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  • Der Einsatz von Plattdeutsch in der Pflege soll vom Länderzentrum für Niederdeutsch mit einem Zertifikat für Pflegeeinrichtungen gefördert werden.
  • Foto: Hauke-Christian Dittrich/picture alliance/dpa

„Platt in de Pleeg“: Neues Zertifikat für echt norddeutsche Pflegeheime

Plattdeutsch kann in Norddeutschland eine große Hilfe in der Pflege sein. Viele alte Menschen und Demenzkranke fühlen sich in ihrer Muttersprache besser angesprochen. Jetzt können sich Pflegeheime um ein plattdeutsches Zertifikat bewerben.

Initiativen für „Plattdüütsch in de Pleeg“ gibt es in mehreren Bundesländern. Das Länderzentrum für Niederdeutsch in Bremen ergänzt sie nun mit dem „PlattHart“, einem neuen Zertifikat, um das sich Pflegeeinrichtungen bewerben können. Das Länderzentrum für Niederdeutsch in Bremen wird von Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein finanziert. Auch mit Mecklenburg-Vorpommern wird kooperiert.

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„Ich habe oft gemerkt, ich erreiche die Menschen auf Platt besser“, sage Jan-Bernd Müller (32). Der wissenschaftliche Mitarbeiter des Länderzentrums ist im Emsland mit Plattdeutsch aufgewachsen und hat Gerontologie studiert, also die Wissenschaft vom Altern.

Plattdeutsch in der Pflege: Neues Zertifikat für Pflegeheime

„Demenzkranke fallen im Lauf der Zeit in ihre Muttersprache zurück“ – das ist seine Erfahrung aus der Arbeit in Altenheimen. „Es ist wie eine Bibliothek, in der das letzte Buch, das stehen bleibt, die Muttersprache ist.“

Um das Zertifikat zu erhalten, sollen Altenpflegeeinrichtungen den Gebrauch von Niederdeutsch in ihr Leitbild aufnehmen. Ein Teil der Körperpflege, der Betreuung, auch der Seelsorge soll auf Platt stattfinden. Und jedes Heim soll mindestens eine hauptamtliche Kraft mit Plattdeutsch-Kenntnissen aufweisen.

Die Einrichtungen hätten sehr unterschiedliche Träger, sagte Christianne Nölting, die Leiterin des Länderzentrums. Beim „PlattHart“ gehe es darum, ihnen einheitliche Kriterien an die Hand zu geben.

Plattdeutsch in der Pflege: Besserer Zugang zu den Patienten

Nach Müllers Erfahrung sind viele Pflegerinnen und Pfleger motiviert, Plattdeutsch in der Arbeit anzuwenden. „Wenn Pflegekräfte merken, dass sie damit einen Zugang zu ihren Patienten bekommen, dann lernen sie das.“ Sie müssten dazu nicht die ganze Sprache beherrschen, einzelne Wörter, Sätze und Redensarten reichten oft aus. 

Ein Wörterbuch solcher Ausdrücke haben der Landkreis Oldenburg und seine Berufsschulen schon 2014 zusammengestellt. Von der Broschüre „Plattdeutsch in der Pflege“ seien bereits 12.000 Exemplare verteilt worden, sagte Hella Einemann-Gräbert, eine der Autorinnen. 

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„Wo geit Se dat?“ (Wie geht es ihnen?) heißt es darin, „Fallt dat Sluken swoor?“ (Fällt das Schlucken schwer?). Es geht um „Blootdruck“ (Blutdruck), „Liefkeel“ (Bauchschmerzen), „Hosten“ (Husten). 

Plattdeutsch in der Pflege: Pflegekräfte werden geschult

Hella Einemann-Gräbert hat an der Berufsschule in Wildeshausen (Kreis Oldenburg) unterrichtet. Dort gibt es nicht nur plattdeutschen Sprachunterricht für angehende Pflegekräfte, auch ein Teil des Fachunterrichts findet auf Platt statt. An der Ursula-Kaltenstein-Akademie der Arbeiterwohlfahrt in Bremerhaven werden ebenfalls Pflegekräfte in Plattdeutsch geschult.

Müller und Nölting setzen sich für ihr Plattdeutsch ein, aber sie sehen das Zertifikat auch als Konzept, das man auf andere Sprachen anwenden könnte. Pflegeeinrichtungen sollten auf viele Muttersprachen eingerichtet sein, auf Fremdsprachen, Minderheitensprachen oder Dialekte, sagte Müller. Einemann-Gräbert kann sich vorstellen, dass ihr Plattdeutsch-Pflegebuch auch ins Arabische übertragen wird. „Meine Antwort darauf lautet schon jetzt: Jo, man to!“ (Ja, nur zu). (dpa/aba)

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