Phänomen Dauersingle: So kann es endlich klappen mit der Liebe
Ein gut aussehender Großstädter, 40 Jahre alt, Single. Sexuelle Erfahrung: null. Unvorstellbar? Kein Einzelfall, sagen Experten. Sie kennen die quälende Einsamkeit der Betroffenen, die ständige Hoffnung auf die große Romantik. Und die wiederkehrende Enttäuschung. Doch warum will es bei einigen einfach nicht klappen mit der Liebe? Und wie können Dauersingles ihr Glück jenseits von Dating-Apps wie Tinder oder Online-Plattformen wie Parship wirklich selbst in die Hand nehmen?
„Menschen, die von Haus aus nicht beziehungsfähig sind, sind ewirklich Einzelfälle“, sagt Christian Hemschemeier, Diplom-Psychologe und Experte in Liebesfragen. Und er gibt Tipps.
Ein gut aussehender Großstädter, 40 Jahre alt, Single. Sexuelle Erfahrung: null. Unvorstellbar? Kein Einzelfall, sagen Experten. Sie kennen die quälende Einsamkeit der Betroffenen, die ständige Hoffnung auf die große Romantik. Und die wiederkehrende Enttäuschung. Doch warum will es bei einigen einfach nicht klappen mit der Liebe? Und wie können Dauersingles ihr Glück jenseits von Dating-Apps wie Tinder oder Online-Plattformen wie Parship wirklich selbst in die Hand nehmen?
Nirgends in Deutschland ist die Dichte der Singles-Haushalte so hoch wie in Hamburg: 54,5 Prozent der Hanseaten leben allein – und längst nicht alle tun das freiwillig. Gerade in der Anonymität der Großstadt fällt es vielen schwer, den richtigen Partner zu finden – ein Problem, das sich durch alle Altersgruppen und sozialen Milieus zieht.
Viele Alleinstehende scheitern an sich selbst
„Dabei sind Menschen, die von Haus aus nicht beziehungsfähig sind, wirklich Einzelfälle“, sagt Christian Hemschemeier, Diplom-Psychologe und Experte in Liebesfragen.
Zu ihm in die Praxis kommen Klienten mit den verschiedensten Voraussetzungen: von der Chefärztin bis hin zum Studenten. Doch bei aller Komplexität der Problemlagen, eine die Suchenden oft eins: Sie scheiterten an sich selbst.

„Ein riesiges Thema in unserer Gesellschaft ist die Bindungsangst“, sagt Hemschemeier. „Oft stecken familiäre Erfahrungen dahinter und oft merken die Betroffenen gar nicht, dass sie diese Mauern um sich errichtet haben. Und damit niemanden überhaupt an sich ranlassen.“ Er habe unter seinen Klienten Menschen, die über 40 seien und noch nie eine Beziehung geführt oder Sex gehabt hätten. „Und wenn man diese Menschen sieht, dann unterscheiden sie sich überhaupt nicht von anderen. Sie können gebildet sein, gut aussehen – und trotzdem klappt es einfach nicht mit der Liebe.“
„Maximierer“ suchen nach noch mehr Erfolg, noch mehr Schönheit
Ein weiteres großes Problem seien die hohen Erwartungen. „Gerade Plattformen wie Instagram suggerieren uns den perfekten Menschen. Perfekt aussehend, immer glücklich. Da kann der nette Nachbar von nebenan bei vielen schlicht nicht die Erwartungen erfüllen und wird als potenzieller Partner aussortiert“, sagt der Psychologe. Und wenn sich dann doch mal jemand gefunden habe, würden viele trotzdem weiter schauen: Gibt es vielleicht noch jemanden, der noch besser aussieht? Noch erfolgreicher ist?
Logan Ury, Verhaltensforscherin und Dating-Caoch aus den USA, nennt diesen Typ der Alleinstehenden den „Maximierer“. „Viele Dating-Apps machen uns zu Maximierern, denn wir wollen oft wissen, welche Optionen wir noch haben. Niemand erscheint uns gut genug, wir können uns nicht festlegen“, sagt Ury im Interview mit der „Welt“.

