Pflegekräfte sollen Patiententransporte übernehmen: „Das ist Betrug an den Kassen!”
Die Pflege-Profis bei Asklepios sind in Sorge: Ab Januar sollen die Patiententransporte von Station zu Station nicht mehr von Hilfskräften aus den Dienstleistungsgesellschaften ausgeführt werden, sondern von qualifizierten Pflegeassistenten oder Pflegehelfern. Examinierte Krankenpfleger befürchten, dass die Transporte angesichts des Personalnotstands am Ende auf sie zurückfallen – zu Lasten der Patienten.
- Deutsch (Deutschland)
MOPO+ Abo
für 1,00 €Jetzt sichern!Die ersten 4 Wochen für nur 1 € testen!Unbeschränkter ZugangWeniger Werbung
Danach nur 7,90 € alle 4 Wochen
Wenn Sie E-Paper Kunde sind, betrifft diese Änderung Sie nicht.
Die Pflege-Profis bei Asklepios sind in Sorge: Ab Januar sollen die Patiententransporte von Station zu Station nicht mehr von Hilfskräften aus den Dienstleistungsgesellschaften ausgeführt werden, sondern von qualifizierten Pflegeassistenten oder Pflegehelfern. Examinierte Krankenpfleger befürchten, dass die Transporte angesichts des Personalnotstands am Ende auf sie zurückfallen – zu Lasten der Patienten.
„Wir wissen nicht, wie das noch zu schaffen sein soll“, erklärt Claudia Nest, Pflegekraft mit mehrjähriger Erfahrung in Notaufnahmen. Schon jetzt stünden die Notaufnahmen am Limit. „Wie sollen wir dann die Leute noch auf die Stationen transportieren? Oder zu speziellen Untersuchungen?“
Asklepios: Pflegepersonal wird nicht zusätzlich belastet
Eine zusätzliche Belastung sei nicht zu schaffen und würde nur zu längeren Wartezeiten für die Patienten führen, die dabei eine schlechtere Versorgung hinnehmen müssten, befürchtet auch das „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“.
Asklepios beschwichtigt: „Es ist nicht zutreffend, dass unser Pflegepersonal mit zusätzlichen Aufgaben belastet wird. Examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger werden nur in der direkten Patientenversorgung eingesetzt“, so Sprecher Rune Hoffmann.
Die Transporte würden zukünftig von Gesundheits- und Pflegeassistenten oder Krankenpflegehelfern übernommen. Dafür würde das bisherige Personal aus den Dienstleistungsgesellschaften umgeschult. Hoffmann: „Wir haben zudem allen Beschäftigten des Krankentransportdienstes eine Weiterbildung zum Gesundheits- und Pflegeassistenten oder Krankenpflegehelfer angeboten. Sehr viele Beschäftigte haben dieses Angebot angenommen. Aktuell befinden sich rund 50 Mitarbeiter:innen in der Qualifizierung.“ Die Maßnahme sei Teil der Bemühungen von Asklepios, dem Fachkräftemangel zu begegnen und das Personal im Bereich Pflege aufzustocken.
Personalmangel: Examinierte Kräfte oft auch für Verpflegung und Lagerarbeiten zuständig
In Krankenpflege-Kreisen gibt es Kritik an den Umstrukturierungsplänen. Schon die Maßnahmen im Bereich Catering und Logistik hätten dazu geführt, dass die Aufgaben am Ende bei den Pflegern gelandet seien. „Wie oft kommt es vor, dass ich ganz allein auf Station bin!“, klagt eine examinierte Krankenpflegerin, die ihren Namen aus Angst vor Konsequenzen nicht nennen will.
„Wenn ich den Schrank öffne und der ist zur Hälfte leer, muss ich mich auf die Suche nach den Kisten mit den Infusionen machen.“ Sie sei es dann, die den Schrank wieder auffüllt und nicht die dafür eigentlich vorgesehenen Hilfskräfte. Ähnlich sei es bei der Verteilung der Mahlzeiten. Auch das müsse zum großen Teil von den examinierten Kräften übernommen werden, einfach, weil niemand anderes da sei.
Bündnis sieht in der Umstrukturierungsmaßnahme einen Trick der Klinik-Konzerne
Laut der Krankenpflegerin sind die Dienstpläne gar nicht so gestaltet, dass für jede Station und jede Schicht Pflegehelfer oder -assistenten eingeteilt sind. „Die Ankündigung ist total praxisfern“, so die junge Frau.
Auch von Seiten des Betriebsrats gibt es Kritik an der Maßnahme. Angesichts der hohen Krankenstände und der angespannten Personalsituation sei zu erwarten, dass die für die Transporte vorgesehenen Pflegeassistenten eher „am Bett“ eingesetzt werden müssten und es so eben doch zu Wartezeiten kommt.
Das könnte Sie auch interessieren: UKE-Krankenpfleger demonstrieren wegen Überlastung
Das „Hamburger Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“ wittert in der Umstrukturierungsmaßnahme einen Trick: „Die Klinikkonzerne haben ein großes Interesse daran, verschiedenen Tätigkeiten im Krankenhaus mit dem Siegel ,Pflege‘ zu versehen, um an das Pflegebudget heranzukommen“, so Sprecher Axel Hopfmann.
Asklepios-Betriebsrat: „Das ist Betrug an den Krankenkassen!“
Hintergrund sei das im Jahr 2019 noch unter Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verabschiedete Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, bei dem pflegerische Leistungen aus dem Fallpauschalensystem herausgenommen wurden. Stattdessen wurde ein Topf eingerichtet, der auf die Fallpauschalen (also die Vergütung medizinischer Leistung pro Behandlungsfall) on top kommt und mit dem die Kliniken alle Pflegetätigkeiten refinanzieren können.
„Die Klinik-Konzerne finden immer wieder Schlupflöcher, um das Fallpauschalen-System zu hintergehen und sich Gelder zu erschleichen“, meint auch ein Mitglied des Asklepios-Betriebsrats. Die Umetikettierung von Hilfstätigkeiten zu einer Pflegeleistung sei genau so ein Versuch. „Das ist Betrug an den Krankenkassen!“