Vorstoß gegens Gendern: So reagieren Hamburgs Politiker
Diese Nachricht sorgt für Aufruhr: Eine Volksinitiative will die Gendersprache in Hamburgs Verwaltung und Bildung verbieten, da diese vor allem „lächerliche Wortgebilde“ produziere. Die Chancen stehen gut, dass sich die Bürgerschaft mit dem Vorhaben ernsthaft auseinandersetzen muss. Und dort sind Fraktionen sehr unterschiedlicher Meinung. Die MOPO hat Hamburgs Politikerinnen und Politiker gefragt, was sie von dem Vorstoß halten.
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Diese Nachricht sorgt für Aufruhr: Eine Volksinitiative will die Gendersprache in Hamburgs Verwaltung und Bildung verbieten, da diese vor allem „lächerliche Wortgebilde“ produziere. Die Chancen stehen gut, dass sich die Bürgerschaft mit dem Vorhaben ernsthaft auseinandersetzen muss. Und dort sind Fraktionen sehr unterschiedlicher Meinung. Die MOPO hat Hamburgs Politikerinnen und Politiker gefragt, was sie von dem Vorstoß halten.
„Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung” fordert die Initiative. Politik, Verwaltung und Bildung sollen in der Standardsprache kommunizieren. Der Begriff Standardsprache bezieht sich auf die Regeln des „Rats für deutsche Rechtschreibung”, der empfiehlt ausdrücklich nicht die Nutzung von Gender-Stern, Unterstrich oder Doppelpunkt.
Gendersprache produziere „lächerliche Wortgebilde”
„Die Gendersprache produziert lächerliche Wortgebilde und reduziert die Menschen auf ihr Geschlecht”, sagt Sabine Mertens, Sprecherin der Volksinitiative zur MOPO. Die Standardsprache verbinde alle und benötige keine zusätzlichen Wortschöpfungen.
Aus ihrer Sicht habe sich bisher keine Partei überzeugend des Themas angenommen. „Herr Merz etwa hat sich zuerst gegen das Gendern ausgesprochen und dann die Frauenquote durchgebracht. Das passt für mich nicht zusammen.“
SPD: Zweifel an Intention der Initiative
Die MOPO hat Hamburgs Fraktionen gefragt, was sie von der Initiative halten. „Wir wünschen uns, dass viele Menschen in der Kommunikation gendersensibel formulieren. Aber wir sind dagegen, dies gesetzlich in Form von Ge- oder Verboten festzulegen”, sagt Gabi Dobusch, Gleichstellungsexpertin der SPD.
Einige Äußerungen der Initiative vermittelten den Eindruck, dass es eher darum ginge, die gleichstellungspolitischen Entwicklungen der vergangenen Jahre rückgängig zu machen, so Dobusch. „Es bleibt abzuwarten, ob der Landeswahlleiter die Volksinitiative akzeptiert.”
Grüne: Gendern ist für viele schon Konsens
Mareike Engels, Gleichstellungssprecherin der Grünen, sagt: „Geschlechtergerechte Sprache ist wichtig, damit sich auch Frauen und Personen, die sich dem dritten Geschlecht zuordnen, angesprochen fühlen.” Vor allem in der jüngeren Generation sei geschlechtergerechte Sprache für viele heute schon Konsens.
„In der Hamburger Verwaltung können seit 2021 neben bereits etablierten geschlechtergerechten und neutralen Formulierungen auch der Gender-Stern oder Gender-Doppelpunkt verwendet werden”, so Engels weiter. Niemand werde gezwungen auf eine bestimmte Art und Weise zu sprechen, aber es sei eine Option. „Das zu unterbinden halten wir nicht für sinnvoll.“
CDU und FDP begrüßen die Volksinitiative
CDU-Fraktionschef Dennis Thering begrüßte die Initiative. „Wir lehnen es ab, den Menschen eine grammatikalisch falsche Sprache aufzuzwingen”, sagt er. Die geplante Volksinitiative gegen das Gendern treffe den Nerv und die Stimmung vieler Menschen in Hamburg. „Wir fordern den rot-grünen Senat auf, diesem Spuk bereits vor einem Volksentscheid ein sofortiges Ende zu setzen”, so Thering.
Katarina Blume, Vize-Landeschefin der FDP, sagte, sie sei überzeugt, dass die Volksinitiative ein Mehrheit finden könnte, da das Thema „emotional sehr aufgeladen” sei. In der FDP halte man es derzeit liberal mit dem Gendern. Wer will, der kann. Wer nicht will, der muss nicht. „Anders als die CDU bewerten wir als FDP das Problem etwas komplexer”, so Blume.
Das sagen Linke und AfD
Cansu Özdemir, Co-Fraktionschefin der Linken, sagte: „Den Wandel von Sprache verbieten zu wollen, ist absurd und autoritär.“ Männer würden in der Sprache als Norm gesetzt, was lediglich ein Ausdruck von Machtverhältnissen sei.
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Die AfD hatte schon mehrfach Anträge gegen die Gendersprache gestellt, die von den anderen Fraktionen abgelehnt worden waren. „Diese von oben aufgezwungene Kunstsprache ist eines der gefährlichsten grünen Ideologieprojekte”, sagte Vize-Fraktionschef Alexander Wolf. Dass CDU und FDP jetzt die Volksinitiative begüßen, sei heuchlerisch.
Nimmt der Landeswahlleiter die Vorlage an, muss die Volksinitiative innerhalb von sechs Monaten 10.000 Unterschriften sammeln. Erst danach würde sich die Bürgerschaft mit dem Vorstoß befassen. Findet sich dort keine Zustimmung, kann die Initiative ein Volksbegehren starten, hierfür wären 65.000 Unterschriften nötig.