Alle anderen sind „Idioten“: Wie dieser Mann uns allen Geld gestohlen hat
Er ist die Spinne im Netz: Hanno Berger – Anwalt, Steuerberater und Erfinder der schmierigen „Cum Ex“-Deals. Als Mastermind des größten Steuerraubs Deutschlands soll Berger unter anderem von der Stadt Hamburg mehrere Millionen Euro abgezockt haben. Mittlerweile steht er gleich mehrfach vor Gericht – und gibt dort eine bemerkenswerte Figur ab: uneinsichtig, selbstgefällig und so vorlaut-pöbelig, dass sogar sein eigener Anwalt ihn bremsen muss. Porträt eines außergewöhnlichen Gauners.
Hanno Berger weiß alles besser. Immer. Zumindest denkt Hanno Berger das wohl von sich selbst. Der, wie Berger ihn bezeichnet, „Schweinerichter“, vor dem sich der 71-Jährige seit einigen Wochen in Bonn verantworten muss, sieht das ganz anders. Er hält Berger für einen der größten Betrüger Deutschlands – und auch wenn das Urteil noch nicht gefallen ist: Vermutlich ist Berger genau das.
Er ist die Spinne im Netz: Hanno Berger – Anwalt, Steuerberater und Erfinder der schmierigen „Cum Ex“-Deals. Als Mastermind des größten Steuerraubs Deutschlands soll Berger unter anderem von der Stadt Hamburg mehrere Millionen Euro abgezockt haben. Mittlerweile steht er gleich mehrfach vor Gericht – und gibt dort eine bemerkenswerte Figur ab: uneinsichtig, selbstgefällig und so vorlaut-pöbelig, dass sogar sein eigener Anwalt ihn bremsen muss. Porträt eines außergewöhnlichen Gauners.
Hanno Berger weiß alles besser. Immer. Zumindest denkt Hanno Berger das wohl von sich selbst. Der, wie Berger ihn bezeichnet, „Schweinerichter“, vor dem sich der 71-Jährige seit einigen Wochen in Bonn verantworten muss, sieht das ganz anders. Er hält Berger für einen der größten Betrüger Deutschlands – und auch wenn das Urteil noch nicht gefallen ist: Vermutlich ist Berger genau das.
Hanno Berger und die Hamburger Warburg-Bank stehen im Zentrum des „Cum Ex“-Skandals
Auf dem Papier ist der gebürtige Frankfurter Anwalt und Steuerberater. In den 80er Jahren arbeitet Berger sich in der Frankfurter Finanzverwaltung nach oben, 1996 wechselt er die Seiten und berät fortan Firmen in Steuerfragen. Später eröffnet er mit einem Partner seine eigene Kanzlei. Der Mann hat bereits gegen Berger ausgesagt – aus Angst um seine Karriere und vielleicht auch vor Berger selbst jedoch nur unter dem Decknamen Benjamin Frey. Zu den Kunden der beiden zählen Firmen, Banken und Millionäre gleichermaßen. Wer damals, Anfang der 2000er, Steuern sparen will, geht zu Berger. Der weiß, wie es geht.
Doch nicht nur im Vermeiden von Steuern ist Berger ein Experte – auch im illegalen Kassieren von Steuerrückzahlungen. Das Ganze nennt sich „Cum Ex“, es ist der größte Steuerraub Deutschlands. Ausgedacht hat ihn sich eben dieser Hanno Berger, der „Spiegel“ nennt ihn deshalb „König der Cum-Ex-Geschäfte“ – und „König der Steuerschmarotzer“. Wichtigster Schauplatz: Hamburg. Hier, in unserer Stadt an der Ferdinandstraße (Altstadt), sitzt die Bank, die zusammen mit Berger den Großteil der illegalen Deals abgewickelt hat: die Warburg-Bank.
Hanno Berger – der „König der Steuerschmarotzer“
Berger und die Warburg-Bank sollen zusammen mit anderen Beteiligten den Vorwürfen zufolge bis zu 278 Millionen Euro mit „Cum Ex“-Geschäften gemacht haben – Geld, dass sie den deutschen Steuerzahlern stahlen, so die Anklage. Nicht nur soll Berger sich einen beträchtlichen Teil davon selbst eingesteckt haben; er kassierte den Vorwürfen zufolge auch dicke Beraterhonorare – auch von der Warburg-Bank.
Vereinfacht ausgedrückt erklärte der heute 71-Jährige ihr und anderen Kunden, wie sie im Rahmen sogenannter Aktien-Leerverkäufe beim Finanzamt Steuern zurückfordern können für Geschäfte, die sie nie getätigt haben. Mehrere Gerichte stellen fest: Das ist Betrug.
