Pfand-Zoff: Hamburger Brauereien gehen die Kästen aus
Weil Leergut nicht zurückgegeben wird, bleiben einige Getränkehersteller auf Millionenkosten sitzen. Besonders betroffen: Brauereien. Hier kostet eine Flasche derzeit nur acht Cent Pfand – zu wenig? Einige Hamburger Betriebe haben bereits Maßnahmen ergriffen – und fordern jetzt gemeinsam: Setzt das Pfand endlich hoch!
Weil Leergut nicht zurückgegeben wird, bleiben einige Getränkehersteller auf Millionenkosten sitzen. Besonders betroffen: Brauereien. Hier kostet eine Flasche derzeit nur acht Cent Pfand – zu wenig? Einige Hamburger Betriebe haben bereits Maßnahmen ergriffen – und fordern jetzt gemeinsam: Setzt das Pfand endlich hoch!
Einen ersten Vorstoß machte Sebastian Priller, Chef der Augsburger Brauerei Riegele („Spezi“) vor wenigen Tagen. Er forderte laut „Augsburger Allgemeine“, das Pfand auf Glasflaschen und Getränkekisten drastisch zu erhöhen. Statt des derzeit geltenden Betrags von acht Cent pro Flasche wünscht sich der Brauerei-Chef eine Anhebung auf 25 Cent – analog zum Dosenpfand. Für einen klassischen Bierkasten sollen so nicht mehr 1,50 Euro fällig werden, sondern fünf Euro.
Fehlende Getränkekisten führen zu Millionenschaden
Seit Jahren beklagt die Getränkebranche, dass Kundinnen und Kunden die Pfandbehälter, Eigentum der Hersteller, nicht zurückgeben. Die Kisten werden in Abstellkammern gestapelt oder sogar als Dekomaterial verwendet. Hinzu komme laut Priller, dass Großhändler im Norden wegen gestiegener Transportkosten zum Beispiel auf lange Rücktransporte verzichten und Kästen lieber schreddern lassen. Das sei oft günstiger, aber „ökologischer Irrsinn“, wird der Unternehmer im Bericht zitiert.
In der Riegele-Brauerei führe das dazu, dass Kästen und Glasflaschen ersetzt werden mussten. „Wir kaufen pro Jahr Gebinde im siebenstelligen Bereich zu“, so Priller zur „Augsburger Allgemeine“. Ein Millionenschaden. Aktuell verliere das Unternehmen bis zu 24 Cent pro Flasche. Seit dem Krieg in der Ukraine sei auch der Glaspreis enorm gestiegen, das Land sei ein wichtiger Glasproduzent.
Auch Hamburger Brauereien haben zu kämpfen – „es ist wirklich dramatisch“
Das Problem geht weit über die Ländergrenzen hinaus. Die MOPO sprach mit Hamburger Brauereien, die ebenfalls Ärger mit den fehlenden Getränkekisten haben. So wie die Ratsherrn Brauerei auf St. Pauli: „Es ist wirklich dramatisch, wir können teilweise gar nicht mehr unsere eigenen, mit Ratsherrn gebrandeten Marken-Kisten abfüllen“, sagt Sprecherin Mariann von Redecker. Die Brauerei müsse unter anderem mit sogenannten „Logipack“-Kisten ohne Firmenlogo arbeiten. Ein deutlicher Nachteil für das Unternehmen – die Marke sei so von außen gar nicht mehr zu erkennen. Trotzdem könne man aber nicht nur mit dem Finger auf die Verbraucher und Großhändler zeigen, so die Sprecherin.
Denn: Das Unternehmen hat seinen Verkaufskreis von Hamburg auf andere norddeutsche Bundesländer ausgeweitet. „Je mehr Absatz man in Kisten macht, umso mehr muss man nachrüsten. Doch die Kosten für neue Kisten liegen derzeit bei 8,50 Euro und das steht in keinem Verhältnis zu den 1,50 Euro, die man für die leeren Kisten als Pfand erhält, wenn man sie zurückgibt“, sagt von Redecker weiter.
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Das Wildwuchs Brauwerk in Wilhelmsburg hat bereits reagiert und ist von Mehrwegkisten auf Pappkartons umgestiegen. „Wir haben vor eineinhalb Jahren Mehrwegkisten mit unserem Label angeschafft, die sind allerdings alle nicht zu uns zurück gekommen“, sagt Braumeister und Biersommelier Friedrich Matthies. Die Pappkartons kämen zwar ebenfalls nicht zurück, seien aber die deutlich ökologischere Alternative und umweltfreundlicher zu recyceln.
Rettung für die Brauereien? Gespräche über Pfanderhöhung laufen
Bei der Kehrwieder Kreativbrauerei in Sinstorf gibt es erst gar keine Getränkekästen mit aufgedrucktem Logo. Das Unternehmen setzt auf die schlichten „Logipack“-Kästen, die überall zurückgegeben werden können. Trotzdem finden auch hier die Kisten ihren Weg nicht zurück in das Unternehmen. „Wir haben keine gute Rücklaufquote, was bedeutet, dass wir auch nicht den kompletten Pfandbetrag zurückbekommen“, so Marcel Wassermann. Kehrwieder hat jedoch, ähnlich wie die Augsburger Brauerei Riegele, noch mit einer weiteren Schwierigkeit zu kämpfen: „Das Problem im Moment ist, dass Glas so teuer geworden ist. Wenn man also mit Flaschen aus Neuglas auffüllen muss, wird das teuer“, sagt der Sprecher. Bei einer Pfanderhöhung würde das Unternehmen mitziehen.
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Die Hamburger Brauereien hoffen nun auf eine Erhöhung der Pfandsumme für Getränkekästen und Glasflaschen. „Hinter den Kulissen laufen bereits Gespräche”, sagt von Redecker. Inwiefern die Pfandpreise angehoben werden, müsse erst noch branchenweit geklärt werden. Klar sei aber, dass es eine gemeinschaftliche Lösung geben müsse: „Alle Brauereien müssen mitziehen, sonst bringt das ja gar nichts“.