Ein zweiter Single-Typ sei der „Romantisierer“. Dieser habe unrealistische Erwartungen an eine Beziehung. „Man denkt, dass eine Partnerschaft einfach zu finden ist und man einen Seelenverwandten für den Rest des Lebens finden kann, den man sofort als solchen erkennt“, so die Expertin.
Das Problem sei, dass Liebe nicht ohne Bemühungen und Aufwand entstehe, sondern eben auch unbequem sein könne. Romantisierer schauten zu viele Hollywood-Filme und glaubten an Märchen. Zuletzt gebe es auch noch die „Zögerer“, die immer eine andere Ausrede hätten, um sich vor dem Dating zu drücken.
„Tindern ist keine Investition in die Partnersuche!“
Hier sieht auch Christian Hemschemeier ein gesellschaftliches Problem – und gleichzeitig den Ansatzpunkt zur Lösung: Viele Singles investierten schlicht zu wenig in die Partnersuche, sondern hofften, dass Mr. oder Mrs. Right einfach so vorbeikämen. Doch so einfach sei das eben nicht. Er betont: „Tindern ist keine Investition in die Partnersuche!“ Das Rumtreiben auf Dating-Apps sei eher „wie Popcorn essen“.
„Investition bedeutet Überwindung. Wenn ich im Sportclub schon lange jemanden toll finde, dann muss ich auch mal hingehen.“ Jeder Single müsse sich sagen: Es braucht doch nur diesen einen Menschen, den man finden muss. „Aber es wird im seltensten Fall etwas mit dem Postboten. Man muss schon vor die Tür gehen“, sagt Hemschemeier. Und gibt Tipps.
„Zunächst braucht man jemanden, der einem einen Spiegel vorhält“, sagt Experte. Das könne der beste Freund sein, die Schwester oder aber auch ein Coach. „Oft sehen wir ja bei anderen, woran es scheitert. Aber man sagt es den Leuten natürlich ungern, wenn sie zu viel reden oder zu plump vorgehen.“ Es könne also helfen, Feedback aktiv einzufordern von Freunden und Familie. Und sich damit auseinanderzusetzen.
Experten-Tipp: Eine neue Einstellung bringt eine neue Ausstrahlung
Im nächsten Schritt gehe es um die Ausstrahlung. „Es kann helfen, ganz bewusst mal einen Tag durch die Gegend zu laufen und sich immer wieder zu sagen: Hier bin ich, ich bin ansprechbar! Ich bin attraktiv!“, sagt der Psychologe. Die innere Einstellung wirke sich dann auch positiv auf die Körpersprache aus. „Vielleicht ist da dann plötzlich dieses Lächeln, dass das andere Geschlecht anzieht.“ Es gehe viel um das sogenannte Mindset.
„Wir dürfen nicht vergessen, dass die Natur uns das alles mitgegeben hat: Menschen senden Signale, wenn sie ein romantisches Interesse haben.“ Aber dieses Senden sei von vielen unterdrückt. Und dann müsse man üben. Und klein anfangen.
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Kommen schüchterne Frauen und Männer zu ihm in die Praxis, rät der Fachmann seinen Klienten zu sogenannten „Shame-Attack-Übungen“. In der Supermarktschlange dreist vordrängeln, mit der Kassiererin über das Wetter reden – Hemschmeier gibt seinen Klienten gern kleine Hausaufgaben mit. „Es geht darum, zu zeigen: Trau dich, und das, was du befürchtest, wird gar nicht eintreten. Denn was soll schon passieren?“
Ähnlich sei es mit dem Ansprechen. „Viele fürchten sich so sehr vor der Zurückweisung, dass sie es lieber unversucht lassen.“ Es gehe am Ende aber darum, Muster zu durchbrechen. Um den Weg endlich freizumachen für die große Liebe.