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Berger weist das stets zurück, die Vorwürfe seien „dummes Zeug“, stammten von „völlig ahnungslosen“ Menschen behauptet er 2021 gegenüber „Spiegel“-Reportern. Damals lebt er bereits mehrere Jahre in der Schweiz. 2012 flüchtet er dorthin, als die deutsche Justiz ihm in Sachen „Cum Ex“ bedrohlich auf die Pelle rückt.
„Die Sache mit Cum-Ex ist ganz einfach. Es war einfach legal“
Geld zu kassieren für Geschäfte, die es nie gab – kennt der Mann keine Moral? Möglich. Zu seinen Mitarbeitern soll Berger, das haben mehrere Quellen bestätigt, einmal gesagt haben: „Wer sich nicht damit identifizieren kann, dass in Deutschland weniger Kindergärten gebaut werden, weil wir solche Geschäfte machen, der ist hier falsch.“
Mit moralischen Fragen hielt sich Berger ohnehin vermutlich nicht auf. Für ihn sei „die Sache mit Cum-Ex ganz einfach“, sagt er zum „Spiegel“. „Es war einfach legal.“ Für Berger war „Cum Ex“ schlicht eine Lücke im Gesetz, die es auszunutzen galt. Und er als Steueranwalt, der wisse, wie das geht, sehe es als seine Pflicht, Klienten auf Schlupflöcher hinzuweisen, so Berger. Ein Fehler? Illegal gar? Nein.
Hanno Berger legt plötzlich Teilgeständnis ab
Am Montag dann die Kehrtwende: Berger legt ein Teilgeständnis ab. Vor dem Bonner Landgericht räumt er ein, bei seinen Deals ab 2009 mit bedingtem Vorsatz gehandelt zu haben. In dem Jahr macht das Finanzministerium in einem Berger bekannten Schreiben massive Bedenken gegen die von ihm propagierte Steuer-Methode deutlich. Vor 2009 sehe er aber kein vorsätzliches Handeln, betont Bergers Verteidiger Richard Beyer.
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Dass Berger gestehen könnte, lag in der Luft. Anfang August wird erstmals die Möglichkeit einer „geständnisgleichen Einlassung“ vor dem Bonner Gericht diskutiert, um den Prozess abzukürzen. Richter Roland Zickler bringt sie ins Spiel – was Berger auf die Palme bringt. Denn Berger ist überzeugt: Er hat nichts zu „gestehen.“ Deshalb wird er laut, muss „von seinem eigenen Anwalt ermahnt“ werden, schreiben Prozessbeobachter des „Handelsblatts“ über den Zwischenfall. „Jetzt hören Sie bitte zu, Herr Dr. Berger“, sagt Verteidiger Beyer demnach beschwichtigend zu seinem Mandanten. Dessen Antwort: „Herr Beyer, ich höre sehr wohl zu.“
Hanno Berger über seinen Prozess: Geführt von einem „Schweinerichter“
Richter Zickler gerät während des Verfahrens wiederholt mit Berger aneinander, der es wie immer besser wissen will. Schon während der Anklageverlesung schüttelt er immer wieder genervt den Kopf, macht sich Notizen, „man merkt ihm an, dass er nicht einverstanden ist“, so das „Handelsblatt“. Er hat seine eigene Sicht auf die Dinge – in die er sich während seines Exils in der Schweiz und in der deutschen Untersuchungshaft, in der er seit seiner Auslieferung Anfang 2022 sitzt, regelrecht reinsteigert.
Derzeit laufen mehrere Prozesse gegen ihn – neben Bonn auch in Wiesbaden. Immer tritt Berger gleich auf, beschreiben es Beobachter: selbstgefällig, uneinsichtig, vorlaut, besserwisserisch, pöbelig. Sein Ex-Partner Frey sei ein Lügner, sagt Berger unter anderem. Die Ermittler bezeichnet er als „Idioten, Schwachmaten“ oder „sozialistische Bande“. Auch vor Zickler zeigt Berger keinen Respekt, dieser sei ein „Schweinerichter“.
„Das hätte ich besser wissen müssen“
Dass Berger vor diesem „Schweinerichter“ nun doch einknickt, ist vielleicht mit dem zu erklären, was ihm im Falle einer Verurteilung droht – 15 Jahre Haft nämlich. Wann ein Urteil fällt, ist derzeit noch unklar. Klar ist aber: Dass Berger zu Lebzeiten nochmal ein freier Mann sein wird, könnte im Falle einer Höchststrafe in weite Ferne rücken.
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Womöglich deshalb also nun das Teilgeständnis. Darin geht Berger explizit auf das Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus dem Jahr 2009 ein. Selbiges hätte man wahrscheinlich „als Zäsur betrachten sollen“, sagt Berger in seiner rund zweistündigen Einlassung am Montag. Doch stattdessen hätten er und seine Mitarbeiter sich weiter auf die verbliebenen Lücken im Steuerrecht konzentriert.
Und dann sagt Berger diesen einen Satz, der ihn selbst vielleicht am meisten schmerzt: „Das hätte ich besser wissen müssen.“