CDU und Grüne brüskiert: Der Bürgermeister holt die Rute raus
Das musste noch gesagt werden. Während die politische Konkurrenz sich in der laufenden Woche allmählich in den Feiertagsmodus runterfuhr, trumpfte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) noch einmal groß auf: In einem Jahresend-NDR-Interview holte er zum großen Rundumschlag aus, disqualifizierte die CDU als möglichen Regierungspartner und garnierte seine Ausführungen mit gezielten Seitenhieben gegen den grünen Koalitionspartner. Ein Bürgermeister im Vorwahlkampfmodus – die Bezirkswahlen im kommenden Juni und die Bürgerschaftswahlen 2025 werfen ihre Schatten voraus.
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Das musste noch gesagt werden. Während die politische Konkurrenz sich in der laufenden Woche allmählich in den Feiertagsmodus runterfuhr, trumpfte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) noch einmal groß auf: In einem Jahresend-NDR-Interview holte er zum großen Rundumschlag aus, disqualifizierte die CDU als möglichen Regierungspartner und garnierte seine Ausführungen mit gezielten Seitenhieben gegen den grünen Koalitionspartner. Ein Bürgermeister im Vorwahlkampfmodus – die Bezirkswahlen im kommenden Juni und die Bürgerschaftswahlen 2025 werfen ihre Schatten voraus.
Überraschend legte sich der Bürgermeister – sollte das Wahlergebnis reichen – auf eine Fortsetzung der Regierungskoalition auch nach 2025 fest. Das „rot-grüne Bündnis“ habe in Hamburg „sehr erfolgreich Politik gemacht, das ist ein Kurs, der sich empfiehlt, ihn auch fortzuführen“, lobte Tschentscher und gab der CDU noch einen mit, indem er verkündete, mit ihr sei „nicht viel Staat zu machen“.
Hamburgs Bürgermeister schoss ein halbes Eigentor
Das Beispiel, das Tschentscher wählte, um diese Behauptung zu untermauern, ist allerdings wenig überzeugend und spielt zudem nicht in Hamburg, sondern Berlin. Zusammen mit der FDP blockiere die Bundestags-CDU eine Änderung des Straßenverkehrsrechtes, mit der auch Handwerkern eine Möglichkeit zum Anwohnerparken eingeräumt werden soll, illustrierte Peter Tschentscher die aus seiner Sicht mangelnde Regierungsfähigkeit der Union – und schoss damit ein halbes Eigentor.
Zum einen musste in Hamburg die vom grünen Verkehrssenator Anjes Tjarks geführte Verkehrsbehörde vergangenen März die Ausweisung neuer Parkzonen für Anwohner:innen erst einmal aussetzen. Zuvor hatte sich das Handwerk, aber auch zahlreiche Gewerbetreibende und Pflegedienste mit Unterstützung der CDU bitter beklagt, sie könnten in den Zonen nirgendwo mehr parken und seien auf Ausnahmeregelungen angewiesen, die aber nur selten und willkürlich erteilt würden.
Einer von Hamburg auf den Weg gebrachten Bundesratsinitiative, genau das zu ändern, stimmten in der Länderkammer dann auch zahlreiche unionsgeführte Bundesländer zu. Der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß wies zudem darauf hin, dass seine Partei im Verkehrsausschuss des Bundestags einen Antrag eingebracht habe, der Parkgenehmigungen für Handwerker oder Dienstleister:innen in den Anwohnerparkzonen vorsehe – die SPD-geführte Berliner Ampel aber habe das abgelehnt.
CDU-Mann Ploß wirft Tschentscher Falschinformationen vor
Entweder sei Tschentscher schlecht informiert oder er verbreite bewusst Falschnachrichten, ärgerte sich Ploß. Hamburgs CDU-Chef Dennis Thering ergänzte, dass gerade seine Partei es sei, die sich seit Langem vehement dafür einsetze, „dass auch Handwerker und andere Gewerbetreibende in Anwohnerparkzonen ihren Geschäften nachgehen können“. So wirkt Tschentschers Beispiel, an dem er die Regierungsunfähigkeit der CDU festmachen will, etwas an den Haaren herbeigezogen.
Die Grünen hätten mit Tschentschers Treuebekenntnis zu Rot-Grün und dem gewagten CDU-Bashing eigentlich zufrieden sein können. Doch der Bürgermeister nutzte die mediale Öffentlichkeit, um gleich noch einen sich gerade in der Behördenabstimmung befindlichen Plan des grünen Umweltsenators Jens Kerstan, 67 weitere Tempo-30-Zonen in der Stadt einzurichten, zu zerpflücken. Den werde er persönlich sich „sehr genau ansehen“, versprach Tschentscher und reagierte auf die Nachfrage, ob denn alle 67 Zonen kommen werden, mit der klaren Aussage, hier werde es „nicht überall Tempo 30“ geben.
Kerstan weist Kritik von Tschentscher zurück
Kerstan reagierte auf die Bürgermeister-Worte deutlich verschnupft. Er könne Tschentschers „Kritik nicht verstehen“, alle 67 vorgeschlagenen Zonen seien „auch schon im alten Lärmaktionsplan“ festgeschrieben gewesen, den die SPD bislang stets mitgetragen hatte.
Doch damit nicht genug: Eine von der Berliner Ampel beschlossene Änderung des Bundesstraßenverkehrsgesetzes, Parken für Anwohner:innen, aber auch Tempo-30-Zonen einfacher auszuweisen zu können, versagte am 24. November Hamburg überraschend seine Zustimmung im Bundesrat – auf Initiative der SPD. Das Gesetz strauchelte. Bei den Grünen wirft man dem Hamburger Koalitionspartner und Peter Tschentscher nun hinter vorgehaltener Hand „politisches Foulspiel“ vor.
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Die grüne und die christdemokratische Irritation und Verärgerung über Tschentschers Rundumschlag ist immens – beide Parteien fühlen sich vom Bürgermeister vorgeführt und werfen ihm vor – die CDU öffentlich, die Grünen koalitionsintern – Sachverhalte zu verdrehen, um die SPD in ein besseres Licht zu rücken. Ein Disput, der einen Vorgeschmack auf die kommenden beiden Wahlkampfjahre gibt: Härtere Bandagen sind angesagt.