Omikron: Fluch oder Segen? Das sagen Experten
Omikron ist weltweit auf dem Vormarsch und lässt die Inzidenzen zum Teil in die Höhe schnellen – auch in Hamburg stieg die Zahl zuletzt auf den Rekordwert von über 400. Beängstigend – und doch zeigen sich Expert:innen mit Blick auf die Mutante zum Teil auch hoffnungsvoll. Markiert Omikron das Ende der Corona-Pandemie? Kommt jetzt die große Durchseuchung? Wie hoch wird der Preis sein, den wir dafür zahlen? Und welche Strategien fahren andere Länder? Der große Überblick:
Omikron ist weltweit auf dem Vormarsch und lässt die Inzidenzen zum Teil in die Höhe schnellen – auch in Hamburg stieg die Zahl zuletzt auf den Rekordwert von über 400. Beängstigend – und doch zeigen sich Expert:innen mit Blick auf die Mutante zum Teil auch hoffnungsvoll. Markiert Omikron das Ende der Corona-Pandemie? Kommt jetzt die große Durchseuchung? Wie hoch wird der Preis sein, den wir dafür zahlen? Und welche Strategien fahren andere Länder? Der große Überblick:
So ist die Omikron-Lage in Deutschland und Hamburg
Omikron breitet sich rasend schnell in Deutschland aus. Laut aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) (Stand 30. Dezember 2021) wurde bei 16.743 Personen eine Omikron-Infektion nachgewiesen. Am 7. Dezember 2021 fand man die Variante in Hamburg zum ersten Mal offiziell, seitdem ist die Stadt überdurchschnittlich stark betroffen. Experten wie Christian Drosten gehen in Deutschland zurzeit von einer Verdoppelung der Fälle innerhalb von vier Tagen aus. Am Donnerstag gab es 254 durch Sequenzierung bestätigte Fälle und 1627 Verdachtsfälle. Mit diesen insgesamt 1881 Omikron-Fällen liegt Hamburg als Stadtstaat bei den absoluten Zahlen bundesweit auf Platz drei hinter den viel bevölkerungsreicheren Ländern Nordrhein-Westfalen (5676) und Bayern (3163). Warum Hamburg so stark betroffen ist, ist noch unklar. Es gibt Spekulationen über die Nähe zum ebenfalls stark betroffenen Dänemark. Auch waren bei uns die Inzidenzen vorher vergleichsweise niedrig, so dass mehr Kapazitäten da gewesen sein könnten, um die neue Variante nachzuweisen.
Trotz der alarmierenden Zahlen gibt es auch einen Hoffnungsschimmer. Experten diskutieren, ob die Variante ein Glücksfall sein könnte.
Ist Omikron der Anfang vom Ende der Pandemie? Oder droht uns der Zusammenbruch?
Zunächst aber die Probleme: Die nie dagewesene Geschwindigkeit, mit der die Mutante sich verbreitet, bringt neue Herausforderungen mit sich. Wenn es, wie zurzeit in Großbritannien, innerhalb von 24 Stunden 189.000 Neuinfektionen gibt, fallen sehr viele Menschen gleichzeitig im Job aus. Selbst bei eher milden Verläufen, bei denen es zum Beispiel bei Schnupfen–Symptomen bleibt. Durch Quarantäne-Regeln verstärkt sich dieser Effekt noch. Versorgungsengpässe könnten die Folge sein.
Auch könnte eine solche riesige Welle an ständig neu Erkrankenden selbst bei durchschnittlich deutlich milderen Verläufen allein durch die Masse an Infektionen am Ende auch wieder einen problematisch großen Anteil gleichzeitig Schwerkranker mit sich bringen und die Kliniken so weiter stark belasten.
