leitungen und Betroffene, dass sie in den Gesundheitsämtern über Tage niemanden erreichen. Ein Rückstand von bis zu 13 Tagen bei der Bearbeitung der Positiv-Fälle bedeutet, dass eine Eindämmung des Infektionsgeschehens in vielen Fällen nicht mehr möglich ist und dass das Virus freie Bahn hat.“
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Jetzt räche sich, dass der Senat bei der Einstellung der Mitarbeitenden in den Gesundheitsämtern seit mehr als zwei Jahren nur auf Sicht fahre und befristet einstelle. „Wir brauchen eine massive Einstellungsoffensive, um das vom Senat verantwortete Chaos irgendwie noch in den Griff zu bekommen“, so Celik. (abu)