Tschentscher zu Gast, Fegebank coronapositiv: (Schwurbel-)Wirbel nach Silvester-Event
Es ist wohlgepflegte Tradition in Hamburg, dass der Bürgermeister und weitere Senatsmitglieder zum Ende des Jahres einmal so richtig verbal ihr Fett wegbekommen. Die Hamburger Wirtschaft lädt die erste Reihe der Politik zum Jahresabschluss der „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns” und beklagt sich dann dort über Steuern, Bürokratie und so weiter. Doch dieses Jahr schlägt die Veranstaltung auch noch Tage danach Wellen.
Zum einen war die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am letzten Tag des vergangenen Jahres vor Ort, was erst einmal nicht ungewöhnlich ist. Allerdings ist sie mittlerweile positiv auf Corona getestet worden (andere vor Ort angesteckt hat sie bislang aber offenbar nicht) und das Hygienekonzept (alles coronakonform und 2G-Plus) der Veranstaltung rückt in den Fokus sowie die Frage, ob es eine so gute Idee ist, während der aktuellen Corona-Welle auf Empfänge mit 150 Teilnehmer:innen zu gehen.
Viele Senatsmitglieder blieben zu Hause
- Deutsch (Deutschland)
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Es ist wohlgepflegte Tradition in Hamburg, dass der Bürgermeister und weitere Senatsmitglieder zum Ende des Jahres einmal so richtig verbal ihr Fett wegbekommen. Die Hamburger Wirtschaft lädt die erste Reihe der Politik zum Jahresabschluss der „Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns” und beklagt sich dann dort über Steuern, Bürokratie und so weiter. Doch dieses Jahr schlägt die Veranstaltung auch noch Tage danach Wellen.
Zum einen war die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) am letzten Tag des vergangenen Jahres vor Ort, was erst einmal nicht ungewöhnlich ist. Allerdings ist sie mittlerweile positiv auf Corona getestet worden (andere vor Ort angesteckt hat sie bislang aber offenbar nicht) und das Hygienekonzept (alles coronakonform und 2G-Plus) der Veranstaltung rückt in den Fokus sowie die Frage, ob es eine so gute Idee ist, während der aktuellen Corona-Welle auf Empfänge mit 150 Teilnehmer:innen zu gehen.
Viele Senatsmitglieder blieben zu Hause
Tatsächlich wurde die Veranstaltung im Hybridformat durchgeführt, es wäre also möglich gewesen, zu Hause zu bleiben. Aus dem Grund sind auch nicht alle Senatsmitglieder zu dem Treffen erschienen. „Angesichts der aktuellen Infektionsdynamik wäre es vernünftiger gewesen, auf diesen Neujahrsempfang zu verzichten“, sagt auch der gesundheitspolitische Sprecher der Linken, Deniz Celik.
Das andere, was im Nachgang die Gemüter erhitzt, ist die Rede des Vorsitzendes der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns (VEEK), Gunter Mengers. Dass er dort sprach, war ebenso gewöhnlich wie der Besuch Fegebanks. Nur der Inhalt fiel aus dem Rahmen. So attackierte er nämlich Politik und Medien in einer Art und Weise, die eine andere Qualität hatte, als es sonst zu erwarten ist.
Redner attackiert Politik und Medien
Bei seiner Eröffnungsrede, deren Schwerpunkt er auf die aus seiner Sicht sich verengende Debattenkultur und Meinungsfreiheit legte, kam er auch auf die Corona-Maßnahmen zu sprechen. „Es wird offensichtlich akzeptiert, was die Medien berichten und die (..) mitunter nicht nachvollziehbaren Auflagen (..) werden als vermeintlich sinnvoll hingenommen“, attackierte er Politik und Medien. Um dann fortzuführen: „Kaum jemand mag sich den immer deutlicheren, widersprüchlichen Erkenntnissen und der Zahlenakrobatik entgegenstellen“. Die Politik, so die Wahrnehmung von Mengers also, verhänge falsche Maßnahmen, biege sich Zahlen passend zurecht und die Medien berichteten begleitend linientreu. Die mit Peter Tschentscher geladenen Senator:innen Katharina Fegebank und Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) saßen währenddessen schweigend in den ersten Reihen.
Auf MOPO-Anfrage erklärt Mengers, er habe keineswegs Politik und Medien diskreditieren wollen. Zur kolportierten Zahlenakrobatik sagte er: „Statistiken sind grundsätzlich sehr komplex und um sie zu analysieren und verstehen zu können, müssen selbst Fachleute tief in die Materie einsteigen.“ Diese führe auch dazu, dass der Politik falsche Interpretationen unterlaufen könnten. „Ich habe in keiner Weise den Medien ein Versagen vorgeworfen, da auch für die Medien die gleiche Unsicherheit wie für die Mediziner besteht. Sollte das missverständlich angekommen sein, so bedauere ich das.“
Tschentscher äußert sich nicht
Aus dem Rathaus heißt es, dass man die Rede nicht kommentieren wolle. „Der Senat nimmt grundsätzlich keine Stellung zu den Redebeiträgen, die im Rahmen dieser Veranstaltung vorgetragen werden und kommentiert einzelne Meinungsbeiträge auch im Nachhinein nicht“, teilte Tschentschers Sprecher Marcel Schweitzer mit.
Tatsächlich ist es Tradition, dass der Senat schweigend jede Kritik bei der Veranstaltung erträgt. Ginge es nach der Opposition, war dieser Besuch erst einmal aber der letzte des Bürgermeisters gewesen. „Gut 500 Jahre Geschichte sind sicher beachtlich, aber braucht Hamburg überhaupt so eine Runde von Wirtschaftsbossen, die dem Senat die Meinung geigen und ihre Wunschlisten formulieren? Lieber wäre mir eine Runde, in der Herr Tschentscher und Frau Fegebank den Menschen in der Stadt genauso geduldig zuhören: den Angestellten, den Rentner:innen, den Arbeitslosen, den Geflüchteten“, schlägt die Fraktionsvorsitzende der Linken Cansu Özedmir vor.
Torsten Teichert, der einst als sogenannter Kammerrebell die Hamburger Handelskammer aufmischte, fordert gar den Rücktritt von Mengers und dem derzeitigen Handelskammerpräsidenten Norbert Aust, der ebenfalls zu den Mitorganisatoren der Veranstaltung gehört. „Sie haben dieser Stadt Schaden zugefügt“, so Teichert.
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Ob der Bürgermeister trotz des Wirbels auch kommendes Jahr wieder Gast sein will? „Da es keine Einladung zu einer nächsten Veranstaltung gibt, kann ich Ihnen keine Antwort geben“, so Sprecher Schweitzer.