Archivbild aus dem Jahr 2013, aufgenommen in der Sierichstraße, wo sich damals das „Germanenhaus“ befand: Mitglieder der Burschenschaft Germania beobachten eine Demonstration, mit der das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ gegen das jährliche Treffen rechter Burschenschaften in Hamburg protestiert.

Archivbild aus dem Jahr 2013, aufgenommen in der Sierichstraße, wo sich das „Germanenhaus“ befand, damals Sitz der rechtextremen Hamburger Burschenschaft „Germania“. Sie ist inzwischen nach Marienthal umgezogen. Foto: picture alliance / dpa / Malte Christians

AfD sucht Mitarbeiter ausgerechnet unter völkischen Burschen

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Sie, lieber Leser, finden, dass Ausländer massenhaft „remigriert“ gehören, dass die Nazi-Diktatur nur ein „Vogelschiss der Geschichte“ war und es sich beim Holocaust-Denkmal in Berlin um ein „Denkmal der Schande“ handelt? Und kennen sich auch noch mit TikTok, Instagram & Co. aus? Dann sind Sie vielleicht ein geeigneter Bewerber: Die Hamburger AfD-Fraktion sucht derzeit nämlich einen „Referenten für Social Media“. Eine Stellenanzeige wurde auch schon platziert – und zwar in den „Burschenschaftlichen Blättern“ (BBl), also der offiziellen Verbandszeitung der völkischen Deutschen Burschenschaft (DB). Das spricht Bände, findet das Hamburger Bündnis gegen Rechts (HBgR): Damit sei klar, wo sich die Hamburger AfD positioniert: ganz weit rechts außen.

Die „Deutsche Burschenschaft“ (DB) ist nicht weniger als der Zusammenschluss der extrem rechten, deutschnationalen Burschenschaften in Deutschland und Österreich. Wie das Hamburger Bündnis gegen Rechts in einer Pressemitteilung schreibt, ist die DB in den vergangenen 20 Jahren noch einmal weiter nach rechts gerückt, als sie es ohnehin schon war – und zwar so weit nach rechts, dass es sogar für manche Rechte nicht mehr tragbar ist.

Ein erheblicher Mitgliederverlust war die Folge. Während der Verband 2008 noch 123 Mitgliedsburschenschaften zählte, sind es inzwischen laut eigenen Angaben nur noch 66. Ursache der Austrittswelle: unter anderem der sogenannte „Arierparagraf“, der im Zusammenhang mit einigen „nichtdeutschen“ Burschenschaftern zum Streitfall wurde. Außerdem gab es mehrere Skandale um „braune“ Burschen.

Die Hamburger AfD sucht unter extrem rechten Burschenschaftern nach einem Referenten für Social Media. picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer
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Die Hamburger AfD sucht unter extrem rechten Burschenschaftern nach einem Referenten für Social Media.

„Arierparagraf“ und Skandale um braune Burschen

Was Hamburg angeht, so sind die Burschenschaft Hansea und die Burschenschaft Germania Königsberg nicht mehr im Verband DB vertreten. Einzig die berüchtigte Hamburger Burschenschaft Germania (HBG), deren Haus sich im Stadtteil Marienthal befindet und die seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet wird, ist noch Mitglied im DB.


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Ein HBG-Mitglied mischt sogar besonders intensiv beim DB mit: Der Hamburger Kevin Dorow ist nämlich „Schriftleiter“ der „Burschenschaftlichen Blätter“, also der DB-Vereinszeitschrift – und damit genau der Publikation, in der die Hamburger AfD-Fraktion nun ihre Stellenanzeige platzierte. Laut Hamburger Bündnis gegen Rechts war Dorow auch noch Funktionär der gesichert rechtsextremistischen Jungen Alternative (JA) – bis der Jugendverband der AfD vorsichtshalber von der Mutterpartei aufgelöst wurde.

„Dass die Hamburger AfD nun in solchem Umfeld nach einem Referenten für Social Media sucht, ist bezeichnend“, so das Hamburger Bündnis gegen Rechts. „Social-Media-Accounts der Partei dienen oftmals als Radikalisierungsmaschine und strahlen weit in das Umfeld der Partei bis hinein in militante Szenen wie die Identitäre Bewegung und neonazistische Kreise aus. Außerdem spricht die Partei über TikTok, Instagram und Co. gezielt junge potenzielle Wähler an.“

AfD-Medienabteilung: burschenschaftliches rechtes Milieu

Laut Hamburger Bündnis gegen Rechts wird der neue Referent, sobald er gefunden ist, in der Medienabteilung der Hamburger AfD-Fraktion auf ein schon bestehendes burschenschaftliches und extrem rechtes Milieu treffen. „Bis zum Frühjahr dieses Jahres war Robert Offermann erster Pressesprecher der AfD-Fraktion. Er nahm nicht nur an einem Naziaufmarsch teil, sondern ist ebenfalls Alter Herr einer DB-Burschenschaft, veröffentlichte ein Pamphlet über einen verurteilten französischen Rechtsterroristen und zweifelte an der ,Offensichtlichkeit‘ des Holocaust.“ Das HBgR: „Dass Offermann Mitglied der rechtsextremistischen Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) war, wollte er gegenüber dem ‚Hamburger Abendblatt‘ lieber nicht dementieren.“

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Nachfolger von Offermann wurde im April der ehemalige zweite Pressesprecher Daniel Merkens. Er soll laut HBgR an Aktionen der rechtsextremistischen Identitären Bewegung teilgenommen haben. Außerdem liegt ein Foto
von Menkens vor, das ihn in einem T-Shirt der Nazi-Black-Metal-Band „Burzum“ zeigt.

Die Band des Musikers Varg Vikernes ist in der Naziszene vor allem deshalb bekannt, weil der Norweger 1993 wegen Mordes, mehrerer Kirchenbrandstiftungen und Sprengstoffbesitzes zu 21 Jahren Haft verurteilt wurde. Auch nach seiner vorzeitigen Haftentlassung bezeichnete sich Vikernes nach eigenen Angaben als Rassist.

Beschluss zur Mäßigung: nichts als Makulatur

Felix Krebs vom Hamburger Bündnis gegen Rechts: „Die gezielte Werbung der AfD-Fraktion in einem deutschnationalen, völkischen Blättchen zeigt, dass die auf der jüngsten Klausurtagung der Bundespartei beschlossene Mäßigung der AfD reine Makulatur und nur dazu gedacht ist, die geheimdienstliche Beobachtung und ein mögliches Verbot abzuwehren.“

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