Aber es gibt auch ein positiveres Szenario: Wenn Omikron die Delta-Variante verdrängt und die Infektionen weit überwiegend so mild verlaufen wie es in Südafrika, Großbritannien oder Dänemark der Fall zu sein scheint, könnte das ein bedeutender Schritt heraus aus der Pandemie sein. Weil jede Infektion auch einen Beitrag zu einer Immunisierung leistet. Das heißt: Zusammen mit dem Impfschutz, der auch durch das Boostern stetig weiter ausgebaut wird, könnten auch die zunehmend vielen Genesenen dafür sorgen, dass das Virus es immer schwerer hat, einen Wirt zu finden, dessen Immunsystem ihm gar nichts entgegenzusetzen hat. Wir kämen so einem endemischen Zustand näher, wo der Erreger, wie etwa bei der Grippe, immer wieder, aber räumlich begrenzt auftaucht.
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Bis dahin müssen wir aber in jedem Fall noch viele kritische Wochen durchstehen, in denen sich die Lage schnell dramatisch entwickeln könnte. Manche Politiker fordern nun eine Verkürzung der Quarantäne für enge Kontaktpersonen von Omikron-Infizierten, die derzeit für 14 Tage zu Hause bleiben müssen, selbst, wenn sie dreifach geimpft sind. So könne man die Gefahr der Ausfälle von kritischer Infrastruktur (Kliniken, Feuerwehr) verringern. Auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) schließt das nicht aus: „Wir werden in der nächsten Woche sicherlich gute Vorschläge unterbreiten können, spätestens“, so Lauterbach am vergangenen Mittwoch in der ARD.
Durchseuchung oder Lockdown: Wie gehen andere Länder mit Omikron um?
Großbritanniens Regierung scheut trotz der Rekordzahlen härtere Maßnahmen, verkürzt stattdessen die Quarantäne. Die Auswirkungen der massenweisen Ausfälle durch die Omikron-Welle sind im Land deutlich spürbar: Der Bahnverkehr ist teilweise eingestellt, in Krankenhäusern gibt es Engpässe, Museen und Hotels schließen aufgrund von krankheitsbedingtem Personalausfall.
Um die Personalengpässe in den Griff zu bekommen, kann, wer infiziert ist, nach nun bereits sieben Tagen wieder arbeiten gehen, wenn er zwei negative Tests vorlegt – nicht mehr erst nach zehn Tagen. Die USA und Israel lockern ebenfalls die Quarantänevorschriften.
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Der Berliner Virologe Christian Drosten sieht in dieser Vorgehensweise jedoch ein Problem. „Wir haben zu viele ungeimpfte Leute in Deutschland, gerade über 60, und die sind jetzt natürlich richtig in Gefahr, also für die wird es jetzt richtig gefährlich“, so Drosten im „Deutschlandfunk“. Die große Impflücke in Deutschland müsse dringend geschlossen werden.
Wie geht es jetzt bei uns weiter?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte in seiner Neujahrsansprache: „Tun wir miteinander alles – aber auch wirklich alles – dafür, dass wir Corona im neuen Jahr endlich besiegen können.“ Angesichts einer raschen Omikron-Ausbreitung gelte es, alle Impfangebote zu nutzen. „Jetzt kommt es auf Tempo an. Wir müssen schneller sein als das Virus.“ Am 7. Januar gibt es eine neue Ministerpräsidentenkoferenz.
Christian Drosten hält es für ziemlich sicher, dass die geltenden Kontaktbeschränkungen weiter gelten müssten.
Und wenn nach Omikron die nächste Mutante folgt?
Der Epidemiologe Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig sagt im Gespräch mit „Welt am Sonntag“: „Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Omikron die letzte pandemische Variante ist.“ Es werde neue Varianten geben, die Wellen würden sich überlagern, insgesamt abflachen und sich strecken. Auffrischimpfungen und Infektionen können jedoch „eine gewisse Grundimmunität“ aufbauen, die dafür sorgen würde, dass Krankenhäuser nicht so stark überlastet sein würden wie in den letzten Wochen.